Eigentlich sollte uns beim intensiven Nachdenken über Risiken und Nebenwirkungen von Herzerkrankungen Angst überkommen – denn noch immer steht ein Infarkt ganz oben auf der Liste der Alltagsrisiken. Rund 1000 Notfall-Einlieferungen aus dem gesamten Kreis Gütersloh gibt es jedes Jahr allein am Klinikum Gütersloh. Was jedoch nicht alle wissen: Wer hierherkommt, hat die besten Voraussetzungen für eine schnelle und gute Genesung. Denn innerhalb der letzten Jahre wurde hier die »Klinik für Innere Medizin I« mit Kardiologie, Rhythmologie und Intensivmedizin als eine der führenden in NRW etabliert – vergleichbar mit vielen Herzzentren oder auch der spezialisierten Uniklinik Köln und seit rund zwei Jahren zertifizierte Ausbildungsstätte im Bereich der Rhythmologie. Wir haben Chefarzt Privatdozent Dr. Fikret Er vor Ort besucht und mit ihm über seine prägende Arbeit, technischen Fortschritt, aber auch das »Sterben Dürfen« gesprochen.

Seit 2013 ist Dr. Fikret Er am Klinikum Gütersloh beschäftigt und ein echter Glücksgriff für Gütersloh. Angetreten ist er mit viel Erfahrung aus der Arbeit am Herzzentrum der Universitätsklinik Köln mit der Zielsetzung, das Klinikum Gütersloh mit seiner Profession weiter auszubauen und zu stärken. Und das ist ihm gelungen: In mittlerweile zwei Herzkatheterlaboren auf technisch neuestem Stand kann alles abgerufen werden, was eine moderne Kardiologie braucht. Insgesamt acht Kardiologen behandeln hier rund um die Uhr krankhafte Veränderungen in der Struktur und Funktion der Herzmuskulatur, der Herzklappen und der Herzkranzgefäße. Ein starkes und vor allem eingespieltes und sehr erfahrenes Team.

Nicht von ungefähr kommt also die Zertifizierung des Klinikums durch die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK) als Ausbildungsstätte. Gelehrt wird hier von den Besten des Faches unter anderem im Austausch mit der Universität Münster, deren Studenten regelmäßig in Gütersloh zum Einsatz kommen. So herrscht durchaus ein Stück weit universitäres Flair, wovon alle Seiten profitieren. »Unsere Stärke ist die Mannschaft«, weiß Dr. Fikret Er und lässt klar durchscheinen, dass er seine Fähigkeiten und Erfahrungen gerne an die jungen Ärzte weitergibt.

So verwundert es nicht, dass der Chefarzt den Standort Gütersloh aufgrund seiner vielen Kontakte aus der Zeit an der Uniklinik Köln auch als Studienzentrum etabliert hat und neben eigenen Studien an nationalen und internationalen Projekten teilnimmt. »Unsere Ärzte und Studierenden sollen an der Wissenschaft teilhaben, sie mitgestalten und verstehen«, erklärt er. Das gilt für den Bereich der Erprobung neuer Wirkstoffe mit weltweit vielen tausend Teilnehmern ebenso, wie für den Einsatz innovativer Methodiken – selbstverständlich unter Berücksichtigung der strengen Auflagen, die es für Studien in Deutschland gibt.

Bei aller spannenden Theorie interessiert uns vor allem die Praxis – und die führt uns wieder zur ängstlichen Situation, die bei Schmerzen in der Brust oder Atemnot schnell einsetzt. Denn beides kann neben eher untypischen Beschwerden wie Übelkeit und Erbrechen ein Zeichen für einen Herzinfarkt sein. Hier gilt es, die Situation lieber einmal mehr als einmal zu wenig gezielt abklären zu lassen. Genau dazu dient der ebenfalls von der DGK ausgezeichnete »Chest Pain Unit« (CPU) in der zentralen Notaufnahme am Klinikum Gütersloh, in der unklare Brustbeschwerden zügig durch Fachärzte abgeklärt und behandelt werden. Denn auf genau solche Notfälle, die innerhalb kürzester Zeit behandelt werden müssen, ist das eingespielte Team aus Ärzten und Fachpflegekräften um Chefarzt PD Dr. Fikret Er spezialisiert.

