Wenn Carl über die »Kulturmetropole Gütersloh« spricht, schwingt selbstredend ein wenig Selbstironie mit. Aber warum eigentlich? Gerade in diesem Jahr haben sich einige alte und neue Kulturschaf fende aufgemacht, die Landschaft mit Vielfältigkeit zu prägen. Da wir das gut finden und uns auch selbst einreihen möchten, stellen wir seit Monaten in loser Folge Künstler und Projekte vor, die in irgendeiner Form einen Bezug zu Gütersloh haben. Die »Kleine Bühne im Kesselhaus« darf man da in diesen Tagen nicht vergessen.
Bereits seit einigen Jahren hat sich der »kleine Saal« der Weberei kontinuierlich vom fast vergessenen Kleinod zum Anker subkultureller Veranstaltungen gemausert. Der »Slam GT« hat hier im Kesselhaus laufen und fliegen gelernt, die Gütersloher Polyphonie hat Kontrapunkte gesetzt. Um die Entwicklung positiv weiterzutreiben, hat sich vor Jahren der Verein »Kleine Bühne e.V.« gegründet und Akzente gesetzt. Und in diesem Herbst – so kann man bereits festhalten – ist nun richtig Dampf auf dem Kessel im denkmalgeschützten ehemaligen Industriegebäude. Hier, wo vor mehr als hundert Jahren Dampfmaschinen die Antriebsenergie für Webstühle lieferten, lässt sich heute Kraft und Freude für den Alltag tanken.
Eine große Anzahl ehrenamtlicher Kulturmacher kümmert sich mit viel Engagement um abwechslungsreiche Vorstellungen für ein buntes Publikum, das zu verträglichen Eintrittspreisen einen unterhaltsamen Abend genießen soll. Mehrere Veranstaltungsreihen stehen dabei zur Auswahl – teilweise als etablierte Angebote, teilweise als gänzlich neue Formate.
So etwa die neue Reihe »New Artists«. Dort treffen kreative, technisch versierte Musiker auf ein begeisterungsfähiges Publikum. Die eingeladenen Künstler stehen häufig am Anfang einer viel versprechenden Karriere und viele von ihnen wird man später auf den großen Bühnen erleben können.
Den Kontrapunkt dazu setzt die Reihe »Sonic«, die das Kesselhaus zum Spielort für ungewöhnliche, teils experimentelle Klänge und multimediale Installationen macht. Das Publikum darf sich auf eine facettenreiche und oft überraschende Entdeckungsreise in ungewöhnliche akustische und visuelle Welten freuen. Und die reichen von freien Jazz-Improvisationen bis Krautrock, Psychedelia oder Ambient. Eine Brücke zwischen E- und U-Musik schlägt zudem der »Piano-Salon« des Pianisten Tobias Schössler.
Zum Programm darf man natürlich weiterhin den Gütersloher Poetry-Slam »Slam GT« und das Musikformat »MuKKe« zählen. Interessante Interaktionen zwischen Wort und Musik, dem Blues und der Welt kreiert Michael van Merwyk bei seinen Gesprächskonzerten »Talk & Play mit MvM« mit wechselnden Gästen. Ein echtes Herbst-Highlight wird zudem die Szenische Lesung »Götz« mit einer extrem bearbeitete Version des Goethe-Stoffes von und mit Jörg Schulze-Neuhoff im Rahmen der »Lesestadt Gütersloh«. Das ist Vielfalt – hin da!
Foto: Gütersloh TV
Text: Benedikt Hensdiek