EINE GANZ ANDERE TRAUMREISE

Passend zu Ferienstart zeigte sich der Sommer in Gütersloh endlich einmal so, wie man ihn haben möchte: Sonne satt, gemütlich-warme Abendstunden und gutgelaunte Menschen auf den Straßen. Dennoch zog es passend zur Urlaubs- und Ferienzeit natürlich wieder viele raus – an die Küsten, in die Berge oder in fernere Länder. Die Frage nach dem »wie« und »wohin« spielt dabei natürlich die größte Rolle – und genau da entsteht seit einigen Jahren ein ganz neuer Trend. »Voluntourismus« (engl. »voluntourism«) beschreibt eine Art zu reisen, die authentische Erlebnisse und echte Annäherung an das Reiseland verspricht und gleichzeitig mit einem Freiwilligendienst verbunden wird. Für die Gütersloherin Ulrike Reichow zeigt sich in diesem Konzept zudem die Möglichkeit, echte Lebensträume zu verwirklichen. Bereits im letzten Jahr haben wir über ihr Engagement in einem Schildkröten-Schutzcamp in Costa Rica berichtet – ebenso beeindruckend sind aber auch ihre Erlebnisse, die sie bei den vom Aussterben bedrohten asiatischen Elefanten in Nepal gesammelt hat.

»Einmal auf dem Rücken eines Elefanten sitzen« steht bei vielen Touristen ganz weit oben auf der Erlebnis-Wunschliste. Neben schweren Arbeiten werden die Elefanten in Nepal vor allem auch für touristische Ausritte genutzt – unter oft qualvollen Bedingungen und ohne Rücksicht auf die Natur der Tiere. Genau das soll im Camp in Sauraha im Chitwan Nationalpark im Süden Nepals anders vorgelebt und etabliert werden. Die Elefantenführer (»Mahouts«), die ein Leben lang für einen Elefanten verantwortlich sind, werden auch durch die Arbeit mit den Freiwilligen für einen gewaltfreien Umgang mit den Tieren sensibilisiert. Menschen wie Ulrike Reichow nehmen durch entsprechende Vorinformationen eine Vorbildrolle im Elefantenschutz ein und wirken so nachhaltig auf die Haltung der Tiere. Dass am Ende dann doch ein Ritt auf dem Elefanten möglich wurde, hat sie ihrem unermüdlichen Einsatz für die Tiere im Camp zu verdanken. Denn zur teils schweren Arbeit gehört es auch, die die Dickhäuter auf dem täglichen Weg zum Baden und Trinken am Fluss zu begleiten.

Gebucht hat Ulrike Reichow die Reise über die Volutreering-Agentur »Karmalaya«, die unter dem Motto »heart work & soul travel« über 40 soziale, pädagogische oder ökologische Projekte vermittelt. Im Mittelpunkt steht – ganz im Sinne des »Voluntourismus« – auch der kulturelle Austausch zwischen Teilnehmern und Einheimischen. Entsprechend gut und liebevoll ist auch die Unterbringung in Gastfamilien organisiert, durch die der Kontakt zum Alltag vor Ort gewährleistet wird.

Anders als in jedem Pauschalurlaub endet die Nacht für die Volunteers schon um 5:15 Uhr. Nach rund 15 Minuten Fußmarsch beginnt der Tag im Elefanten-Camp spätestens um 6:00 Uhr mit einem Frühstücks-Chia (Tee), der gemeinsam mit den Mahouts rund um ein kleines Feuer getrunken wird. Während es langsam hell wird, bereiten sich alle auf die Arbeit des Tages vor – und die beginnt Tag für Tag mit dem Ausmisten der Elefantenunterstände. Die durchaus schwere Arbeit braucht einige Zeit, bevor dann frisch geschnittenes Futtergras in die Gehege gebracht wird.

Als Futter und Belohnung sind auch die »Kuchis« gedacht: Die kleinen Strohbälle werden von Hand geformt und mit Rohzucker und Reis gefüllt. Das braucht etwas Übung, bevor es gelingt – dann aber freuen sich die Elefanten ganz besonders über eine kleine Zwischenmahlzeit. Vor allem beim Füttern kommt man den Tieren dann so nah, wie es kein rein touristisches Angebot leisten könnte.

Nach dem Frühstück mit der Gastfamilie steht dann das Highlight des Tages auf dem Programm: Die Elefanten werden von den Mahouts und den Freiwilligen zum Fluss geritten. Sitzen darf man dann direkt hinter den großen Ohren, ganz ohne schwere Tragegestelle wie für Dschungelsafaris üblich. Mit etwas Glück – und das hatte Ulrike Reichow – geht es dann auf dem Rücken des Elefanten in den Fluss. Eine erfrischende Dusche ist dann ebenso inbegriffen, wie ein absolut unvergessliches und intensives Gesamterlebnis inmitten der nepalesischen Natur.

Wenn um 12:00 Uhr das Mittagessen ruft, ist die Arbeit des Tages schon fast getan. Zeit für Ausflüge und Entdeckungen bleibt also auch beim Voluntourismus reichlich. In der kleinen Stadt Chitwan selbst und der Umgebung muss man dabei allerdings neugierig sein und sich einige Tipps geben lassen. So gibt es ein kleines Heimatmuseum, in dem vor allem Kindern die Herstellung von Papier aus Elefantendung gezeigt wird. Rund um den Nationalpark lebt der Stamm der »Tharu«, der neben seiner besonderen Resistenz gegen Malaria auch für die traditionellen Tattoos bekannt ist, die seit Jahrhunderten auf Armen und Beinen getragen werden. Zu finden sind die schmuckvollen Hautverzierungen heute allerdings vor allem bei den älteren Frauen in den Dörfern – und die durfte Ulrike Reichow durch gute Kontakte mit Einheimischen besuchen.

Zum Abschluss der Reise stand dann ein viertägiges Trekking am Fuße des Mount Everest auf dem Programm, wodurch die Kultur des Landes noch einmal intensiv erfahren werden konnte. Auch, weil es hier nicht an persönlichem Einsatz fehlte: Für einen Abend hat sich die Gütersloherin zu Hause bei ihrem Reiseführer zum gemeinsamen Kochen eingeladen – und so den unverbauten Blick auf die Welt der Menschen in Nepal bekommen. Die ganze Familie kommt hier mit einem einzigen kleinen Raum aus. Fernseher, Handy und Internet dominieren das Bild zwischen Betten, einer kleinen Kochstelle und den wenigen Dingen im Besitz der Gastgeber.

Gerade solche Erlebnisse unterstreichen die Besonderheit des Voluntourismus: Erlebnisse sind hier einmalig, authentisch und auf vielfältige Art und Weise bereichernd. Für Ulrike Reichow hat sich die Reise nach Nepal sehr gelohnt. Entsprechend ist es ihr ein Anliegen, auch andere Menschen für nachhaltigeren Tourismus zu begeistern und zu sensibilisieren. So kann jeder – auch im Urlaub – etwas erleben und gleichzeitig Gutes tun. · ben