Es ist eine lange Tradition in Verl: Seit 47 Jahren präsentieren die Laiendarsteller der Kolping-Theatergruppe einmal im Jahr ein aufwändig einstudiertes Bühnenstück vor großem Publikum. Diesmal steht die bekannte Komödie »Love & Peace im Landratsamt« von Andreas Wening auf dem Programm. Carl durfte an einem Freitagabend, nur wenige Wochen vor der Premiere, bei den Proben in der Aula der Realschule Verl zuschauen und einen Einblick bekommen, wie viel Arbeit von der Idee bis zum bühnenreifen Theaterstück steckt.

Verabredet sind wir mit Hedwig Lükewille. Sie ist gemeinsam mit Helmut Arens für die Regie und Gesamtleitung verantwortlich. Schnell wird uns klar: Alle hören hier heute auf ihr »Kommando«. Aber erst einmal erfahren wir, dass sich die Laiendarsteller schon Ende vergangenen Jahres das erste Mal für die neue Saison getroffen haben. Schließlich mussten erst viele Drehbücher studiert werden, bis ein geeignetes Stück für die »Truppe« gefunden war. Nach der Rollenverteilung und den ersten Leseproben wird seit Januar zweimal wöchentlich auf der Bühne geprobt - Satz für Satz, Szene für Szene und Akt für Akt. Immer dabei: Souffleur Marcel Schnettler. Kurz nach 19:00 Uhr treffen die ersten Mitspieler zur Probe in der Aula ein. Die Mitspieler, das sind in diesem Jahr zwölf Laiendarsteller, die in ihrer Freizeit mit viel Engagement und Herzblut den lustigen Dreiakter von Andreas Wening proben. Nicht weniger Akteure sind »hinter den Kulissen« aktiv. Sie sorgen seit Wochen für den Bühnenbau, die Technik, Beleuchtung, Requisite und Kostüme. Sebastian Stüker kennt jeden Handgriff.

Seit vierzehn Jahren übernimmt er während der Proben und Aufführungen gerne die Verantwortung für den Vorhang, das Licht, die technische Einrichtung und den Umbau auf der Bühne. Tatkräftige Unterstützung bekommt er in diesem Jahr von Requisiteur Hendrik Diermann. In tagelanger Feinarbeit hat das Bühnenbau-Team schon die Spielwände aufgestellt und tapeziert, zwei Türen jeweils rechts und links für die Auftritte der Darsteller eingebaut. Ein Schreibtisch steht in der linken Hälfte der Bühne, ein Besprechungstisch in der rechten. Wir bekommen einen Eindruck vom Vorzimmer des Landrats Bernhard Oppenau, gespielt von Raimund Diermann.

 

Und dann beginnt die Probe für den ersten Akt. Darin geht es um seine Wiederwahl, die auf den ersten Blick nur Formsache scheint. Doch schnell wird klar, dass die emanzipationswütige Oppositionsführerin Hilde Brustwickel-Schnödesenf, alias Maria Schröder, und der ambitionierte Wahlhelfer Marcel Meisner, gespielt von Simon Jakobi, für eine Verkettung von amüsanten Missverständnissen sorgen. Als die flippige Tamara Bloomberg, alias Ulrike Schönau, auf der Bühne erscheint, ist das geruhsame Leben des Landrats endgültig vorbei.

Der jüngste Darsteller, Journalist Timo Treiber, wird überzeugend vom erst 18-jährigen Jan Pollmeier gespielt. Nachwuchsprobleme hat die Theatergruppe nicht. Wir sind überrascht, wie viele junge Laiendarsteller in ihrer Freizeit an den unzähligen Proben teilnehmen, Texte auswendig lernen und schließlich an vier aufeinanderfolgenden Wochenenden vor großem Publikum spielen. Den Zeitaufwand nehmen Darsteller und mehr als 30 Mitwirkende gerne auf sich. Sie sind inzwischen zu einer großen Familie zusammengewachsen. Und das spüren auch die Zuschauer, die den Aufwand schon seit Jahren mit ausverkauften Vorstellungen belohnen. Aus Sicherheitsgründen dürfen zu jedem der insgesamt zehn Termine nur jeweils 199 Stühle besetzt werden.

Wenn der Kartenvorverkauf beginnt, bilden sich morgens ab sechs Uhr schon lange Schlangen vor der Verkaufsstelle. Das Beste aber erfahren wir zum Schluss: Es ist nicht allein der zeitliche Aufwand, den hier viele Ehrenamtliche monatelang betreiben. Der Erlös aus den Vorführungen kommt jedes Jahr verschiedenen sozialen Einrichtungen zugute. Allein 2016 wurden rund 9 000 Euro unter anderem an die Lebenshilfe, die DLRG-Jugend, die Caritas, zwei Kindergärten und weitere Institutionen gespendet. Wer jetzt noch das Glück hat, die ein oder andere Karte für eine Vorstellung zu ergattern, der sollte sich »Love & Peace im Landratsamt« auf keinen Fall entgehen lassen.

Fotos: Sven Grochholski
Text: Petra Heitmann