Was macht ein Gütersloher Ende des Jahres 2015, wenn er den Wunsch nach einem eigenen kleinen Laien-Theaterensemble in sich trägt? Richtig: Er geht zum künstlerischen Leiter des hiesigen städtischen Theaters, Christian Schäfer, und stellt ihm das Konzept vor. Der ist in der Regel of fen für kreative Ideen und entwickelt sie weiter. Dass im konkreten Beispiel am Ende viel mehr dabei herausgekommen ist, als zunächst geplant, findet Initiator Christian Brouzeng-Lacoustille gar nicht so schlecht. Denn nicht einmal ein Jahr später bekommt er die Möglichkeit, im Bereich des Schauspiels aktiv zu werden, auf vielfältigste Weise – im Rahmen der »Gütersloher Bürgerbühne«.

»Die Bürger Güterslohs gehen auf die Bühne und führen sich auf«, heißt es vieldeutig in der Projektbeschreibung. In der Idee angelehnt an die erfolgreiche Bürgerbühne am Staatsschauspiel Dresden werden auch in Gütersloh Menschen unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher ethnischer oder sozialer Herkunft in verschiedenen Projekten aufeinandertreffen und Theater spielen. Das ist gelebte Inklusion und Integration von Bürgern für Bürger – willkommen ist jeder, der sich in den einzelnen Projekten wiederfindet.

Als Grundstock wird pro Spielzeit mindestens eine Inszenierung erarbeitet, die im regulären Spielplan des Theaters verankert ist. Das Theater unterstützt, stellt seine Ressourcen zur Verfügung und öffnet sich weiter als bisher einer partizipatorischen Theaterform. Hierdurch eröffnet sich auch die Möglichkeit, parallel weitere Projekte durchzuführen.

Hierzu zählt ein Projekt für Geflüchtete mit der Unterstützung der Bürgerstiftung Gütersloh, das bereits im Januar gestartet und im Juni abgeschlossen wurde. In regelmäßigen Treffen und Proben, bei denen auch Gütersloher Bürger und zwei Menschen mit geistiger Behinderung beteiligt waren, wurde das Thema »warten« erarbeitet und zu einer kleinen Aufführung gebracht.

Die Erfahrungen waren auf allen Seiten so gut, dass nun ein zweites Projekt zum Thema »Reise, Zielsuche und Heimat« startet, das bis Juni 2017 laufen soll. Wer Inklusion leben und Theater spielen möchte, ist herzlich willkommen!

Im Oktober und November steht aber auch ein weiteres Projekt im Mittelpunkt: Die erste große Inszenierung der Bürgerbühne. »Besuch bei Mr. Green« von Jeff Baron haben sich die spielenden Akteure Christian Brouzeng-Lacoustille und Jürgen Nentwig für ihre Premiere am Theater Gütersloh ausgesucht. Beide kennen sich aus unterschiedlichen Projekten und bilden ein bewusst kleines Ensemble, um die Grundlagen der Bürgerbühne zu legen. Nach einer Leseprobe im Januar haben sie sich Elisabeth »Lizzy« Emmanouil als professionelle Regisseurin mit ins Boot geholt, die mit dem Theater Gütersloh durch mehrere Improtheater-Workshops vertraut ist. Die gebürtige Gütersloherin leitet in Köln einige ähnliche Gruppen und war schnell überzeugt, am Aufbau der Gütersloher »BüBü« mitzuwirken. Denn Potenzial ist in Gütersloh einiges vorhanden, ist sie sich sicher.

Seit Februar wird mit steigender Intensität mindestens einmal in der Woche auf der Studiobühne im Theater geprobt. Dort wird »Besuch bei Mr. Green« am 22. Oktober auch seine Premiere feiern, gefolgt von drei weiteren Aufführungen im Oktober und November. Und ab dem 24.10. geht es nahtlos weiter mit der Spielwerkstatt der BüBü (Schauspielkurs in drei Akten – Anmeldung noch möglich). Carl freut sich drauf und findet das Engagement absolut auszeichnungswert! Aus diesem Grund geht Carls Cultur Compliment für besondere Aktivitäten in diesem Monat an die Gütersloher Bürgerbühne – verbunden mit dem Wunsch, dass sich dieses Projekt fest in der Kulturlandschaft etabliert!

Text und Foto: Benedikt Hensdiek