In Harsewinkel gibt es viele schöne Ecken. Einer von Carls Lieblingsorten von liegt im Süden der Stadt. Folgt man der Kuhstraße, gelangt man zur großen Emsbrücke. Bei gutem Wetter ist am Stauwehr richtig was los. Ausflügler genießen die Strömung der Ems zu ihren Füßen, die sich von Zeit zu Zeit mit einem leisen, kaum wahrnehmbaren Summen mischt. Ein Blick in den Himmel verrät auch gleich den Grund für die eher ungewöhnliche Geräuschkulisse. Es sind kleine Modellflieger, die über den Emswiesen ihre Runden drehen. Denn nur wenige Meter entfernt ist der Verein IKARUS Harsewinkel zuhause. Wir haben uns auf den Weg zum Vereinsplatz gemacht und von den Modellpiloten mehr über ihr Hobby erfahren.

Als wir auf den Vorplatz treten, ist wenig los auf dem Modellfluggelände des IKARUS. Noch – denn schon am Telefon haben wir erfahren, dass der Platz mittwochabends ganz der Jugend des Vereins gehört. An einem der großen Betontische auf denen die Modellflieger auf ihre Starts vorbereitet werden, treffen wir auf Andreas Kasselmann. Andreas ist seit etwa 22 Jahren im Modellflugsport unterwegs und weiß, dass sich über die Jahre einiges geändert hat. Er erzählt uns, dass die Modelle damals noch aus schwerem Holz in Eigenregie zusammengebastelt wurden, ein Motor kurzerhand für mehrere Flieger genutzt wurde. »Heutzutage ist der Sport einfach sicherer und günstiger. Und genau das macht den Einstieg so einfach und den Sport bei den Kids umso beliebter.« Eines ist heute wie damals nicht anders: Abstürze gehören zum Sport dazu. »Wer noch nie abgestürzt ist, ist auch kein richtiger Modellflieger!« Andreas grinst. »Durch die leichteren Materialien sind die aber viel sicherer und auch finanziell besser verkraftbar.

Nach und nach trudeln immer mehr junge Piloten mit ihren Modellfliegern unter dem Arm ein. Während die Koffer mit Akkus und Fernsteuerungen auf den Betontischen ausgebreitet werden, füllt sich der Rasen rundherum mit den kleinen und großen Modellen – einfarbig und knallig bunt, mit und ohne Pilotenpuppe. Besonders fällt uns der große gelb-rote-blauer Doppeldecker in die Augen. »Das ist Andrés Meistermodell«, hören wir von Andreas. Das wollen wir genauer wissen. André Bracht erzählt uns, dass er schon an verschiedensten Jugendmeisterschaften im Kunstflug teilgenommen hat. Und das nicht nur auf nationaler Ebene. Der Titel des deutschen Meisters sichert ihm schließlich einen Platz im Kader der deutschen Nationalmannschaft im Kunstflug. 2016 holt er bei den Europameisterschaften den zweiten Platz. Wow – deutscher Meister und Vize-Europameister! Na klar, auch Andrés Vater ist begeisterter Modellpilot und hat seinen Sohn schon früh in die Kunst des Fliegens eingeweiht.

 

Eigentlich schon, als er zu laufen begann. Immerhin fliegt der 19-Jährge schon seit 15 Jahren. Drei bis vier Mal die Woche trainiert André am Ikarus. Jetzt möchten wir aber auch eine Kostprobe seiner Flugkünste bekommen. Gemeinsam geht es auf den Flugplatz, wo André seinen knalligen Doppeldecker aus dem Gras starten lässt. Nach ein paar Runden in der Luft zeigt er uns was er kann. André dreht seinen Kunstflieger in der Luft, fliegt in Schräglage nah über den Boden oder prescht senkrecht nach oben. Da ist es für uns gar nicht mal so leicht, das Ganze mit der Kamera festzuhalten.

Auf der grünen Flugpiste treffen wir auch auf Jugendwart Lars Merkel und seinen Sohn Nils. Beide haben eine Fernsteuerung in der Hand, aber nur einen Modellflieger dabei. Wir erfahren, dass Vater und Sohn im Lehrer-Schüler-System fliegen. Bevor Nils den Flieger mit einem lauten »Start« in die Luft schickt, zeigt Lars uns was damit gemeint ist: Er drückt einen Hebel seiner Fernbedienung und die Klappen an den Tragflächen des Modells bewegen sich. »Da beide Anlagen miteinander verbunden sind, kann ich bestimmte Aufgaben übernehmen und Nils gefahrlos die ersten Grundlagen des Fliegens üben«, erklärt er uns: »Kinder brauchen circa eine Saison bis sie alleine fliegen können. Aber auch für alle, die noch nicht genau wissen, ob das Modellfliegen für sie persönlich das Richtige ist, können das im Lehrer-Schüler Flug für sich herausfinden, bevor sie sich im Verein anmelden.«

Von den hundert Vereinsmitgliedern sind etwa 25 Kinder und Jugendliche von denen viele an Jugendmeisterschaften teilnehmen. Auch der Ikarus selbst hat schon einige Meisterschaften ausgerichtet und auf den Vereinswiesen junge Modellpiloten aus ganz Deutschland begrüßt. Zum großen internationalen Flugzirkus an Pfingsten zieht es Piloten, Fluginteressierte und Schaulustige aus der Umgebung sowie aus anderen Ländern in die Emswiesen: Während sich die Wiesen in einen riesigen Campingplatz verwandeln, gibt es am Boden und in der Lüfte die verschiedensten Modell- und Segelflieger zu bestaunen. Und dann erfahren wir noch etwas: Vor genau 50 Jahren wurde am Ikarus Geschichte geschrieben. Denn im Jahre 1968 ist hier zum ersten Mal ein Modell-Hubschrauber abgehoben. »Es waren nur zwei kleine Hüpfer, aber eine Sensation«, weiß Andreas Kasselmann. »Denn bis dahin gab es nur flugunfähige Hubschrauber.«

Wer Neuling im Modellflugsport ist oder jetzt neugierig geworden ist, ist herzlich eingeladen zwischen 17:30 Uhr und 19:00 Uhr beim Jugendfliegen vorbeizuschauen. Aber auch telefonisch oder über das Kontaktformular auf der Homepage dürfen Interessierte gerne mit dem Ikarus in Kontakt treten.