»Wer suchet – der findet«, oder wie heißt es so schön? Nach 26 Jahren der Suche sind nun auch die Marienfelder Bürger und Vereine endlich fündig und sesshaft geworden. Und das in einem wunderschönen Fachwerkhaus, das nicht nur jede Menge Platz für Vereinsversammlungen, Tagungen und Feierlichkeiten bietet, sondern auch wunderbar in die grüne Umgebung des Klosters passt. Dabei spielte den Marienfeldern das Glück in die Hände. »Wer suchet – der wird gefunden« passt in diesem Fall wohl eher. Zu verdanken hat die Dorfgemeinschaft ihr neues Bürgerhaus nämlich dem heimatverbundenen Marienfelder Modeunternehmer Heiner Bessmann. Nach alter Bessmann-Manier ließ er ein altes Fachwerkhaus ab- und hier wiederaufbauen und machte den Marienfeldern damit ein großes Geschenk. Nach fast drei Jahren des Wiederaufbaus und Innenausbaus, wurde Anfang Mai Einweihung und Tag der offenen Tür gefeiert. An beiden Tagen haben sich etwa 1000 Leute auf den Weg gemacht, um das neue Bürgerhaus zu bestaunen.

Auch wir waren neugierig und haben uns bei schönstem Sonnenschein auf den Weg ins Klosterdorf gemacht. Vor dem Fachwerkhaus mit dem rotgebrannten Klinker treffen wir auf die drei Marienfelder, die Gründungsmitglieder des Trägervereins »Bürgerhaus Marienfeld 2015« sind und von Anfang an mittendrin, statt nur dabei waren. Von den Hausverwaltern Bernhard Daut und Herbert Vögeler sowie Schriftführer Karl-Heinz Westbeld bekommen wir eine ganz persönliche Führung durch das schöne Fachwerkhaus und erfahren wie eins zum anderen kam.

Bevor wir gemeinsam durch die westfälisch-grüne Tür in das neue Bürgerhaus treten, fällt uns erst einmal der ins Gemäuer eingelassene Grundstein des Bürgerhauses ins Auge. Er verrät, dass das Haus 1870 in Lintel erbaut wurde und hier durch Heiner Bessmann wieder errichtet wurde. Und auch unter den Ornament über der Tür – Kreuz, Herz und Anker – finden sich die Initialen des großzügigen Spenders. »Die Ornamente hier stehen für Glaube, Liebe und Hoffnung«, erfahren wir von den Dreien. Es geht hinein und links herum durch den Flur in die Tenne – ein großer Raum mit zahlreichen Sitzgruppen, Theke und einem schönen Deelentor zur Klosterstraße hin. Unter den 13 Meter langen Querbalken finden hier etwa hundert Personen Platz.

Auch wir suchen uns einen Platz auf der Tenne und erfahren, dass der Heimatverein in den 80ern in der Heimatstube am Feuerwehrhaus beheimatet war. »Irgendwann reichte der Platz nicht mehr aus, einem Antrag auf Erweiterung wurde nicht stattgegeben. Seitdem wurden etliche Standorte und Varianten beraten und auch wieder verworfen. Zuletzt haben unsere Versammlungen in den Sitzungsräume der Volksbank stattgefunden«, berichtet Bernhard Daut.

 

Ebenso eine Notlösung. Als Heiner Bessmann 2015 von dem Dilemma hört, nimmt er kurzerhand Kontakt zum Heimatverein auf. Er fand die Idee toll, in der Nähe zum Kloster ein Bürgerhaus zu errichten und schenkte den Marienfeldern das Fachwerk eines Bauernhauses, das er vor dem Abbruch rettete und darüber hinaus 100 000 Euro für den Aufbau. Die Marienfelder schätzen sich mehr als glücklich: »Sowas ist wohl weit und breit einmalig und verdient unseren größten Dank und Respekt.« Wenn Heiner Bessmann das alte Fachwerkgebäude nicht zur Verfügung gestellt hätte, wäre das Projekt heute noch in der Diskussion.«

Bis zur ersten Nutzung gab es natürlich allerhand zu tun – vom ersten Spatenstich, über die Fundamente und den Aufbau des Außenkubus aus den 280 alten Eichenbalken bis hin zum Innenausbau. Während der Wiederaufbau des Fachwerks von der Zimmerei Grothues & Theis durchgeführt wurde, leisteten die Mitglieder des Bürgerhausvereins den Innenausbau in Eigenregie. Jeden Samstag tummelten sich etwa 30 ehrenamtliche Handwerker auf der Baustelle, packten beim Einbau der Theke, bei der Elektroinstallation oder bei den Pflasterarbeiten mit an. »Die 60 Tonnen Lehmputz mussten sogar in sieben Schichten aufgetragen werden«, berichtet Bernhard Daut. »Zwischen jedem Arbeitsschritt waren lange Trocknungspausen nötig, die so nicht geplant waren und uns ein wenig im Zeitplan zurückgeworfen haben. Nach gut 7000 Arbeitsstunden und jeder Menge Schweiß haben die Bauarbeiten dann doch ein Ende gefunden.« Unterstützt wurden sie nicht nur von Marienfelder Handwerksbetrieben und Firmen, sondern auch von ihren Frauen, die für die fleißigen Handwerker ein rustikales Frühstück an der Baustelle organisierten.

Jetzt sind wir aber gespannt, was die fleißigen Hände in den anderen Räumen vollbracht haben. Durch die angrenzende
Küche geht es in einen kleinen und gemütlichen Besprechungsraum. »Jetzt stehen wir im Oester«, teilt uns Herbert Vögeler mit. Natürlich nicht im wahrsten Sinne des Wortes. Wir erfahren, dass die zwei kleineren Räume nach den Marien-felder Bauernschaften benannt sind. Und nicht nur das: »Die Räumlichkeiten wurden auch ganz bewusst in Richtung der jeweiligen Ortschaft ausgerichtet.« Das gilt natürlich auch für die Remse – den kleinsten der drei Räume und dem Einzigen, in dem der natürliche Lehm zwischen dem Fachwerkgebälk sichtbar ist. Wenn man ganz genau hinsieht, erkennt man sogar die Strohfasern. »Generell hat der Lehmputz viele Vorteile. Er wirkt sich positiv auf das Raumklima aus und hat zudem den Vorteil, dass die Holzbalken gut erhalten bleiben«.

Über eine Eichentreppe geht es dann ins erste Obergeschoss, das genug Platz für das Archiv des Heimatvereins sowie jede Menge Lagerraum für die Instrumente des Spielmannszuges und Marienfelder Blasorchesters bietet. Die drei sind sich einig: »Bis hier alles Ort und Stelle gefunden hat, gibt es noch ein bisschen was zu tun.« Eines steht auf jeden Fall fest: Mit dem Bürgerhaus haben der Heimatverein und seine Untergruppen nun endlich ihren ganz eigenen Raum – der so selbstverständlich und perfekt an der Klosterstraße steht, als hätte dort nie etwas anders gestanden.