Es gibt nur wenige Insektenarten, die ein so positives Image haben wie die Honigbiene. Die fleißige Arbeiterin, die unermüdlich summend und selbstlos den so schmackhaften, süßen Honig produziert und dabei Obstbäume, Gemüsepflanzen und Blumen bestäubt. Selbst die Möglichkeit eines schmerzhaften Bienenstichs wird den Honigbienen nachgesehen. Carl ist diesem Mythos nachgegangen und hat am Rande von Verl einem Imker und seinen Bienenvölkern zugeschaut. Hunderte von Bienen schwirren an diesem sonnigen Märzmittag durch die Luft. Mittendrin: Christoph Wilke. Er bleibt dabei ganz cool. Der erfahrene Imker muss es wissen – schließlich besitzt er schon seit 2004 eigene Bienenvölker. »Das Stechen gehört nicht zu den eigentlichen Aufgaben einer Biene«, erklärt er. »Denn es bedeutet den sicheren Tod für das Tier«. Trotzdem sind wir ein bisschen enttäuscht. Hatten wir uns doch schon auf den klassischen weißen Imkeranzug und den weißen Hut mit Netz vor dem Gesicht gefreut. Aber die Bienen sind so handzahm, dass man sie in professioneller Begleitung sogar ohne Schutzkleidung streicheln kann. Solange man ihnen nichts tut, stechen sie eben nicht.

Christoph Wilke ist seit 2007 erster Vorsitzender des seit mehr als 80 Jahren bestehenden Imkervereins in Verl. Seine Bienenvölker sind für ihn das größte Hobby und ein Grund, warum er sich über die Bienen hinaus für den Verein engagiert. Mit seinem ansteckenden Enthusiasmus ist es ihm gelungen, die Mitgliederzahl nicht nur auf 35 aktive Imker und 10 passive Mitglieder zu steigern, sondern darüber hinaus auch deutlich zu verjüngen. Nicht zuletzt führt der Vorsitzende diesen Erfolg darauf zurück, dass er über das Jahr verteilt regelmäßige Schulungen anbietet, um interessierten Bienenliebhabern den gesamten Bienenkreislauf, die Insekten und die Tätigkeit eines Imkers näherzubringen.

 

Mit dem beginnenden Frühjahr stattet der Bienenfachmann seinen Bienen fast täglich einen Besuch ab. In regelmäßigen Abständen wirft er dabei einen Blick in die Bienenbeute – so nennt er die Holzkiste, in denen jeweils ein Bienenvolk lebt. Im Hochsommer können hier übrigens bis zu 40 000 Bienen pro Volk leben. Dann stockt der Imker noch bis zu zwei Kisten auf, um den Tieren den nötigen Platz zu geben. Jetzt aber stößt er aus einem Blasebalg - im Imkerjargon auch »Smoker« genannt - eine Rauchwolke direkt in die Bienenbeute. »Wittern die Bienen Rauch, machen sie sich nämlich bereit für eine Flucht und einen langen Flug startklar«, erklärt uns der Bienenkenner. »Das kann ihnen bei einem Waldbrand das Leben retten. Denn sie nehmen als erstes Nektar für die Flucht auf und ignorieren den Angreifer – in diesem Fall den Imker«. Diese Verhalten machen sich also Imker mit dem Smoker zunutze, denn satte Bienen sind gleichzeitig ruhiger.

Dann hebt Christoph Wilke langsam den Deckel ab. Vorsichtig und mit ungeschützten Händen zieht er einen der zehn Holzrahmen mit Waben heraus, während ein unüberschaubares Gewusel krabbelnder, zitternder Leiber zum Vorschein kommt. Mit bloßen Finger streicht er die heimischen Bienen zur Seite, um uns die gefüllten Waben zu zeigen. Der erste Honigertrag stammt von den Obstblüten, ab Mitte Mai kommt der Honig aus den Rapsblüten hinzu und im Juli kann der Honig aus Lindenblüten geerntet werden. An guten Tagen können die Sammlerinnen eines Volkes mehrere Kilogramm Blütennektar einfliegen – kein Wunder, dass man immer von fleißigen Bienen spricht. Abhängig vom Wetter schaffen die zwölf Völker von Christoph Wilke im Schnitt etwa 250 Kilogramm pro Jahr. Der Lohn für ein geliebtes Hobby und ein wichtiger Beitrag für den Naturschutz. Wir haben das süße Gold natürlich auch probiert und waren davon ganz begeistert!

Fotos: Sven Grochholski
Text: Petra Heitmann