Vokabeltrainer Ostwestfälisch mit Matthias Borner

Gütersloherisch für Anfänger

Ein Expresssprachkurs »Umgangsostwestfälisch«

Regie und Kamera: Dominique Osea
Ton: Marc Poser-Nitschke
Darsteller: Matthias Borner, Dominique Paulin, Dr. Rolf Westheider
Szenerie: Stadtmuseum Gütersloh

schrappen

Bedeutung: 1. kratzen, schaben, 2. Geld raffen

Im Stadtmuseum Gütersloh ist eine im übertragenen wie im wahrsten Sinne des Wortes ausgezeichnete Ausstellung zur Medizingeschichte zu sehen. Was das mit unserem heutigen
Wort »schrappen« zu tun hat? Nun, zum einen erkennt man einen guten Museumsleiter daran, dass er immer »Geld am schrappen is’« – eine Tätigkeit, die ihm privat als Untugend angekreidet würde, die aber im beruflichen Alltag eines Kulturbetriebs heutzutage eine notwendige Begabung darstellt.

Zum anderen hat das »Schrappen« medizinische Wurzeln. Das Ursprungswort »schreffen« bezeichnete im Mittelalter ein Allheilverfahren der Ärzteschaft gegen leichtere Beschwerden, nämlich das Ritzen der Haut zu kleinerem Blutentzug – im Gegensatz zum kräftigen Aderlass, der bei ernsthaften Erkrankungen angewendet wurde und mit dem man erfolgreich verhinderte, dass der Patient an seiner Krankheit starb (nämlich indem man sicherstellte, dass er zuvor an Blutverlust starb ...).

Aus dem »Schreffen« entwickelte sich sprachlich das »Schröpfen«, das ursprünglich ebenfalls die systematische Blutentnahme bezeichnete. Erst mit der Erfindung des Finanzamtes wandelte sich die Bedeutung dieses Wortes vom »Blutsaugen« zum »Geld abnehmen« ...

Die westfälische Sonderform »Schrappen« beinhaltet nun zum einen die Ausgangsbedeutung des Ritzens und Kratzens, wie zum Beispiel bei den Ausrufen »Ker, sonn Äagear aba auch, ich bin mit meim Auto annem Pömpel langgeschrappt!« oder auch »Uchutuchut, is schon halb zwölf duarch, und ich komm’ nich inne Pötte mit meim Gemüseeintopf. Hilfse mir Möarn schrappen?«

Zum anderen drückt das Wort die unschöne Eigenschaft des zwanghaften Geldhortens und Nichtwieder-rausrückenwollens aus: »Was is der aule Nölenkamp doch füarn kniepigen Schrapphals.« – »Jau, das sach man. Nen ganz fuchsigen Schrappkopp is das!« Rietberger, Harsewinkeler und Wiedenbrücker Kinder (und alle anderen auch) können außerdem »Bömsken schrappen«, d.h. an Karneval die Zahnkiller von der Straße lesen. Was wertvoll ist und des Hortens würdig, wird eben altersbedingt unterschiedlich beurteilt.