Es gibt nicht viele Menschen, die von sich behaupten können, ihren Traum im Beruf zu leben – und das gleich in mehrfacher Hinsicht. Ob als Maschinenbauingenieur oder als Hobbymusiker, Thomas Strieker vereint im Gitarrenbau beide Leidenschaften gleichermaßen. Carl war zu Gast in seinem Haus in Verl. Denn hier in einer ruhigen Wohnsiedlung am Ende einer Stichstraße entwickelt er einzigartige Unikate aus Carbonfasern mit dem Ziel, der »perfekten Gitarre« jeden Tag ein Stück näher zu kommen. Und wir sind gespannt auf den Menschen, der diese speziellen Instrumente in Verl konstruiert und anfertigt.
Die Liebe zur Musik entdeckte Thomas Strieker schon in frühester Jugend. Seine erste Gitarre baute er dann im zarten Alter von gerade mal 15 Jahren. Doch bis zur Entscheidung, »Handcrafted Guitars made of Dragonbone« professionell zu entwickeln und herzustellen, vergingen noch einmal 20 Jahre. Einer Ausbildung zum Industriemechaniker folgte das Maschinenbaustudium und die von ihm und seinem Bruder gegründete Firma »Silence Aircraft«. Hier sammelte der »Erfinder« neun Jahre lang als Geschäftsführer Erfahrungen im Leichtflugzeugbau, die er heute bei der Entwicklung seiner Gitarren einfließen lässt.
Nach einem offenen, lockeren Empfang bekommen wir im Dachgeschoss des Hauses einen Einblick, wie der Gitarrenbauer aus seiner ersten Idee am Computer ein neues Instrument entstehen lässt. Verschiedene Elemente werden später anhand dieser Daten millimetergenau von einer CNC-Maschine in einem separaten Kellerraum angefertigt und dann manuell verfeinert.
Es war vor allem das besondere Interesse an der vielseitigen Spieltechnik des modernen Fingerstyle, das den Hobbymusiker zur Entwicklung seiner individuell handgefertigten Gitarren inspirierte. Und so entstand auch die Idee einer »Leviora«-Gitarre – lateinisch die Leichtere, die sich eben durch eine besonders leichte Faserverbundbauweise, durch geringe Eigendämpfung und entsprechende Schlagfertigkeit gegen perkussive Schläge auszeichnet. Das Ergebnis sind absolut zuverlässige Instrumente mit einem unglaublich warmen, klaren und ausgewogenen Klang, mit kräftigen tragfähigen Bässen und mit ausbalancierten voluminösen Höhen. Genau davon gibt uns Thomas Strieker dann eine ganz persönliche Kostprobe in seinem Studio. Namhafte, international bekannte Künstler wie Fontaine Burnett, Don Alder, Don Ross, Calum Graham und viele andere spielen heute auf diesen Gitarren »Made in Verl«. Und nicht selten sind die Musiker hier auch zu Gast, um sich vom Sound dieser einzigartigen Steelstring- oder Konzertgitarren zu überzeugen und dem Gitarrenbauer in seiner Werkstatt über die Schulter zu schauen.
Es geht in das »Herzstück« der kleinen Manufaktur. Hier dürfen wir zuschauen, wie die Leviora-Gitarren mit viel Akribie und dem besonderen Blick fürs Detail in einem aufwändigen Produktionsprozess vom Entwickler persönlich handgefertigt werden: nach traditioneller Gitarrenbaukunst unter Verwendung von bewährten Edelhölzern, aber einzigartig durch den kompromisslosen Einsatz von Carbonfasern. Durch die handwerkliche Anordnung einzelner Faserelemente hat der Maschinenbauingenieur ein absolut neues Verbundmaterial entwickelt, das den geschützten Namen »Dragonbone« trägt und den Instrumenten ihre hohe Stimmstabilität, robuste Straßentauglichkeit und hervorragende Klangeigenschaften verleiht.
Genauso kompromisslos verwendet der gebürtige Verler diese Carbonfasern im gesamten Hals der Leviora-Gitarren. Dabei entsteht durch eine speziell abgestimmte Konstruktion ein absolut biege- und torsionssteifer Instrumentenhals, der sich zusätzlich positiv auf den Klang der Gitarre auswirkt. Für das Griffbrett hingegen setzt Thomas Strieker ganz traditionell auf Ebenholz. Während der Gitarrenbauer die Enden der Edelstahlbünde mit einem speziellen Kugelschliff bearbeitet, sieht man ihm die Leidenschaft und Freude für seinen Beruf deutlich an, aber auch den Wunsch, seine Instrumente stetig weiterzuentwickeln. Eine seiner Innovationen ist unter anderem ein neuartig entwickeltes Bajonett-System, das ein extrem schnelles und einfaches Wechseln der Gitarrensaiten ermöglicht. »Jedes noch so kleine Bauteil meiner Musikinstrumente wird von mir ständig weiterentwickelt und in die Kette der Klangerzeugung mit eingebunden«, erklärt er. »Denn meine Philosophie ist es, wirklich besondere Instrumente herzustellen – Gitarren aus edelsten Materialien für ein ultimatives Klangerlebnis«.
Die kleinen Klangwunder, die Thomas Strieker in seiner Manufaktur nach individuellen Wünschen entstehen lässt, werden nach der Produktion selbstverständlich noch einmal persönlich von ihm überprüft und entsprechend dem Kammerton a mit 440 Hz gestimmt. Jedes noch so kleine Bauteil und nicht zuletzt auch die Lackierung und Verzierungen werden dabei besonders »unter die Lupe« genommen. Kein Wunder, dass der bekannte Künstler und Multi-Instrumentalist, Fontaine Burnett, über seine Leviora sagt: »Ich bin schwer verliebt in diese Gitarre!«. Denn genau das können auch wir nach unserem Besuch sehr gut nachvollziehen.
Fotos: Sven Grochholski
Text: Petra Heitmann