 

Kommt ein Patient mit unklaren Brustschmerzen ins Klinikum, prüft das Fachpflegepersonal der zentralen Notaufnahme die Basisparameter wie Blutdruck und Puls, leitet ein EKG ab und informiert umgehend einen Facharzt. Schnell steht fest, ob ein Herzinfarkt vorliegt oder ob die Schmerzen durch andere Erkrankungen oder lediglich durch Verspannungen ausgelöst wurden. »In vielen Fällen können wir nach der Untersuchung auch Entwarnung geben«, weiß der Chefarzt zu beruhigen. Im Notfall allerdings verlieren die Ärzte keine Zeit.

Im Herzkatheterlabor weitet das Team verengte oder verschlossene Adern mithilfe eines Ballonkatheters, um die Durchblutung wiederherzustellen und dadurch möglichst viel Herzmuskelgewebe zu retten. Diese »Spezialeinheit« steht an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr für akute Fälle bereit und ist eine unabdingbare Voraussetzung für die CPU-Zertifizierung. Auf der Internistischen Intensivstation wie auch auf der Station 15 der Inneren Medizin werden die Patienten mit einer Herzerkrankung anschließend zur Sicherheit mit Hilfe eines Monitoring Systems überwacht.

Und das führt uns einmal mehr zu beeindruckenden Zahlen: Internationale Leitlinien fordern, dass maximal 120 Minuten vom Erstkontakt des Patienten bis zur Weitung der verengten oder verschlossenen Ader vergehen sollten. Viele Kliniken in Deutschland schaffen dies in 90 Minuten. Durch gezieltes Training und eine intensive Abstimmung der Abläufe nicht zuletzt mit dem perfekt organisierten Rettungsdienst im Kreis benötigt das Team von PD Dr. Fikret Er im Schnitt bei mehr als 500 Infarkten pro Jahr unter 60 Minuten. »Die Kardiologie ist die schnellste Medizin, die wir haben«, beschreibt der Chefarzt. Das heißt vor allem, dass umgehend richtig gehandelt werden und jeder Handgriff sitzen muss.

Natürlich werden aber in der Klinik für Innere Medizin I nicht nur Notfallpatienten behandelt. Im Jahr 2016 wurden insgesamt 4216 Patienten stationär und rund 2000 Patienten ambulant behandelt, im Herzkatheterlabor gab es 2270 Untersuchungen und 393 Schrittmacherimplantationen, davon 111 Defibrillatoren. Ein großer Schwerpunkt der Arbeit liegt in der Rhythmologie, in der mit Hilfe von Standard- und 3-dimensionalen Mappingverfahren Herzrhythmusstörungen exakt festgestellt und mit Wärme, Kälte oder Laser behandelt werden. Das rhythmologische Team steht für einen maßvollen und individuellen Einsatz der unterschiedlichen Behandlungsmöglichkeiten ein. Durch speziell entwickelte Techniken wird die Implantationszeit von Schrittmachern und Defibrillatoren verkürzt, so dass Röntgenstrahlen eingespart werden. Auch über die Stadtgrenzen hinaus werden Patienten zur Implantation eines sogenannten 3-Kammerschrittmachers in das Klinikum eingewiesen. Schonende Implantationstechniken und die richtige Auswahl der Geräte sorgen für eine rasche Regeneration der Patienten, die häufig schon nach einem Tag wieder nach Hause gehen können.

Und noch ein Punkt ist PD Dr. Fikret Er ein Anliegen: »Bei uns darf der Mensch am Ende des Lebens in Würde sterben«, sagt er. Sofern Hoffnung für den Patienten besteht, wird natürlich alles getan. Rein technische Lebenserhaltungsmaßnahmen werden hier, wenn möglich mit dem Patienten oder mit den nahen Angehörigen intensiv besprochen. Dafür muss auch in der schnellen Medizin Zeit sein.

Die »Klinik für Innere Medizin I« im Klinikum Gütersloh ist mit ihrem engagierten und ambitionierten Chefarzt in allen Belangen der erste Anlaufpunkt bei Problemen mit dem Herzen. Und genau das sollte man im Notfall unbedingt wissen, denn dann zählt jede Minute!

Fotos und Film: Gütersloh TV
Text: Benedikt Hensdiek