Mehr durch Zufall ist Carl im Februar auf ein ganz besonderes Relikt Gütersloher Stadtgeschichte gestoßen. Bei den Vorbereitungen des Sonderthemas »Was geht ab – Imprint« rund um den Dreiecksplatz (zu finden in Ausgabe 028, März 2017) waren wir unter anderem zu Besuch im Sicherheitsfachgeschäft von Ulrich Rüterbories. Und genau dort versteckt sich in der Tat historische Sicherheitstechnik – Made in Gütersloh!

Zwischen hochmodernen Tresoren mit Fingersprint-Sensoren, Geldkassetten und Sicherheitsschlössern fällt ein schmucker, mannshoher Tresor in angenehmer Weise aus der Reihe. Er besticht durch zahlreiche Verzierungen und eine edle Holzoptik – ein echtes Schmuckstück, das man sich ohne Zweifel auch im eigenen Wohnzimmer vorstellen kann. Ob das allerdings auch einem Aufbruch-Versuch standhalten kann?

Absolut! Denn auf genau diesem Wege ist das Stück in den Besitz von Ulrich Rüterbories gekommen. Über mehrere Stunden und in aller Ruhe müssen Einbrecher in einem Spexarder Privathaushalt versucht haben, den Tresor zu öffnen – ohne Erfolg. Der »garantierte Stahlpanzer«, der auf einer Plakette im Innern bescheinigt wird, hat trotz deutlich sichtbarer Schäden an der Außenhülle standgehalten. Im Rahmen der aufwändigen Restauration im Hause Rüterbories kam dann die Geschichte des Tresores aus Gütersloher Wertarbeit zutage.

 

Produziert wurde das Stück mit der Nummer »G.W.4« Mitte des Jahres 1899 vom Familienunternehmen Gustav Wilmking in Gütersloh, das sich in frühen Jahren der Metallverarbeitung verschrieben hatte. Mit seiner ausgeklügelten Verschlusstechnik, sichtbaren massiven Bolzen und viel Liebe zum Detail kann der etwa 300 Kilogramm schwere Tresor auch heutigen Ansprüchen gerecht werden, wie die Erfahrungen belegen.

Rund 9000 Euro hat Ulrich Rüterbories in die Restauration des erhaltenswerten Stückes Gütersloher Industrie-Geschichte, von dem es nur noch zwei nachweisbare Exemplare gibt, investiert. Vor allem die feine Holzmaserung, die zu unserer Verwunderung gar nicht echt, sondern auf den Stahl aufgemalt ist, war in der Rekonstruktion sehr aufwändig. Den kaum ein Maler beherrscht die genutzte, verblüffend echt wirkende Technik heute noch. Entsprechend glücklich war der neue Besitzer, mit dem Malermeister Altewischer noch einen Maler »vom alten Schlag« dafür begeistern zu können.

Begeisternd ist auch ein weiteres, im wahrsten Sinne des Wortes kleines Detail: Zwischen Tresor und Unterschrank – der tatsächlich aus Holz gefertigt wurde – zeigt ein kleines handbeschriebenes Schild den »Lebenslauf« mit zahlreichen Daten: Gebaut 1899 im Juli, umgezogen am 27. September 1910, ein weiteres Mal am 28.01.1911 und im Jahr 1923. Besser kann eine Historie gar nicht belegt sein.

Fotos: Sven Grochholski
Text: Ben Hensdiek