KARAWANENZEIT

Das war der Donnerstag

Es ist 23 Uhr 6. Durch die Straßen rund um den Dreiecksplatz ziehen zahlreiche Karawanen aus zwei bis zwanzig Personen. Weg vom Platz, pünktlich wie immer. Vor wenigen Minuten noch sangen hunderte Kehlen den Fury in the Slaughterhouse-Klassiker »Time to Wonder«. All das beschreibt einen Abend, der vielen Güterslohern lange in Erinnerung bleiben. Sehr vielen Güterslohern und Gästen aus der ganzen Region, die den Weg in die Stadt gefunden haben.

Ein Hauptgrund dürfte in der Tat der Auftritt von »Wingenfelder« gewesen sein, dem aktuellen Projekt der beiden Fury-Brüder Kai und Thorsten. Doch nicht alle sind eigens hierfür nach Gütersloh gekommen. Eine vierköpfige Reisegruppe aus Potsdam zum Beispiel wollte explizit den ersten Act des Abends hören - »NO Blues« aus den Niederlanden.

Eine Geschichte, wie sie jedes Jahr mehrfach vorkommt: Im Vorfeld zur Woche der kleinen Künste erreichen die Organisatoren Mails und Anrufe, wo es Karten für die tollen Konzerte gibt. Die erschütternde Antwort: Es gibt keine Karten zu erwerben. Die gute Nachricht darin: Eintritt muss auch nicht gezahlt werden. Eine beeindruckende Leistung von Sponsoren, Vereinsmitgliedern und den vielen Ehrenamtlichen der Kulturgemeinschaft macht das möglich. Allen daran Beteiligten muss auch an dieser Stelle einmal ausdrücklich gedankt werden!

Aber zurück zum musikalischen Teil des Abends – und der zeigte sich schon im Set von NO Blues äußerst abwechslungsreich. Als ein »gelungenes stilistisches Experiment« beschreibt der Vereinsvorsitzende Hans-Hermann Strandt das in seiner Ankündigung. Bereits die ersten orientalisch geprägten Töne ließen verstehen, was er damit meint.

Als ein tragendes Instrument kam hier die »Oud«, eine arabische kurzhalsige Laute, zum Einsatz. Dazu viel Perkussion, Gesang, Gitarre und Bass. Als unsichtbaren »Spezialeffekt« steuerte Sängerin Ankie Keultjes ihren Part vom Mischpult aus bei. Spannend und mutig war dabei die Entwicklung der Stücke von den arabischen und latein-amerikanischen Wurzeln bis hin zu Folk und – ja tatsächlich – Blues. Besser hätte man diesen Einstieg in den Abend gar nicht inszenieren können. Das zunächst zurückhaltende Publikum war mehr und mehr verzückt. Zu Recht!

Bis zum Ende des Auftrittes erreichte auch die Zuschauerzahl für dieses Jahr einen ersten Höhepunkt. Wohl an die 3000 Menschen hatten den Weg in die Innenstadt an diesem lauen Donnerstag-Abend auf sich genommen, um Freunde zu treffen oder gebannt der Musik zu lauschen. Damit stieß der Platz ein erstes Mal an seine Kapazitäts-Grenzen.

Das nutzten »Wingenfelder« als Steilvorlage für einen umjubelten Auftritt. Beachtlich: An diesem Abend konnte zumindest vor der Bühne fast jeder die deutschen Wingenfelder-Texte mitsingen. Weiter hinten punkteten die Brüder und ihre Band dann natürlich mit Interpretationen der bekanntesten Songs von Fury in the Slaughterhouse. Selten hat der Platz aus so vielen Kehlen gesungen – siehe oben.

Nicht nur das machte den Auftritt zu einem absoluten Highlight der »Woche«. Auch die sehr gute musikalische Leistung und die sympathisch-authentische Bühnenshow mit viel direktem Kontakt zum Publikum prägten die besondere Qualität der Band. Das hat Spaß und wurde den Erwartungen des Publikums absolut gerecht.

Das recht abrupte Ende war der vorangeschrittenen Zeit geschuldet. Um 23 Uhr ist hier Schluss auf dem Platz und es ist nur allzu konsequent, sich aus Rücksicht auf Vereinbarungen und Anwohner auch daran zu halten. Letztlich hört man ja auch am besten dann auf, wenn es am schönsten ist. Und diesen Moment erwischten Wingenfelder mit Ende ihres Hits »Time to Wonder« auf den Punkt.

So zogen die Karawanen pünktlich um kurz nach 23 Uhr durch die Stadt. Zu Fuß und mit dem Fahrrad, nach außen hin immer kleiner werdend. Selbst bis nach Friedrichsdorf sind diese kleinen Gruppen auf dem Rad zu beobachten – meinen Respekt hierfür!

Nun bleibt noch, sich auf den letzten Abend der Woche der kleinen Künste 2015 zu freuen. Dann war es das schon wieder… Wir sehen uns also auf dem Platz!