Fotos: Claudia Krullmann

Wie fühlt es sich eigentlich an, einen ganzen Baum zu tragen? Und wie bekommt man ihn so in die Erde, dass er im nächsten Frühjahr in vollem Laub steht? Beides sind für Kinder im Grundschulalter keine alltäglichen Erfahrungen – und doch können sie für ein ganzes Leben prägend sein. In einem neuen Paten-Projekt der Stadtwerke Gütersloh können Kinder der Edith-Stein-Grundschule die Natur hautnah erleben und gestalten. Gelernt wird – mit Spaten und Baum in der Hand – ganz spielend nebenbei. Wir haben die Schülerinnen und Schüler der zwei ersten Klassen auf ihrer Entdecker-Tour begleitet und die Symbiose aus Naturpädagogik und Umweltschutz vor Ort miterlebt.

Es ist halb neun am Morgen. Die Schülerinnen und Schüler kommen mit dem eigens eingesetzten Stadtbus in der Nähe des »Patenforstes« an, wo sie an diesem Vormittag einige Obstbäume pflanzen werden. Verknüpft mit weiteren Naturerlebnissen ist es der Beginn einer Patenschaft, die sie in den kommenden Jahren begleiten wird. Die Stadtwerke Gütersloh verbinden in dem Projekt die turnusgemäße Aufforstung im Aufgabenfeld der Trinkwasserversorgung mit einer erlebnisreichen Heranführung an ein Grundbewusstsein für unsere Umwelt. Angeleitet werden die Kinder von den zuständigen Forstwirtschaftsmeistern Markus Rübsamen und Uwe Thiemann sowie Martin Schmalenstroer, der bei den Stadtwerken für Grundsatzfragen im Grundwasserschutz zuständig ist. Im Mittelpunkt stehen neben der Baumpflanzung auch zahlreiche Arbeiten zur Begrünung, Pflege und Erhaltung des Waldes – verflochten mit Erkundungen und Beobachtungen der heimischen Pflanzen- und Tierwelt und dem angeleiteten Umgang mit Werkzeugen.

Zurück im Forst: Nach einer kurzen Anleitung teilt sich die Gruppe in zwei Arbeitsgruppen auf, die ihre Aufgaben später nach einer erholsamen Teepause tauschen. Die eine Gruppe erforscht zunächst gemeinsam mit Forstwirtschaftsmeister Uwe Thiemann den Wald. Zu entdecken gibt es neben den vielen Baumarten, die anhand der Rinde bestimmt werden, auch den Hochsitz des Jägers und einiges mehr. Um auch kleine Details zu finden, hat jedes Kind von den Stadtwerken Gütersloh einen Lupenbecher bekommen. Darin können kleine Tierchen, Blätter und andere Objekte ganz genau angesehen und untersucht werden. Ein Geschenk, das sicher noch oft zum Einsatz kommen wird.

Für die anderen Schülerinnen und Schüler geht es direkt auf den schmalen Grünstreifen, der Platz für insgesamt zwölf Obstbäume bietet. Ausgestattet mit Maßband und Fluchtstab, Erdlochausheber und Spaten machen sie sich in Vierergruppen daran, die perfekten Positionen für die Pflanzungen zu finden.

Das macht Spaß, fordert aber zunächst auch einige Konzentration. Gut vorbereitet wurde die Pflanzaktion bereits im Vorfeld im Unterricht an der Edith-Stein-Grundschule. Dort haben sich die Schülerinnen und Schüler intensiv mit unterschiedlichen Baumarten beschäftigt, Jahresringe gezählt und auch erfahren, welche Bedeutung die Bäume für den Menschen haben. Ein weiteres Thema waren die benötigten Werkzeuge, die bei einer Probepflanzung auf dem Schulgelände gleich ausprobiert wurden.

Überraschend kommt es also nicht, dass im Forst auch ordentlich angepackt werden muss. Denn nach der Bestimmung, wo der Baum in Zukunft stehen soll, muss erst einmal kräftig gebuddelt werden. Eine Mammutaufgabe für die Ertsklässler, vor allem aber ein ganzheitliches Erlebnis inmitten der Natur. Und wenig später wissen die Kinder tatsächlich, wie es sich anfühlt, einen ganzen Baum zu tragen. Unter fachlicher Anleitung holen sie die Apfel- und Pflaumenbäume aus dem Anhänger und setzen sie in die sorgfältig ausgehobenen Löcher ein.

Behutsam vor allem im Bereich der Wurzeln, werden die Pflanzlöcher langsam wieder geschlossen. Was danach noch fehlt ist der Pflanzstab, der dem Baum in den ersten Jahren Halt gibt. Auch der muss »gepflanzt« werden, bevor anschließend kräftig gewässert wird. Um die Bäume vor Wildtieren zu schützen wird schließlich noch ein Fraßschutz angebracht – und fertig ist die Pflanzung.

Fast fertig, wie wir lernen. Denn ein wichtiger pädagogischer Aspekt ist die Patenschaft für die gepflanzten Bäume. Dafür bekommt jeder Einzelne ein Schild angehängt, auf dem jeweils die Kinder unterschrieben haben, die an der Pflanzung beteiligt waren. Das fördert die Identifikation mit der Aktion und erinnert beim Besuch an den Start des Projektes. Denn bis ins vierte Schuljahr wird es ein bis zwei Ausflüge pro Jahr geben, bei denen zum Beispiel Pflegemaßnahmen durchgeführt werden. Auch weitere Themengebiete wie Tiere und Wildpflanzen, das Wetter und die Aufgaben des Jägers werden dann altersgerecht aufbereitet und vermittelt.

Und mit etwas Glück können die Kinder am Ende ihrer Grundschulzeit den einen oder anderen Apfel ernten und verarbeiten. Es wäre der perfekte Abschluss des Patenprojektes der Stadtwerke Gütersloh, der Edith-Stein-Grundschule und der heimischen Förster. Wir wünschen gutes Anwachsen!

Text: Benedikt Hensdiek