An einem sonnigen Herbstnachmittag macht Carl sich auf den Weg in die Harsewinkeler Bauernschaft. An der Steinhäger Straße liegt eingebettet in einem Eichenwald eine alte Sägemühle am Rande des Abrooksbachs. Wer glaubt, dass die letzten Stämme hier vor Jahrzehnten gesägt wurden, ist ganz schön auf dem Holzweg. Auch an diesem goldenen Herbstnachmittag steht das Sägegatter in dem langgestreckten Fachwerkhaus nicht still. Als einzige ihrer Art in ganz Ostwestfalen-Lippe ist die alte Sägemühle von 1886 heute ein Denkmal und Museum zugleich. Wir tref fen uns heute mit Freunden und Förderern der alten Mühle. Bei Sonnenschein erfahren wir allerhand über die Geschichte und die starke Arbeit des Fördervereins.

Fahrräder säumen den Zaun an der Einfahrt zur Sägemühle. Wir sind nicht die einzigen Besucher, denn wie an so vielen Tagen im Jahr findet auch heute eine Vorführung statt. Wir treffen uns mit Friedhelm Schmitz, Schatzmeister des Fördervereins, und lassen uns auf den alten Kirchenbänken nieder, die vor dem Fachwerkbau einen neuen Platz erhalten haben. Von Friedhelm erfahren wir nicht nur, dass die Sägemühle schon seit 2004 unter Denkmalschutz steht, sondern auch einiges mehr über die vergangenen Tage: 1886 in Betrieb genommen war die Sägemühle Meier Osthoff seinerzeit die fünfte durch Wasser angetriebene Mühle im Amt Harsewinkel.

Aber die einzige, die Bäume zersägen konnte, statt Korn zu mahlen. Zur damaligen Zeit ein lohnendes Geschäft. Bis in die 1960er Jahre wurde hier täglich fleißig gesägt. Danach ging die Mühle nur noch für konkrete Aufträge in Betrieb, bis die Arbeit Ende der 80er Jahre ganz eingestellt wurde. In Vergessenheit geraten ist die Mühle jedoch nie. Besonders Konrad Vollmer, dem damaligen Orts- und Heimatpfleger war der Erhalt zu Lebzeiten eine echte Herzensangelegenheit.

Auf seine Initiative entsteht der Förderverein, der heute mehr als 80 Mitglieder zählt. Die Mühlenfreunde und Förderer setzen sich gemeinsam für die Restaurierung und den Erhalt ein. Doch schnell stand fest: Mit der historischen Turbine von damals kann das Sägegatter nicht mehr in Bewegung gesetzt werden. In mühevoller Arbeit staute man den Zulauf vom Abrooksbach mit Sandsäcken und demontierte die defekten Teile. Nach langen Überlegungen hat man auch hier eine Lösung gefunden. Die Turbine bekam eine neue Schaufel, sodass zum Sägemühlentag, am 1. Mai 2012 das erste Brett geschnitten wurde. Knapp zwei Jahre später wird dann auch die Erzeugung von Strom durch Wasserkraft aufgenommen.

 

Auch wir wollen die Sägemühle in Aktion sehen und betreten den Fachwerkbau von der hinteren Seite – oder sollten wir sagen vorne? Auf jeden Fall dort, wo die Baumstämme damals noch auf eine Lore gehoben wurden. Die dazugehörigen Schienen entdecken wir, teils überwuchert mit Gras, zu unseren Füßen. Wir folgen dem Schienenstrang und stehen im dämmrigen Licht eines großen Raumes voll mit alter Sägetechnik. In einer Ecke steht ein alter Ofen und die Wände sind gespickt mit Werkzeugen und Bildern aus vergangenen Tagen. In der Mitte eine Art Wagen, der sich mitsamt Stamm zum horizontalen Sägegatter hin bewegt. Mit einem ungewohnten Geräusch wird die Säge in Gang gesetzt. Die Wasserkraft des Abrooksbachs wird mittels einer Turbine an ein großes Rad an der Wand übersetzt und die Räder und die Riemen beginnen sich zu drehen. Ganz langsam bewegt sich der Wagen mitsamt Stamm nach vorn und die Zähne des Sägeblattes graben sich in den mächtigen Stamm. Auch hier, am »anderen Ende« entdecken wir Schienen, die durch das Tor nach draußen zu einer Remise führen, wo damals die fertigen Stücke gelagert wurden. Dann machen wir uns auf den Weg zum Wehr. Im angrenzenden Turbinengebäude befindet sich das Herzstück – die Turbinen-Technik. Klar, die Turbine selbst tut unter Wasser zuverlässig ihren Dienst.

Zu bestaunen gibt es hier einiges mehr: Einen alten »Lanz Bulldogg« von 1941, der nach einigem Kurbeln mit einem lauten »Wupp, Wupp, Wupp« wieder zum Leben erweckt wird. In der Remise gegenüber dreht sich alles um die Herstellung von Büttenpapier. »In der Bütt« – in einem großen Bottich mit Zellstoff und Wasser – dürfen sich Kinder und Erwachsene mit einem Sieb in der Papierherstellung erproben. Eine tolle und spannende Idee zur Erweiterung des Museumsbetriebs. Schließlich besteht das Papier zu mehr als 98 Prozent aus Wasser, der Rest aus Holz. Damit soll aber noch lange nicht Schluss sein, denn das nächste Projekt steht schon in den Startlöchern. Aus der alten Remise, die damals der Holzlagerung diente, soll ein Schulungszentrum entstehen. Erst im September überreichte die Bezirksregierung einen Zuwendungsbescheid an die Mühlenfreunde. Im Rahmen des Projektes »NRW.Vital« wird auch der Bau des Schulungszentrums als innovatives Projekt mit einer stolzen Summe gefördert. Bis 2020 soll das Schulungszentrum stehen, in dem auch Ausstellungen, Lesungen, Vorträge und Feierlichkeiten geplant sind. Und dann steht im nächsten Jahr noch ein Jubiläum an: Der Förderverein wird Zehn. Spätestens dann freuen auch wir uns auf ein Wiedersehen. Allen unseren Lesern aus dem Kreis und darüber hinaus legen wir einen Besuch an diesem besonderen Denkmal in idyllischer Lage ans Herz.