Elfmeter, Abseits und Torjubel: Wenn es um die absolute Lieblingssportart der Deutschen geht, rückt alles andere schon mal in den Hintergrund. Ob im Wohnzimmer, beim Public Viewing oder auf der Fanmeile – der Kampf um das runde Leder lässt uns im Freudentaumel versinken und treibt so manche unter uns auch schon mal an den Rand der Verzweiflung. Auch die Gütersloher Fußballgeschichte hat turbulente Zeiten hinter sich: Von den Anfängen im 19. Jahrhundert über den »Gütersloher Fußballkrieg« zwischen Blau-Weiß und Grün-Weiß bis hin zum FC Gütersloh gab es viele besondere Fan-Momente, Rivalitäten und Kuriositäten, die unsere Stadt bewegt haben. Auf diesen Seiten präsentieren wir euch ein Stück Gütersloher Fußballgeschichte – ein Appetithäppchen, das auf jeden Fall Lust auf mehr macht!
Der Ball beginnt zu rollen
…und zwar im 19. Jahrhundert. Denn schon die Schüler des Evanglisch Stiftischen Gymnasiums spielen einen fußballartigen Sport, ähnlich dem Rugby Football. 1878 entsteht mit dem Gymnasial Spielverein der erste Verein mit dem Fokus auf Fußball. Gespielt wird in Blau-Weiß auf dem neu angelegten Sportplatz am Stadtpark, in direkter Nähe zur ehemaligen Gastwirtschaft Bockskrug. Nur ein Jahr später bringt ein einziges Spiel eine bleibende Veränderung: Im Spiel gegen den Schülerverein Bad Oeynhausen wird auf die englische Variante, den »Association Football« – nach den Regeln der Football Association, dem ersten Fußballverband der Welt – umgestellt. Hier wird Fußball zum ersten Mal so gespielt, wie wir es heute kennen.
Turbulente Zeiten
Während des ersten Weltkriegs verschwindet Fußball fast ganz von der Bildfläche, stattdessen wird das deutsche Schlagballspiel stark gefördert. Nach dem Krieg bildet sich mit der Sportvereinigung Gütersloh 1918 dann der erste offiziell eingetragene Verein. Durch die Trennung von Turnvereinen und Sportabteilungen entstehen viele weitere kleine Vereine. 1933 vereinigen sich zwei von ihnen und verschmelzen zum »Sportverein Arminia«. Die Fußballer trainieren und spielen im neuen Heidewaldstadion, damals noch Adolf-Hitler-Kampfbahn genannt. Im zweiten Weltkrieg ist dann vorerst Schluss mit Fußball, denn kaum ein Verein ist in der Lage einen Kader aufzustellen. Damit es nach den Kriegsjahren schnellstmöglich wieder aufs Feld bzw. ins Stadion gehen konnte, fusionierten die Sportvereinigung Gütersloh 1918 und der Sportverein Arminia im August 1945 zur »Sportvereinigung Arminia von 1918 e.V.«, eher bekannt als SVA Gütersloh. Gespielt wird im Heidewaldstadion, nun benannt nach dem gleichnamigen Waldstück. Der Verein steigt in die 2. Landesliga Westfalen auf und legt so den Grundstein für weitere sportliche Erfolge. Und auch für das Heidewaldstadion beginnt eine neue Epoche. Die typischen Kurvenerhöhungen aus dem Radsport werden in Stehtribünen verwandelt und die SVA zum neuen Pächter des Stadions. Mit dem schmucken Stadion lassen weitere Erfolge nicht lange auf sich warten: Im Sommer 1951 wird die SVA erneut Tabellenerster. Zwei Jahre später kommt es dann zu einem weiteren bedeutenden Einschnitt im Gütersloher Fußball: Die Vereine DJK Blau-Weiß Gütersloh und DJK Gütersloh-Süd spalten sich von der SVA ab.
Der Fußballkrieg
Nachdem die SVA auf ein Sponsoring-Angebot von Unternehmer Willy Stickling verzichtet, verhilft der Möbelfabrikant der DJK mit seinem Geld zu finanziellem Rückenwind und schließlich zum Aufstieg in die Landesliga. Hier kreuzen sich erstmals die Wege mit der SVA Gütersloh und es beginnt eine Rivalität, die das Leben der Gütersloher Fußballfreunde über Jahrzehnte prägen sollte. Ein Fußballkrieg – wie der Kicker titelte – der sich nach dem Aufstieg der Vereine in der Verbands- und Regionalliga fortführt. Nach dem Sieg der DJK bei den Westfalenmeisterschaften verweigert die SVA ihren Konkurrenten auch noch die Nutzung des Heidewaldstadions. Letztendlich löst die Stadt Gütersloh das Platzproblem und kauft der SVA den Pachtvertrag ab. Fortan begegnen sich beide Vereine zu den legendären Lokalderbys im Heidewald. Das Stadion ist berstend voll und Gütersloh außer Rand und Band. Mit zwei Clubs im bezahlten Fußball wird das Heidewaldstadion erneut ausgebaut und im September 1972 durch die zweifache OIympiasiegerin Heide Rosendahl eingeweiht. Zeit also für neue Rekorde, diesmal in Sachen Zuschauer: 15 000 Fans verfolgen das Spiel zwischen der SVA Gütersloh und dem DSC Arminia Bielefeld. Später verpasst die SVA den Sprung in die neu geschaffene zweite Bundesliga, während die DJK die Hürde absolviert und als Zweitliga-Club die erste Kraft im Gütersloher Fußball wird.
