NATURRESERVAT FLUGHAFEN
Etwas mehr als einen Monat ist es her, dass wir uns auf dem ehemaligen Flughafen Gütersloh umsehen durften. Entstanden ist eine 10-seitige Story über das 380 Hektar große geschichtsträchtige Gelände auf dem die Royal Air Force und zuletzt unter dem Namen »Princess Royal Barracks« die britischen Streitkräfte stationiert waren. Auf den Seiten haben viele beeindruckende Bilder einen Platz erhalten. Was wir nicht verraten haben: Auch Daniela Toman vom Flugplatz Museum Gütersloh war bei unserer Entdeckungstour über das Flughafengelände mit von der Partie. Als Landschaftsarchitektin und Expertin für Flora und Fauna hat sie uns Spannendes über das Areal und die Artenvielfalt berichtet. Wir wollen euch die Bilder natürlich nicht vorenthalten und zeigen wie die Natur sich das Gelände zurückerobert.
Mit dem Passieren der Sicherheitskontrollen wird die Atmosphäre mit jedem Meter, den wir weiter in das Areal eindringen bemerkenswerter. Wir stoppen in der Nähe der 2252 Meter langen Start- und Landebahn. Dort wo einst Abfangjäger, Kampfflugzeuge und sogar eine Boeing 767 der Britannia Airways mit Gedonner in die Lüfte starteten, ist heute nur noch das idyllischen Zirpen der Grillen und das Rauschen des Grases zu vernehmen. Zwischen den langen Gräsern, aber auch direkt am Asphalt der Landebahn entdecken wir gelbe, weiße, blaue und rosafarbene Farbtupfer. Daniela Toman erklärt uns, dass die Grünflächen über zig Jahre nicht gedüngt wurden.
Dadurch konnte sich ein nährstoffarmer Magerrasen entwickeln, der heute das Zuhause zahlreicher seltener, schützenswerter und vom Aussterben bedrohter Pflanzen- und Tierarten ist. Nicht ohne Grund wurden die Freiräume beiderseits der Start- und Landebahn im Rahmen der landesweiten Biotopkartierung als schützenswerte Biotope nach §30 des Bundesnaturschutzgesetzes oder als spezielle europäische Schutzgebiete eingestuft. Von den festgestellten Pflanzen stehen 44 Arten auf der Roten Liste bzw. auf der Vorwarnliste NRW.
Neben einzelnen Arten, wie der Ochsenzunge, gedeihen hier auch ganze Vorkommen gefährdeter Pflanzengesellschaften. Dazu gehört neben dem Silbergrasflur, dem Borstgras- und der Sandstraußgrasrasen auch der einzigartige »rosarote Teppich«, den wir hier entdecken. Wir erfahren, dass der Heidenelkenrasen mit 44,5 Hektar sogar die bedeutendste Fläche in der gesamten Westfälischen Bucht darstellt. Auf unserer Tour lernen wir viele für den Magerrasen typische Pflanzenarten kennen, die man sonst wirklich selten zu Gesicht bekommt. Eine kleine Auswahl davon findet sich auf diesen Seiten wieder.
Und dann erfahren wir noch etwas Interessantes: Vor langer Zeit wurde das Gebiet westlich der Stadt – vom heutigen Flugplatz bis zum Pavenstädter Weg im Süden, zur »Neuen Mühle« und weiter bis zur heutigen Buxelstraße – von Sanddünen dominiert, zwischen denen sich Wiesen und Felder mit weiten Heideflächen ausbreiteten. Dort, wo heute die Start- und Landebahn im Grünen schlummert, gab eine hohe Sanddüne einen grandiosen Blick auf die umgebene Landschaft und die Kirchtürme von Gütersloh (Martin-Luther-Kirche), Isselhorst, Brockhagen, Marienfeld, Herzebrock, Rheda und Wiedenbrück her. Diese besondere Landschaft gab dem Gebiet den Namen »Gütersloher Schweiz« und auch Gütersloh selbst den liebevollen Beinamen »eine kleine Heidestadt«.
Die weiten Grünflächen auf dem Areal sind auch zum Lebensraum vieler seltener Tierarten geworden. Neben Insekten, Käfern, Schmetterlingen und Eidechsen werden etwa 50 geschützte Vogelarten auf dem ehemaligen Flugplatz vermutet. Darunter die Feldlerche, der große Brachvogel und der Wiesenpieper. Zu beiden Seiten der Start- und Landebahn brütet sogar der größte Brutbestand der Feldlerche im ganzen Kreis Gütersloh. Denn die Vögel finden hier in der schütteren, insektenreichen Wiese ein optimales Biotop, wie wir erfahren.
Zuletzt sollen auch die großen Trocken- und Magerrasengesellschaften im Süden des Flugplatzes – einschließlich der Start- und Landebahn und den Staffelkomplexen – zum größten Teil unter Naturschutz gestellt werden. Die Einstufung als »Nationales Naturerbe« ist der erste Schritt dorthin. So ist diese Fläche zwar noch nicht gesetzlich geschützt, wohl aber für die Natur gesichert. Wir sind angetan von diesem Naturschatz quasi direkt vor unserer Haustür und empfehlen allen Interessierten und Neugierigen eine Flugplatzführung über das Gelände. · cha