Es ist Donnerstagmittag. Die Septembersonne zeigt an diesem Tag nochmal so richtig was sie kann. Perfektes Wetter für unseren heutigen Besuch. Mit Sonnenbrille, Kamera und festen Schuhwerk machen wir uns auf dem Weg nach Marienfeld. Von Gütersloh kommend, folgen wir der grünen Klosterstraße. Unser Ziel fast schon vor Augen überqueren wir Bahngleise und biegen links auf einen Betriebshof ab. Zu Besuch in einem Landschaftsbaubetrieb? Nicht ganz, aber zu Besuch bei Landschaftsgärtner Burkhard Bruns und seinem Lebensgefährten Kari Lievonen. Seit 2012 haben die beiden ein gemeinsames Projekt. Im Mittelpunkt: Wollige Begleiter mit langen Hälsen, tollen Frisuren und sanften Gemütern. Zugegeben, wir ziehen das Pferd... äh, die Alpakas heute von hinten auf.

Für uns geht es nämlich zuallererst zu »AlpaKARI’s FarmShop«. Kaum haben wir vor dem roten Backsteingebäude geparkt und die Autotür geöffnet werden wir begrüßt. Erst schwanzwedelnd von Hündin Emma, die hier ein neues Zuhause gefunden hat, wie wir später erfahren. Dann von Kari und Burkhard. Die beiden freuen sich uns in ihre Welt der Alpakas mitzunehmen und opfern gerne ihre Mittagspause für uns. In dem kleinen und gemütlichen Farmshop treffen wir sogar schon auf die ersten flauschigen Alpakas – in Miniaturform, pflegeleicht und perfekt zum Kuscheln. Hier gibt es alles, was das Herz eines Alpaka-Freundes begehrt. Wärmende Artikel für die kalte Jahreszeit: Pullover, Socken, Schals, Mützen und Handschuhe. Aber auch Teppiche und Seife mit Alpaka-Keratin. Die Artikel aus der Wolle ihrer Alpakas, werden ergänzt durch Fairtrade-Ware der Marke »APU KUNTUR«. Bevor wir uns den eigenen Alpaka-Produkten zuwenden, wollen wir eins wissen: Wie sind die Beiden denn auf die Alpakas gekommen? »Alpakas haben mich schon immer interessiert«, erzählt uns Burkhard Bruns. Es muss um 2010 gewesen sein, als sie begannen sich intensiv mit den überaus niedlichen, kamelähnlichen Tieren zu beschäftigen. Bevor sie die ersten Alpakas auf ihre Wiese holten, besuchten sie verschiedene Alpaka-Farmen in Deutschland und nahmen an Einsteiger-, später an Fortgeschrittenenkursen teil. »Man muss nämlich schon einiges wissen, bevor man mit den Alpakas startet und sich sowohl über Positives als auch Negatives im Klaren sein«. Und das waren sie sich.

»Da gibt es einen schönen Spruch«, sagt Burkhard und lacht. »Schau einem Alpaka nie zu tief in die Augen, du könntest dich verlieben«. Schon lange vor Selbststudium, Farmbesuchen und Kursen, war es also um sie geschehen. Dann stießen Burkhard und Kari eines Abends beim Surfen in einem Verkaufsportal auf das Fohlen »Coco«, eine zuckersüße Stute mit grau-weiß-schwarz-braunem Fell. »Das ist es«, weiß Burkhard Bruns und tritt mit dem sächsischen Züchter in Kontakt. Kurze Zeit später machen sich Kari und Burkhard auf nach Sachsen. Zurück kamen die Beiden nicht nur mit Coco, sondern auch mit Mutterstute »Anni«. Wir erfahren, dass sich Alpakas generell in zwei Rassen einteilen lassen. Das erklärt auch, wieso die Tiere so unterschiedlich aussehen. »Coco und Anni sind Huacaya-Alpakas, das erkennt man an ihrem fluffigen, abstehenden Vlies. Dann gibt es noch die Suri-Alpakas. Die haben glattes und seidenähnliches Vlies «, werden wir aufgeklärt. Bei all der Alpaka-Liebe ist den Beiden klar: »Wir wollen eine gemischte Herde«. Zu Coco und Anni gesellten sich also kurze Zeit später die Suri-Fohlen »Lainey«, »Lynette«, »Esme« und »Elizabeth«.

Bevor an eine Zucht zu denken war, hieß es für Kari und Burkhard erst einmal warten. Zunächst ein Jahr, bis ihre fünf Alpaka-Mädels deckfähig waren. Dann nochmal ein Jahr, bis die ersten eigenen Fohlen kamen. Wir erfahren, dass ein Alpaka 350 Tage trächtig ist. Fast ein Jahr! Wir sind erstaunt. »Das war für uns eine lange Zeit. Dann kamen wir aber in einen Rhythmus und die Fohlen purzelten«, erzählt uns Burkhard. Mittlerweile haben er und Kari schon einige Erfahrung gesammelt. Sie lassen ihre Stuten so decken, dass der Nachwuchs Mitte Mai das Licht der Welt erblickt: »Denn dann können sich die Stuten den Sommer über neue Kraft holen und die warme Zeit des Jahres gemeinsam mit ihren Fohlen auf der saftigen Wiese verbringen«. Jetzt wo die Zucht richtig im Gang gekommen ist, besitzen die Beiden 47 Alpakas.

»Am Anfang zählte natürlich vor allem die Optik, jetzt auch die Qualität«, erfahren wir von Burkhard. Und von der Qualität dürfen wir uns dann gleich selbst überzeugen. Kari verschwindet nach draußen und ruft uns kurze Zeit später zu sich. Auf einem Tisch hat er das Vlies eines Alpakas für uns ausgebreitet. »Das stammt von unserem Hengst Icewind«.

