Kaum ein Künstler im Kreis bekommt derzeit so viel Aufmerksamkeit wie der am 7. April 1889 in Werther geborene Peter August Böckstiegel. Genau genommen liegt sein Geburtshaus im Ortsteil Arrode. Hier inmitten der typisch westfälischen Landschaft hat der Maler und Bildhauer bis zu seinem Tod im Jahre 1951 einen Großteil seiner umfassenden künstlerischen Werke geschaffen. Ein eher kleiner Teil ist in dem Künstlerhaus bis heute öffentlich zugänglich. Rund 1300 Gemälde, Aquarelle, Grafiken und Plastiken lagern noch in Archiven. Sie sollen künftig in einem modernen Museum in unmittelbarer Nachbarschaft einen angemessenen Rahmen erhalten.

Der Weg nach Arrode führt uns vorbei an endlosen Wiesen und Feldern. Hier hat Peter August Böckstiegel also gelebt und seine Heimat in Kunst verwandelt. Sein authentisch erhaltenes Geburtshaus mit dem markanten roten Anstrich erkennen wir schon von weitem. Dort treffen wir den künstlerischen Leiter des Museums, David Riedel. Er sitzt sozusagen »auf gepackten Koffern«, denn in wenigen Wochen soll das neue Museum fertiggestellt und seiner Bestimmung übergeben werden.

Das historische Künstlerhaus ist seit jeher eng und intim. Hier lebte Böckstiegel mit seinen Eltern, die er in zahlreichen Bildern und Skulpturen porträtierte, genauso wie seine Geschwister, Cousins oder Nachbarbauern. Auch die Landschaften in seinen Gemälden sind überall wiederzuerkennen, sie spiegeln zu jeder Zeit die Heimatverbundenheit des Künstlers wieder. Nur das Haus passte sich im Laufe der Jahre den Lebensbedingungen an: 1919 heiratet Böckstiegel seine Verlobte Hanna Müller, 1920 kommt hier seine Tochter Sonja und 1925 sein Sohn Vincent zur Welt. Im Jahr 1922 wird das Sommeratelier links angebaut, 1945 der Ateliertrakt rechts. Der Künstler ergänzt die Fassade mit selbstgeschnitzten farbigen Balken, fügt Mosaike in die Hauswand ein und gestaltet drei Glasfenster im Eingangsbereich seines Ateliers.

 

Wer heute das ehemalige Wohnhaus besucht, fühlt sich sofort zurückversetzt in die bäuerliche Zeit Anfang bis Mitte des 20. Jahrhunderts. Eingebettet in die westfälische Heimat ist es ein einzigartiges Gesamtkunstwerk. Ausdrucksstarke Zeitzeugen sind die zahlreichen Bilder und Skulpturen im Haus. Aber auch als Sammler hat Böckstiegel ein bedeutendes Werk zusammengetragen. Arbeiten von Conrad Felixmüller, Robert Sterl, Bernhard Kretzschar und vielen weiteren Weggefährten zeugen von intensiven Künstlerfreundschaften.

Nun ist es an der Zeit, einen der bedeutendsten westfälischen Künstler des 20. Jahrhunderts gebührend zu würdigen: im Sommer wird das neue, moderne Museum auf dem Gelände rund um das ehemalige Wohnhaus fertiggestellt. Und weil das rote Künstlerhaus einen wichtigen Teil der Regionalgeschichte widerspiegelt, wird es selbstverständlich im Gesamtkonzept eine zentrale Rolle spielen. Geplant sind in beiden Häusern themenbezogene Ausstellungen mit wechselndem Begleitprogramm, Ausstellungen mit Leihgaben aus Privatbesitz und Bilder, die noch nie gezeigt wurden. Wir durften bereits einen Blick in den Neubau werfen. Von außen wirkt er wie ein Findling auf der Wiese – ganz nach dem Willen der Architekten. Mit einer wunderbaren Natursteinfassade versehen, fügt sich das moderne Gebäude perfekt in die Landschaft ein. An dieser Stelle wollen wir auch nicht zu viel vorwegnehmen. Denn wir werden ausführlich über die Architektur, die Nutzung und die erste Ausstellung des neuen Böckstiegel-Museums in den nächsten Carl-Ausgaben berichten.

Text: Petra Heitmann
Bilder: Marco Polanski