Vokabeltrainer Ostwestfälisch mit Matthias Borner

Gütersloherisch für Anfänger

Ein Expresssprachkurs »Umgangsostwestfälisch«

 

Regie, Kamera, Ton: Dominique Osea
Darsteller: Matthias Borner, Sven Grochholski, Dominique Paulin
Szenerie: Museums Café, Westfalen Apotheke (Kolbeplatz)

Schnottenpatt

Mehrere Tausend Sprachen werden auf der Welt gesprochen. So unterschiedlich all diese Sprachen teilweise auch sind, das meiste lässt sich doch 1:1 übersetzen – wenn man denn die Sprache beherrscht oder jemanden kennt, der dies tut. Doch in fast jeder Sprache gibt es auch eine Handvoll Wörter, für die es keine Entsprechung in anderen Sprachen gibt. Man kann sie zwar übersetzen, aber nicht in einem Wort. 

Vor einigen Jahren gab es einen internationalen Wettbewerb, bei dem eine Jury das schönste Wort der Welt suchte. Gewonnen hat das türkische Wort Yakamoz. Dies bezeichnet die Spiegelung des Mondes auf dem Meer, speziell der Schimmer, der durch die Bewegung des nächtlichen Wassers beispielsweise durch Paddel oder auch Fische entsteht. Das Japanische kennt einen Ausdruck für die Eigenart, Bücher zu kaufen, aber nicht zu lesen, sondern diese nur im Regal zu horten. Die Inuit haben ein für unsere Zungen unaussprechliches Wort für ein Gefühl, dass es so vielleicht aber auch nur bei den Inuit gibt, nämlich die Ungeduld, wenn man auf jemanden wartet und die einen dazu treibt, immer wieder ans Fenster oder an die Tür zu gehen, um zu schauen, ob die Person nicht endlich am Horizont auftaucht. 

Im Italienischen gibt es ein Wort für die Trägheit, die einem nach einem gehaltvollen Essen übermannt: Abbiocco. Da fragt man sich schon, warum es das im Deutschen oder gar im Ostwestfälischen nicht gibt – am gehaltvollen Essen mangelt es uns ja nicht. Einige dieser Wörter sind wirklich praktisch: Ein Bier, das man draußen trinkt, ist im Norwegischen schlicht ein Utepils. Das Deutsche kennt immerhin das Fahrbier. Überhaupt gibt es auch im Deutschen eine ganze Reihe von Wörtern, die sich nicht in andere Sprachen übersetzen lassen. Fremdschämen zum Beispiel. Verschlimmbessern. Schadenfreude. Weltschmerz. Ohrwurm. Fernweh. Brückentag. Torschlusspanik.

Und was hat all das mit unserer Serie zu tun? Weil es auch im Ostwestfälischen einen Ausdruck gibt, den es so vermutlich in keiner anderen Sprache gibt: Schnottenpatt – der Weg, den sich der Schnotten (»Nasensekret«) vornehmlich bei kleinen Kindern (aber nicht nur!) vom Nasenloch zur Oberlippe bahnt. Schade dass der oben erwähnte Wettbewerb zum schönsten Wort der Welt schon zu Ende ist. Schnottenpatt hätte Chancen auf den Sieg gehabt – was ist dagegen schon Mondlicht, dass sich auf dem Meer spiegelt?