»Wesel will einen Esel« titelt Spiegel Online Anfang des noch jungen Jahres. Nachdem sich ganz Deutschland wohl seit Beginn der Sprache über den Bürgermeister der niederrheinischen Stadt lustig macht und bei jeder Gelegenheit nach dem Echo von »Wesel« ruft, macht sich die Stadt das beliebte Spiel nach einigen erfolgreichen Werbeaktionen erneut zunutze und möchte den Esel weiter als Marketingelement in der Stadt verwurzeln – auf den Fußgängerampeln der Stadt. »Da die Richtlinie für Lichtsignalanlagen einen Fußgänger und keinen Vierbeiner … vorsieht, braucht die Stadt eine Erlaubnis von der zuständigen Bezirksregierung Düsseldorf«, heißt es im Spiegel-Artikel. Wann eine Entscheidung über den Wunsch zu erwarten ist, weiß man indes nicht. Wohl aber, dass die Idee des auffälligen und lokal ganz unterschiedlich geprägten Ampelmännchens keine neue ist. Das zeigt nicht zuletzt die aktuelle Sonderausstellung im Stadtmuseum Gütersloh, die sich genau diesem – weltweiten – Phänomen verschrieben hat. Ampelmann und Ampelfrau, Ampelpaare, Filmfiguren und auch Panzer finden sich in der Sammlung des Bielefelders Frank Föste, die noch bis zum 18. Februar 2018 anzusehen ist. Wir haben uns auf den kurzen Weg zu unseren Nachbarn in der Gütersloher Innenstadt gemacht und uns die Ausstellung zeigen lassen.

Am 5. August des Jahres 1914 geht im US-Amerikanischen Cleveland die erste elektrische Verkehrsampel in Betrieb, nachdem Experimente mit einer Gasbetriebenen Ampel in London jäh durch eine Explosion beendet wurden. Die Farben der Ampel schon damals: Rot und Grün. Die ersten dreifarbigen Lichtsignalanlagen stellten im Jahr 1920 die Städte Detroit und New York auf. An Eisenbahnsignale angelehnt stand Rot für »Halt«, Grün für »Vorsicht« und Weiß für »Fahrt frei«. Um Missverständnisse etwa durch kaputte Gläser zu verhindern wurde das weiße Glas später durch ein gelbes ersetzt. In Deutschland war Hamburg um 1922 Vorreiter in Sachen Ampeln. Von grenzenloser Vielfalt, wie man sie heute mancherorts sehen kann, war aber sehr lange Zeit nichts zu spüren.

Die ersten Ampeln für Fußgänger wurden im Jahr 1933 in Kopenhagen aufgestellt. In New York wurden 1952 dann schriftliche Signale eingesetzt. »Don’t Walk«-Ampeln kennt man auch heute aus zahlreichen Filmen, angelehnt daran gab es in Deutschland Leuchtfelder mit den Worten »Warten« und »Gehen«. 1961 wurde dann in der DDR das »Ampelmännchen« erfunden – und das blieb bis 2004 rein männlich.

 

Gemein haben die figürlichen Darstellungen, dass sie eine freundlich anmutende, aber deutlich erkennbare Signalwirkung haben. Entsprechend muss also gar kein einzelner Mensch abgebildet sein – und so haben sich in den vergangenen Jahren auch in Deutschland symbolträchtige Motive entwickelt. Gleichgeschlechtliche Paare zu besonderen Anlässen, Weihnachtsmotive oder Mary Poppins, die Bremer Stadtmusikanten, Mainzelmännchen, Queen Elisabeth II. und auch der Rattenfänger von Hameln sowie eine fliegende Drohne auf gelbem Grund sind in der Ausstellung zu bewundern. Darüber hinaus aber auch Warnungen vor Panzern, Klappbrücken oder – sehr makaber – vor einer laufenden Exekution in einem amerikanischen Gefängnis. Sich hier in der Ausstellung etwas Zeit zu nehmen, kann sich durchaus lohnen, denn zu entdecken gibt es vor allem im Detail einiges.

Zu sehen gibt es in der Ausstellung »Ampelmännchen & Co.« im Erdgeschoss des Stadtmuseums darüber hinaus auch eine große Auswahl internationaler Verkehrsschilder. Besonders auffällig: Die über 60 Abwandlungen eines britischen Straßenschildes, die im Rahmen eines Designwettbewerbes entstanden sind. Entstanden ist das Projekt wohl durch eine Mischung aus Schnapsidee, Marketingelementen und gesellschaftlichem Engagement. Gemeinsam mit einer Agentur rief der Designer Michael Wolff seine Kollegen auf, alternative Entwürfe für das bekannte Straßenschild, das vor Altersheimen platziert wird, einzureichen. In seinen Augen war das Original schlicht »zu deprimierend«. Die Resonanz war überwältigend: Über 200 Entwürfe von rührend bis kreativ-makaber gingen ein. Die besten 100 wählte Wolff 2015 für eine Ausstellung aus, die anschließend in das neue Londoner Design Museum wanderte. Eine Auswahl davon kann man nun als Reproduktion in Gütersloh bewundern.

Aber noch einmal zurück zu den Ampelmännchen und -frauen: Neu gestaltet werden soll in diesen Tagen die große Verkehrsampel am Eingang des Stadtmuseums. Einige Vorschläge hierzu stammen aus einem kleinen Wettbewerb im Rahmen der Ausstellung. Am Ende stellt sich aber wohl auch die Frage: In welchem Ampelmotiv würde sich Gütersloh wiederfinden lassen? Eine symbolträchtige Figur wie den Esel konnten wir der Stadt im kurzen Brainstorming nicht zuordnen. Aber wer weiß, welche Ideen noch auf den Tisch kommen…

Text: Ben Hensdiek
Bilder: Antoine Jerji