WETTERLEUCHTEN

Der Rückblick auf den Montag

 

Das Glück ist mit den Fleißigen. Oder? Es schien zumindest so, als wäre es der perfekte Tag für einen gelungenen Start in die »Woche der kleinen Künste 2015«. Der Montag, für den nun seit Monaten auf den unterschiedlichsten Plätzen gearbeitet wurde, ist endlich gekommen. Und natürlich ist alles perfekt vorbereitet: Im Backstage-Zelt drehen die Flügel der Ventilatoren ruhig ihre  Runden, die Kühlschränke sind gefüllt und auf einem Tisch in der Ecke liegen vier Stapel mit Handtüchern. Ob und wofür diese später gebrauchte werden – für Regen oder Schweiß – scheint ungewiss. Trotz einer amtlichen Warnung vor Gewitter mit schweren Sturmböen ist die Stimmung gelöst. Eine halbe Stunde vor Beginn scheint sogar die Sonne kurz noch einmal durch die ansonsten unspektakulär wirkende Wolkendecke...

Um 19:42 Uhr zieht es sich dann aber sichtlich zu. Musiker und Aktive des Vereins durchleben alle Gefühlswelten zwischen Zuversicht und Bangen. Rund zwanzig Minuten trennen uns von der Titelmelodie der »Woche«. Und irgendwie werden wir das Gefühl nicht los, dass es hier bald richtig ungemütlich werden könnte. In der Ferne grummelt es bereits.

Allen Gedanken zum Trotz, hat sich der Platz langsam bis auf den letzten Platz gefüllt. Vertrautheit in die Situation stellt sich ein - es kann losgehen. Titelmelodie, Ansage, Start!

Den durfte das Quintett »Friling« aus Dresden bestreiten. Gutgelaunt mit feinem Swing der 20er Jahre und Kostümen, die der Zirkuswelt zu entstammen scheinen, präsentierten sie sich als Gesamtkunstwerk mit enormem musikalischem Können. Rasche Instrumentenwechsel und sauber abgestimmte Arrangements entführten das Publikum in eine vergangene Welt, die für Lebensfreude und ausgelassene Feiern steht. Eine perfekte Grundlage für die »Woche«, um den Fuß langsam in Bewegung zu bringen und ihn bis zum letzten Ton am Freitag in genau diesem Zustand zu belassen.

Der Erste hat es schwer? In diesem Fall nicht. Denn hier stand geballte Souveränität gepaart mit einer großen Portion Spielspaß auf der Bühne – beides ergänzte sich perfekt und wurde mit reichlich Applaus und zahlreichen CD-Käufen am Infostand belohnt.

Zur selben Zeit, um 20:59 Uhr, postet die Tageszeitung »Die Glocke« auf ihrer Facebook-Seite: »Oelde säuft ab. Wie sieht‘s bei euch aus?«. Trocken bis hierher.

Manch einer schien dem heftigen Wetterleuchten rund um den Platz allerdings nicht zu trauen, einige mutlose machten sich auf den Weg ins sichere Nest. Umso intensiver der Genuss für die verbleibenden Gäste, die sich auf Teil zwei des Abends freuten.

Den sollte die quirlige Songwriterin Gaby Moreno mit Wurzeln in Guatemala und ihre dreiköpfige Band gestalten. Und das tat sie mit wachsender Freude und immer voller werdendem Sound. Zunächst mit eher unerwarteten Klangfarben ihrer Heimat, entwickelte das Quartett einen großen stilistischen Facettenreichtum. Mal musikalisch an Johnny Cash erinnernd, dann stimmlich wieder an die junge Norah Jones, stand mit Gaby Moreno eine große, wenn mit 34 Jahren auch junge Künstlerin auf der Bühne und zog das Publikum in ihren Bann. Ein wahrer Glücksgriff, wenn man bedenkt, dass die Musikerin auf ihrer Tour eigens aus Los Angeles anreiste, um für die Gütersloher zu spielen. Es folgen London, Chicago und Minneapolis. Selten gab es – zudem absolut verdient – solch tobenden Beifall auf dem Platz. Standing Ovations und respektvoll eingeforderte Zugaben inmitten einer riesigen Unwetterfront.

Und da sind wir wieder am Anfang. Bei den Fleißigen. Und beim Wetter: In Oelde sind zig Keller vollgelaufen, in großen Teilen der Stadt fällt zeitgleich der Strom aus, die Feuerwehr ist pausenlos im Einsatz.

In Gütersloh erwischt es uns erst auf dem Weg nach Hause. Eine halbe Stunde nach Ende des ersten Abends der Woche der kleinen Künste steht alles unter Wasser. Aber nur so viel, dass es am Dienstagabend gemütlich weitergehen kann. Dann gibt es internationalen Lokalkolorit zu erleben: Broadway-Sängerin Adrienne West kommt mit ihrem top besetzten Hammond Jazz Orchestra, bevor Peter Fessler auf drei weitere tolle Musiker trifft. Das lohnt sich – wie jeder Abend der »Woche«.


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