Was in manch einer Kommune in NRW noch immer für reichlich Kopfzerbrechen sorgt, ist in Gütersloh seit Jahrzehnten zwar Thema der täglichen Arbeit, keineswegs aber mit negativer Prägung. Die Rede ist vom Nitratgehalt im Grundwasser der Wasserschutzgebiete – jene Flächen also, an denen die Stadtwerke Gütersloh unser Trinkwasser entnehmen. Die werden seit nunmehr über 25 Jahren sehr erfolgreich in enger Kooperation zwischen Landwirtschaft, Stadtwerken und Landwirtschaftskammer bewirtschaftet. Carl hat sich einmal genauer angesehen, wie viel Arbeit auf allen Seiten hinter den jährlich sehr niedrigen und somit guten Werten steht.

Nitrate werden von Pflanzen als Nährstoffe benötigt, was sie zu einem unverzichtbaren Dünger in der Landwirtschaft macht. Problematisch wird das erst, wenn überschüssige Mengen ins Grundwasser und auf diesem Wege ins Trinkwasser gelangen. Hintergrund der ungewöhnlich intensiven Kooperation zwischen Landwirten und Wasserwirtschaft ist es also, die Auswaschungen überschüssiger Düngemittel möglichst gering zu halten – und das bedarf nachhaltiger und nahezu täglicher Planung und Umsetzung.

Als wir uns mit Landwirt Andreas Großewinkelmann, Pflanzenbauberater Burkhard Linneweber von der Landwirtschaftskammer und Martin Schmalenstroer von den Stadtwerken Gütersloh treffen, liegt noch das komplette Arbeitsjahr vor ihnen. Ein Aspekt allerdings wurde schon intensiv bearbeitet: Auf dem Tisch liegt eine umfangreiche Bestandsaufnahme der bewirtschafteten Flächen des Hofes Großewinkelmann am Rande des Rhedaer Forstes mit allen wichtigen Informationen über das vergangene Wirtschaftsjahr. Darin enthalten die angebauten Haupt- und Zwischenfrüchte Informationen darüber, welche Düngemittel in welcher Intensität aufgebracht wurden und auch welche Stoffe im Boden verblieben sind. Hieraus wird EDV-gestützt eine Düngeempfehlung für das bald beginnende Anbaujahr berechnet – individuell für jede einzelne Fläche. Das Ziel: Jeweils nur so viel Dünger aufzubringen, wie die Pflanzen auch benötigen und entsprechend binden, bevor Rückstände in tiefere Schichten und letztlich ins Grundwasser gespült werden.

Möglichst exakt wird auch berechnet, welche Düngemittel in welchen Mengen auf dem jeweiligen Hof vorhanden sind, was von anderen Höfen innerhalb der Schutzgebiete genutzt werden kann und was – im schlechtesten Fall – von außerhalb hinzugekauft werden muss, um die gewünschten Bodenwerte und Erträge zu erzielen. So kann auf der einen Seite der Zukauf deutlich verringert werden, auf der anderen Seite wird gezielter und somit gewässerschonender gedüngt. Die kostenfreie und neutrale Beratung durch die Stadtwerke Gütersloh und dem von ihnen eingesetzten Beauftragten der Landwirtschaftskammer, der sich vorrangig um den Bereich Pflanzenschutz kümmert, ist somit eine echte Win-Win-Situation.

 

Rund 80 Betriebe in Wasserschutzgebieten sind in der Kooperation zusammengeschlossen – mit einer landwirtschaftlichen Fläche von über 3300 Hektar. Sie alle bekommen von Martin Schmalenstroer als Wasserschutz- und Kooperationsberater der Stadtwerke Gütersloh neben den individuellen Düngeplänen auch Tipps zu Bewirtschaftungsmethoden, die das Nebeneinander von landwirtschaftlicher und wasserwirtschaftlicher Nutzung in den Wassergewinnungsgebieten positiv beeinflussen. Denn neben der Reduzierung des Nitratgehaltes, der mit dem so genannten »N-min-Programm« eine bedeutende Rolle zugeordnet wird, geht es auch um die Vermeidung des Eintrages von Pflanzenschutzmittel in das Grundwasser und in Fließgewässer sowie um die Vermeidung der Ausbringung von Nährstoffsubstraten ungeklärter Herkunft und Herstellung.

Unterstützt wird die Arbeit im Auftrag der Stadtwerke von der Landwirtschaftskammer NRW, die in Person von Burkhard Linneweber vor allem mit dem Schwerpunkt Pflanzenschutz berät. Informationen zu Gründüngungsmaßnahmen, Untersaaten und Zwischenfruchtanbau gehören ebenso dazu, wie Maßnahmen der mechanischen Unkrautbekämpfung in Kombination mit reduziertem Einsatz chemischer Mittel. Gearbeitet wird hier direkt vor Ort in Mini-Gruppen, die im Rahmen von drei Terminen im Frühjahr Feldbegehungen unternehmen und ihre Arbeit so regelmäßig auf den Prüfstand stellen und verfeinern.

Dazu gehört für Landwirt Andreas Großewinkelmann neben vielen anderen Einzelmaßnahmen unter anderem auch, vor jeder Gülle-Düngung den schwankenden Nitratgehalt des Materials festzustellen und genau zu berechnen, wie viel Dünger er auf den Acker bringen muss, um die Empfehlungen gut umzusetzen. Denn nur wer genau weiß, was die Pflanzen sowie der Boden brauchen und wie sich das natürliche Düngemittel aktuell zusammensetzt, trifft dir richtige Dosierung.

Die intensive und über Jahrzehnte gewachsene Zusammenarbeit zahlt sich aus: im Gegensatz zu anderen NRW-Landesteilen ist in Gütersloh keine Aufbereitung des Trinkwassers zur Reduzierung des Nitratgehaltes erforderlich. Durch die zielgerichtete Kooperation zwischen  Landwirtschaft und Wasserwirtschaft liegt der Nitratgehalt des Trinkwassers in Gütersloh deutlich unter dem Grenzwert der Trinkwasserverordnung von 50 Milligramm pro Liter, ca. 50 Prozent des Trinkwassers sogar unter 10 Milligramm pro Liter mit zum Teil noch sinkender Tendenz.

Video: GüterslohTV
Fotos: Benedikt Hensdiek
Text: Benedikt Hensdiek