Was war das für eine herzliche Einladung: Nachdem wir uns im Frühjahr bereits einmal nach Stromberg aufgemacht hatten, um uns die Brennereikünste von Brennmeister Jochen Druf fel anzusehen, hat der sein Versprechen eingehalten und uns ein zweites Mal vor Ort begrüßt. Der Anlass diesmal: Die Obsternte mit der Zwetschge als »Königin« der Stromberger Früchte. Über 20 000 Bäume der besonderen Pflaumensorte stehen hier in den Beckumer Bergen, die von ihren Bewohnern auch liebevoll als »Stromberger Schweiz« betitelt werden. Wer einmal hier war, versteht sofort, warum. Mit ihrer geschützten Ursprungsbezeichnung als »Stromberger Pflaume g. U.« ist sie ein weit über die Grenzen angesehenes Produkt aus unserer Region – und Carl war bei ihrer Ernte dabei.
Bevor es losgeht, treffen wir uns mit Jochen Druffel dort, wo es für einen Teil der Pflaumen einmal hingehen wird. In einer größeren Halle am Standort der traditionsreichen Brennerei Druffel stehen Geräte zum Waschen und Entsteinen bereit. Ein leicht fruchtiger Geruch ist hier noch wahrnehmbar, wenige Stunden zuvor wurden hier rund 1750 Kilogramm Mirabellen aus den benachbarten Plantagen vorbereitet und in Gärtanks verbracht, wo sie nun einige Tage bis zur Destillation verbringen.
Die bis zu 40 Tonnen Pflaumen allerdings, die hier jährlich zu Brand und Likör verarbeitet werden, brauchen noch ein paar Tage auf dem Baum. Der kühle September hat die Reifung der Früchte verlangsamt, sodass der dringend benötigte Zuckergehalt von optimal 90 Grad Oechsle erst später erreicht wird. Bereits geerntet werden bei unserem Besuch aber die früheren Zwetschgensorten, die weniger süß sind, den Obstbauern aber einen gelungenen Start in die Saison bieten. Vier große Erzeuger gibt es in Stromberg, neben zahlreichen kleinen, teils privat betriebenen Obstplantagen. Zu einem der größten führt uns dann auch der Weg mit dem historischen Militär-Geländewagen, der noch immer gute Dienste in der hügeligen Landschaft leistet.
Der Pflaumenhof Erdmann hat alleine über 8000 Zwetschgenbäume, dazu rund 3000 Kirsch-, 300 Mirabellenbäume und zahlreiche weitere Obstgehölze. Zwischen den Bäumen laufen zudem zahlreiche Hühner, die Tag für Tage echte Stromberger »Wieseneier« legen, die direkt ab Hof verkauft oder zu Eiernudeln verarbeitet werden.Auf einem der Felder treffen wir die Inhaberfamilie, die gemeinsam mit einigen Helfern und einer Vollerntemaschine die Pflaumen buchstäblich von den Bäumen schütteln. Mit dem Trecker angetrieben braucht es so pro Baum nur wenige Minuten, um die Früchte vom Baum auf eine darunter ausgebreitete Plane zu bringen. Von dort aus geht es auf ein mobiles Fließband, an dem Blätter und gammelige Pflaumen aussortiert werden, und zum Transport zur Weiterverarbeitung in große Obstkisten.
Ein beeindruckender Anblick, der hier auf vielen Feldern zu sehen ist. Auf anderen ist die Ernte dann aber wieder echte Handarbeit wie seit dem Jahr 1790, als die Stromberger Pflaume aus Spanien kommend in der Region kultviert wurde. Durchgesetzt hat sie sich hier am Ende, weil sie sehr gut mit dem mergelhaltigen Boden, dem hiesigen Klima und der schützenden Hanglage der münsterländischen Bucht harmoniert. Besondere Beliebtheit hat sie zudem durch den niedrigen Wasseranteil und den mildaromatischen Geschmack erlangt – beides macht sie zu einer süßen Versuchung beim Kochen und Backen, ermöglicht aber auch die Produktion feinster Brände.
Mit dem Eindruck der Ernte und einer längeren Fahrt durch die Anbaugebiete in Stromberg kommen wir zurück zur Brennerei Druffel, die im Jahr 1792 als traditionelle Münsterländer Kornbrennerei gegründet wurde. Seit 2001 wird sie vom Brennmeister Jochen Druffel in siebter Generation geführt, der mit viel Leidenschaft für seine Produkte vor allem die lange Tradition feinster Obstbrände fortführt und weiterentwickelt – mit der Stromberger Pflaume als Hauptrohstoff für den beliebten Brand, Pflaumenliköre und der »Pflaume mir Aquavit«, die sich bekömmlich zwischen Brand und Likör einreiht.
Begonnen wurde mit der Produktion kurz nach unserem Besuch in Stromberg, als der Sommer für wenige Tage zurückkam und mit viel Sonne buchstäblich zuckersüße Pflaumen »produzierte«. Tonnenweise Früchte wurden seitdem gewaschen und – um einen allzu starken Marzipangeschmack im Endprodukt zu vermeiden – auch entsteint. Mit Hefe versetzt ging es anschließend in die großen gekühlten Gärtanks, in denen die Pflaumen 14 bis 21 Tage lang bei maximal 20 Grad gären und insgesamt etwa 4 Wochen lagern, bevor es in die Destille geht. Rund 5 Kilogramm der süßen Früchte ergeben am Ende den Inhalt einer 0,5 Liter-Flasche Pflaumenbrand.
Am Ende des Besuches und auf der Rückfahrt in die Redaktion wird uns dann noch einmal bewusst, wo die ganz besondere Qualität dieses regionalen Produzenten liegt. Denn fernab aller Massenproduktionen und der Einfuhr von Lebensmitteln aus allen Ländern der Erde wird hier in Stromberg genau das veredelt, was die heimische Landwirtschaft hergibt. Brände aus Äpfeln, Birnen und Quitten, Himbeeren oder schwarzen Johannisbeeren aus rein regionalem Anbau gibt es ebenso, wie Liköre aus Erdbeeren, Holunderblüten, Kirschen und Wallnüssen. All das wächst – wie im Ursprung Korn und Wacholder – rund um Stromberg.
Carl bedankt sich für diese beeindruckende Erfahrung und achtet nun umso mehr darauf, woher die Lebensmittel auf dem Tisch kommen – denn regional und saisonal schmeckt es einfach am besten!
Fotos: Brennerei Druffel & Benedikt Hensdiek
Text: Benedikt Hensdiek