Druckpressen, Maschinen, Farben, Pinsel, Werkzeuge und Materialien wohin man schaut: Die Atmosphäre in der Künstler-Werkstatt von Yvonne Sneller könnte nicht inspirierender sein. An zwei Wochenenden im Monat wird der Fachwerkkotten der Künstlerin zum Tref fpunkt für Studierende der Freien Kunstakademie Verl.

Es gibt nicht viele Orte in der Region, an denen man die vielseitigen Techniken der Druckgrafik gleichzeitig erlernen kann. Hier in der Werkstatt jedenfalls stehen alle klassischen Druckverfahren vom Linolschnitt über den Holzdruck, von der Radierung bis zur Lithographie zur Verfügung. Yvonne Sneller leitet die Kunstakademie seit ihrer Eröffnung im Jahr 2003. Seitdem hat die gebürtige Holländerin rund 60 Studenten bei ihrem interdisziplinären Studium für freie Malerei und Grafik erfolgreich begleitet.

Bevor sie in die Werkstatt dürfen, haben die meisten Studenten bereits ein Grundstudium von zwei Semestern abgeschlossen und dabei künstlerisch-theoretisches Wissen, aber auch praktische Kenntnisse in der Malerei erworben. Schließlich steht die Zeichnung am Anfang eines jeden Druckverfahrens. Während in der Malerei direkt auf Papier oder Leinwand gearbeitet wird, findet die grafische Arbeit zunächst auf dem sogenannten »Zwischenträger« statt. Das kann eine Holzplatte, ein Stein, eine Kupfer- oder Linoleumplatte sein. Darauf wird dann die Zeichnung übertragen und anschließend mit dem entsprechenden Werkzeug herausgearbeitet.

 

Neben Kreativität gehört dazu auch Kraft. Wir schauen Christine Spitzer bei der Bearbeitung einer großen Holzplatte über die Schulter. Sie hat das Studium an der Kunstakademie fünf Jahre lang berufsbegleitend absolviert und 2015 erfolgreich abgeschlossen. An diesem Samstag nutzt sie die Druckpresse in der Künstler-Werkstatt für einen ersten Andruck ihres jüngsten Projektes. Immer wieder schneidet sie reliefartige Teile aus dem schweren Holzblock. Die verbleibenden erhabenen Stellen werden eingefärbt und mithilfe der Presse auf das Papier gedruckt.

Der entstehende Abdruck wird seitenverkehrt dargestellt. Ebenso wie bei der Linoleumplatte, die gerade von Anna Maria Tengler am Nachbartisch bearbeitet wird. Der Linolschnitt ist eine graphische Technik, die im Hochdruckverfahren arbeitet und vom Prinzip dem Holzschnitt gleicht. Wichtig dabei ist das räumliche Vorstellungsvermögen. Alles, was einmal herausgeschnitten wurde, bleibt für immer »unsichtbar«.

Das endgültige künstlerische Werk aber entsteht erst beim Druckvorgang, ganz gleich mit welcher Technik. Die Grafik lebt bis zuletzt vom Ungewissen, vom Eigenleben und manchmal auch vom Misslingen. In der Werkstatt ist daher Geduld und Zeit erforderlich - so viel, dass ein Wochenende allein oft nicht ausreicht, um eine Idee in einen Druck zu verwandeln. Carl wünscht dafür weiterhin viel Kraft, Inspiration und Kreativität!


Fotos und Text: Petra Heitmann