Was wurde eigentlich aus Café Welp?

Gebäude, Orte, Menschen – manche scheinen einfach aus dem Gedächtnis der Stadt verschwunden zu sein, andere fallen Tag für Tag unbemerkt ein Stück weit mehr in sich zusammen. Für die November-Ausgabe hatten wir ein wenig in den -Archiven gestöbert und Erinnerungen an das mittlerweile aus dem Stadtbild verschwundene »Hallenbad Gütersloh« zusammen-getragen. Diesmal sind wir an der Herzebrocker Straße entlang noch etwas weiter aus der Innenstadt hinausgegangen und haben uns angesehen, was heute vom einst legendären »Café Welp« übrig geblieben ist.

An die glorreichen Zeiten des Cafés werden sich in erster Linie die etwas älteren Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt erinnern. Denn bereits vor der Eröffnung im Jahr 1954 war der Name »Welp« im Umland bekannt: Bäcker und Konditormeister Arthur Welp stand für vorzügliche Back- und Süßwaren. Das Café an der Herze­brocker Straße war, wenn man so möchte, in dieser Zeit ein logischer Expansions­prozess. Es lockte nicht nur der Gaumenschmaus, auch die Lage im Grünen, die Nähe zum Johannesfriedhof und der Dalke machten das Café zu einem beliebten Ausflugsziel.

 

Mehr als 60 Jahre später machen wir uns auf den Weg, ein Stück der Café-Geschichte zu entdecken. Und dazu gehört natürlich ein Besuch vor Ort, der an einem regnerischen November-Tag ein Bild der Verwahrlosung präsentiert. Viel erinnert nicht mehr an eines der beliebtesten Ausflugsziele früherer Tage. Die ­Natur hat das Stück Land um das Gebäude zurückerobert. Aus der Nähe ­betrachtet sind es einige zerbrochene Scheiben, viel Abfall, ­Gerümpel, eine ­bröckelnde ­Fassade und einzelne Möbelstücke, die wir entdecken. Nur Details erinnern noch an einen florierenden Café-Betrieb.

Doch das Café Welp war nicht immer »nur« ein Café. Im Jahre 1985 titelt eine lokale Tageszeitung: »Café Welp: Wiedereröffnung im neuen Gewand«. Damals übernahmen Helmut und Helga Sänger den Betrieb. In den folgenden Jahren war das Café auch unter dem Namen »Gasthaus Sänger« vielen ein Begriff. Das »neue Gewand« definierte sich nicht nur durch ein Kinderspielzimmer und eine zeitgemäße Generalüberholung, sondern auch durch Hotelanbau, Biergarten und Restaurant. Erwähnenswert ist vor allem aber das mit Spielzeug ausgestattete Kinderzimmer. Es ermöglichte nun auch Eltern den längeren Verbleib bei Kuchen, Getränken und Unterhaltung.

Ende der 90er Jahre wurde das Gasthaus wiederum renoviert. Doch schlussendlich waren es laut damaliger Angaben gesundheitliche Gründe, die das Ehepaar Sänger 2004 dazu zwangen, den Betrieb aufzugeben. Aber auch die mangelnde Auslastung unter der Woche und die Last einer Hypothek dürften Medienberichten zufolge ein weiterer Grund für den Versuch gewesen sein, das Objekt zu veräußern. Ein Käufer fand sich leider nicht. Die angesetzten 595 000 Euro wollte niemand bezahlen. Laut Gutachten des Sachverständigen Ludger Kaup wurde zwar kein Reparaturbedarf festgestellt, doch entspräche die Immobilie insgesamt nicht den Anforderungen des Marktes an ein Hotel- und Gaststättengewerbe.

Im Jahr 2007 kam das Gasthaus unter den Hammer und wurde zwangsversteigert. Den Zuschlag erhielt ein tschechischer Fleischkonzern für rund 195 000 Euro. Dienen sollte das Gebäude, nach mittlerweile doch wohl notwendigen Renovierungen, als Wohnheim für im Norden Deutschlands beschäftigte Arbeiter. Warum das Gebäude nie wirklich bezogen wurde und immer weiter der Natur zum Opfer fällt, wurde uns nicht klar dargestellt. Letztlich bleibt auch hier eines festzustellen: Auch an dieser Stelle der Herzebrocker Straße hat die Stadt ein Stück Ihres (gastronomischen) Gesichtes verloren.

Text: Daniel Krestovsky · Fotos: Dominique Paulin
Historische Fotos: Stadtarchiv Gütersloh