 

Wir dürfen fühlen und riechen und sind überrascht: Die Wolle hat ein enormes Volumen und die Fasern liegen dicht beieinander. Das Vlies ist viel weicher als gedacht und fast geruchsneutral. »Im Gegensatz zu Kühen sind Alpakas sehr saubere Tiere«, erklärt uns Kari. Aber wie entstehen aus dem Vlies denn nun all die Alpaka-Produkte, wollen wir wissen. »Das Vlies geht in eine Wollspinnerei und wird dort verarbeitet. Aus der Wolle entstehen Wollgarne, Teppiche und Bettdecken gefüllt mit Alpakafaser. Das Besondere: Kari und Burkhard bekommen immer die eigene Wolle wieder und wissen ganz genau, welches Wollknäuel von welchem Alpaka stammt«. Wie cool ist das denn? Wir sind überrascht. Nicht nur über die personalisierte Wolle, sondern auch über die Tatsache, dass Kari die Teppiche selber webt. In seiner finnischen Heimat hat er das Weben früh von seiner Oma gelernt und hat mit ihr zusammen Auftragsarbeiten erledigt. Und das macht er auch heute noch für andere Züchter. Das wollen wir uns ansehen!

Bevor es zu den geliebten Alpakas geht, machen wir einen kurzen Stopp bei den Beiden zuhause. Unten im Keller stehen tatsächlich vier große Webstühle, teilweise über hundert Jahre alt. Kari schwingt sich für uns hinter einen von ihnen und legt los. Unzählige Fäden spannen sich über die Konstruktion. Mit geübten Handgriffen zieht er das Wollgarn – hoch und runter – durch die gespannten Fäden. Reihe für Reihe entsteht so ein Gewebe. Beeindruckt geht es für uns die Treppen wieder hoch und wieder ins Auto.

Wir folgen der Bielefelder Straße und es geht rechts in einen Landweg. Die Straße macht einen Knick und dann sehen wir sie schon. Seelenruhig liegen die Tiere vor ihrem Stall nah beieinander. Eine bunt gemischte Herde könnte man sagen: Weiße, braune und schwarze Alpakastuten und -fohlen schauen uns mit ihren großen, neugierigen Augen an, aber wissen wahrscheinlich schon was jetzt kommt. Kari öffnet das Gatter und läuft Richtung Wiese. Begleitet von seinen Rufen »Alpaka – Paka – Paka« – erheben sich die Tiere folgen ihm. Auch wir setzen uns in Bewegung, schließen uns Burkhard an und begleiten die bunte Herde auf die Wiese. Während uns die großen Tiere gemächlich folgen, springen die kleinen Fohlen den Muttertieren um die Beine. Auf der Wiese angekommen, beginnen die Alpakas zu grasen und wälzen sich im Gras. Wir starten unsere ersten Annährungsversuche. Neugierig strecken die süßen Herdentiere uns ihre Ohren entgegen, kommen aber selten so nah, dass wir unsere Hand über ihr Fell gleiten lassen. Sie reagieren auf kleinste Bewegungen und springen auch schonmal augenblicklich von uns weg. Genau wie Lamas sind Alpakas nämlich Fluchttiere. Sehr vorsichtig und teilweise schreckhaft, aber doch an Besuch gewöhnt, seelenruhig und relaxed, wie Kari seine Herde beschreibt. Als wir ein Foto von Burkhard, Kari und ihren Alpakas machen wollen, gestaltet sich das erstmal gar nicht so einfach. Die Alpakas strecken uns gerne ihre Hintern entgegen und schenken uns wenig Beachtung. Als Kari sich behutsam ein kleines weißes Alpaka schnappt, nimmt auch die Herde Notiz davon und bewegt sich in Richtung der Drei. Innerhalb weniger Sekunden ist das Trio umringt von ihren Tieren, die neugierig die Hälse recken, das kleine Alpaka in Karis Armen sanft anstupsen, als ob sie fragen: »Was ist hier los?« Eine typische Verhaltensweise, die Herdentiere sind zwar schüchtern, aber überaus sozial.

Burkhard und Kari verbringen viel Zeit bei ihren Alpakas. Zu den obligatorischen eineinhalb Stunden, die sie täglich mit Füttern, Ausmisten zu tun haben kommt ihre »Quality Time«. Inmitten der Wiese stehen zwei Gartenstühle. Nicht selten verbringen sie hier ihren Feierabend, beobachten ihre wundervollen Tiere und entspannen. Auf uns haben die Alpakas eine unglaubliche beruhigende und entschleunigende Wirkung. Und weil das nicht nur bei uns so ist, wollen Kari und Burkhard zwei ihrer Stuten als Therapiealpakas ausbilden. Momentan üben sie mit »Mahani« und »Tundra« am Halfter zu laufen und gewöhnen sie an Spaziergänge. Wir sind begeistert und würden selbst gerne noch viel länger Zeit auf der Wiese verbringen. Leider aber ruft für uns und auch für Kari und Burkhard so langsam wieder die Pflicht. Wir müssen zurück in die Redaktion und die Beiden in ihren FarmShop, denn der öffnet um 15 Uhr. Ein Wiedersehen wird es auf jeden Fall geben! Auf dem nächsten Farmtag oder am Marienfelder Martinssonntag. Denn auch an diesem Sonntag sind die beiden Züchter und ihre wunderschönen Alpakas mit von der Partie.

Fotos: Sandra Sonntag, Charline Belke
Text: Charline Belke