Der FC Gütersloh
Nachdem die DJK 1976 aus der 2. Bundesliga wieder in die Verbandsliga absteigt, fusionieren die beiden Vereine aufgrund von knappen Ressourcen im Mai 1978 zum FC Gütersloh (FCG). Das neue Logo vereint die Farben der DJK und der SVA (Blau-Weiß-Grün) und zeigt einen fliegenden Ball mit grünem Schweif, der die Hoffnung symbolisiert, an die goldenen Zeiten des Fußballs anknüpfen zu können. Doch immer wieder kommt es zu Rivalitäten zwischen SVA- und DJK-Anhängern. Erst Spiele gegen gemeinsame »Gegner« lassen den Verein langsam wieder Zusammenwachsen. Damit stellen sich dann auch erste sportliche Erfolge ein: Der FCG gewinnt das erste Meisterschaftsspiel der Vereinsgeschichte vor 3 500 Zuschauern mit 7:3 gegen den Ahlener SV und etabliert sich so in der Spitzengruppe der Oberliga Westfalen. Im Jahr 1984 kommt es aufgrund des Nettoliga-Skandals beinahe zum Zwangsabstieg sowie zu Sperren für die Profispieler Volker Graul und Roland Peitsch: Ihre mit dem Mäzen Heinz Steinkamp ausgehandelten Privatverträge verstoßen gegen das damals noch geltende Amateurstatut. Statt der erlaubten 700 DM sollen Graul 180 000 DM und Peitsch 50 000 DM netto pro Saison verdient haben. Nachdem Steinkamps Firma Konkurs anmeldet, verklagen Graul und Peitsch den FCG auf Zahlung der Gehälter. Es kommt zu einem Prozess und schließlich zu einer Geldstrafe von 10 000 DM für die beteiligten Protagonisten. Nach dem Prozess reformiert der Deutsche Fußballbund den Spielbetrieb im Amateurfußball. Somit schreibt der FCG, wenn auch negativ, Fußballgeschichte.
Nach dem Rausch der Westfalenmeisterschaft im Jahr 1984 hält sich der FCG über mehrere Jahre im Mittelfeld der Oberliga. Auf heimischen Platz erzielt Gütersloh im DFB Pokal 1989/1990 ein 1:1 gegen den damaligen Zweitligisten Hertha BSC. Das Rückspiel im fast menschenleeren Berliner Olympiastadion ist den 300 mitgereisten FCG Fans nicht nur wegen der abenteuerlichen Fahrt durch die DDR in Erinnerung geblieben. Denn durch ein Tor von Meik Tischler gewinnt der FCG sensationell mit 1:0 und lässt die Gütersloher Fans vom DFB-Finale träumen. In der zweiten Runde ging es dann gegen den VfB Stuttgart, der mit Eike Immel und dem späteren Helden der WM 1990 Guido »Diego« Buchwald in Gütersloh antritt. Im heimischen Heidewald Stadion hat der FCG dann fast eine weitere Sensation auf dem Fuß. Aber eben nur fast, denn in der Schlussminute der regulären Spielzeit trifft der FCG aus einem Meter Entfernung das Tor zum Siegtreffer nicht. In der Verlängerung verliert der FCG das Spiel dann klar mit 0:2.
Die folgenden Jahre sind eher von Mittelmaß und Abstiegskampf geprägt – bis zur Neuaufstellung durch Volker Graul. Der FCG steigt in die Regionalliga auf und die erfolgreichsten Jahre beginnen. Namhafte Spieler wie Heiko Bonan verstärken die Mannschaft ebenso wie noch unbekannte Spieler wie Dirk van der Ven. Der FCG steigt als Meister in die 2. Liga auf und präsentieren ihren Fans nach jedem erfolgreichen Spiel die typische FCG-Raupe. In der Saison 1997/98 rückt sogar der Aufstieg in die 1. Bundesliga durch Spieler wie Dirk Flock, Ansgar Brinkmann, Norbert Nachtweih, Angelo Vier und Willi Landgraf in greifbare Nähe. Am Schluss fehlen dafür jedoch vier Punkte. 1998 konnte der FCG beim DFB Hallen-Pokal einen unerwarteten Sieg gegen den FC Bayern München erzielen. Die BILD-Zeitung titelt hierzu: »4:2! Gütersloh blamiert Bayern!«. Die Erwartungen an die Folgesaison sind daher hoch. Doch Trainer Hannes Linßen warnt aufgrund zahlreicher Abgänge zu Recht vor einem schwierigen Jahr. Tatsächlich steigt der FCG am Saisonende wieder in die Regionalliga ab und meldet im Winter 1999 Insolvenz an. Am 14. Februar 2000 wird der FCG aufgelöst, die erste Mannschaft mit sofortiger Wirkung abgemeldet, die anderen Herren-, Frauen- und Jugendmannschaften konnten die Saison zu Ende spielen…
Nur drei Tage nach dem Aus für den FCG wird mit dem FC Gütersloh 2000 ein Nachfolgeverein gegründet. Mit einer völlig neuen Mannschaft nimmt der FCG 2000 den Spielbetrieb in der Oberliga auf. Bis zum heutigen Tage versucht der Verein an die damaligen Erfolge anzuknüpfen, doch bis heute ist der Aufstieg aus der Oberliga in die Regionalliga ein Traum geblieben. Natürlich gibt es rund um Gütersloh noch viele weitere erfolgreiche Fußballvereine, auf die wir stolz sein, aber auf diesen Seiten leider nicht eingehen können. Damit wollen wir ihre Erfolge natürlich nicht schmälern, sondern durch diese Zeilen wertschätzen.
An dieser Stelle noch ein großes Dankeschön an das Stadtmuseum Gütersloh, Die Glocke, das Stadtarchiv GT, den FC Gütersloh, die Bild-Zeitung und Frank Neuhaus für die Bereitstellung der tollen Bilder und Informationen – wir wünschen euch viel Spaß bei diesem kleinen Ausflug in vergangene Tage.