Helmut Schmidt
Helmut Schmidt war mehr als ein halbes Jahrhundert lang eine der prägendsten Persönlichkeiten Deutschlands. Zwischen 1974 und 1982 war der SPD-Politiker Bundeskanzler und musste etliche Krisen bewältigen. Auch nach seinem Rückzug aus der aktiven Politik hatte sein Wort großes Gewicht. So auch am 27. März 2004 in Gütersloh. Dort hielt er als Festredner beim 50. Zahnärztetag in der Gütersloher Stadthalle einen Vortrag über Europa- und die Weltpolitik. Anschließend reiste er zurück in seine Heimatstadt Hamburg. Zuvor musste der große Mann der deutschen Politik allerdings mehr als 30 Minuten auf dem Gütersloher Hauptbahnhof auf seinen Zug warten. Dabei freundete er sich kurzerhand mit einem kleinen Jungen an.
Schon damals als 80-Jähriger gehörte der Gehstock zu seinem Alltag. Mühevoll marschierte Schmidt in die »Sinfonie«, dem Restaurant an der Stadthalle. Empfangen wurde er von Dr. Walter Diekhoff, dem damaligen Präsidenten der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe, und von Elmar Brok, dem Mitglied des Europäischen Parlamentes. Auch die frühere Bürgermeisterin Maria Unger war dabei, als auch die Lokalpolitiker Mattias Trepper und Klaus Brandner, die sich alle gerne an den Besuch des Altkanzlers erinnern.
Alle drei geraten regelrecht ins Schwärmen.
Im Rahmen eines »Sparkassengesprächs« konnte Mattias Trepper 2003 ein paar Worte mit ihm wechseln. »Für mich strahlte er eine besondere Aura aus, die man heute bei Politikern eher vergeblich sucht. Er war sehr offen und typisch hanseatisch humorvoll.« Und Maria Unger erinnert sich besonders gern daran, als Helmut Schmidt sich im März 2004 in das Goldene Buch der Stadt eigetragen hat.
»Ich habe mit ihm zusammengesessen. Wir haben beide Cola getrunken. Seine Zigaretten hatte er natürlich auch dabei. Es war ein Erlebnis.« Klaus Brandner, vor 19 Jahren noch SPD-Abgeordneter in Berlin, schildert Schmidt so: »Er kam einmal pro Jahr als Gast in die Fraktion. Schmidt gab jedem die Hand, sein Händedruck war fest und er kam jedes Jahr, um – in gewisser Weise – die Welt zu erklären. Seine politischen Einordnungen waren sehr nüchtern. Aber er vertrat konsequent seine Positionen und war ein Vordenker, eine Persönlichkeit.«
Einzigartige Fotos gab es nach seinem Vortrag auf dem Hauptbahnhof, wo Schmidt auf seinen Zug nach Hamburg wartete. Plötzlich tauchte eine Mutter mit ihrem kleinen Sohn auf. Kurzerhand nahm er ihn auf seinen Schoß und plauderte mit dem Jungen, streichelte ihm übers Haar. Eine tolle Geste.
Am 10. November 2015 starb er im Alter von 96 Jahren in seiner Heimatstadt Hamburg.