Mopped-Freunde-Verl

Weltbekannte Motorradmarken wie, Aprilia, Moto Guzzi, Honda Boldor, Kawasaki, Yamaha, BMW und die legendären Harley Davidson Cruiser-Modelle spielen hier in Verl mal so gar keine Rolle – alle völlig uninteressant für die Jungs in unserer Top Story. 

Denn hier dreht es sich alles ausschließlich um die LEGENDEN wie Puch Maxi, Zündapp-Rahmentank, Vespa-Ciao mit Keilriemenantrieb, Hercules, Florett, Henkel, Kreidler und Triumpf. Allesamt kultige Mofa- und Moped-Marken, die in den 70iger Jahren besonders in Gütersloh und Verl für Furore sorgten, denn die beiden Orte galten damals, aufgrund der Masse, als die Mofastädte schlecht hin in NRW. Und es geht um echte Kerle, bei denen die Pubertät wohl selbst mit über 50 Jahren noch anhält.

Bei so einer glorreichen Vergangenheit, da müssen wir von Carl doch mal nachfragen, was daraus eigentlich geworden ist. Beim näheren Hinschauen sind uns die Moped-Freunde-Verl aufgefallen.

Um diese Zweiradverrückten besuchen zu können, mussten wir nach Verl Bornholte. Als wir dort ankamen trauten wir unseren Augen kaum. Ein Moped nacheinander, Mofas scheinbar ohne Ende und jede Menge Motorroller aus den 50iger, 60iger und 70iger Jahren, es war wie eine Zeitreise in die Vergangenheit – der absolute Hammer !

Eins war uns da natürlich sofort klar, da reicht kein Gruppenfoto. Hier halten wir es wie Heide Klum, jeder bekommt ein eigenes Foto und kann zeigen, wie „hot“ sein “Gerät“ ist. Gesagt getan und ruckzuck hatten wir 26 Raritäten vor der Kamera. Einfach nur beeindruckend. Alles perfekt aufgearbeitet, super gepflegt und von seinem Besitzer heiß geliebt. Man könnte meinen, dass alle Mopeds direkt aus dem Laden kommen. 

Da haben wir uns natürlich gefragt, warum gestandene Männer so viel Zeit, Liebe und Akribie in ihre Maschinen stecken. Die Antwort war dann schon richtig romantisch, denn die 15 bis 17 jährigen Mofa und Moped-Verrückten, trieb die schiere Sucht nach Freiheit an. 

Das schöne Verl, damals noch ein Dorf, war einfach zu klein für die wilden Teenies. Die Motorisierung durch die erste Mofa machte es dann möglich frei zu sein. Mit 2,5 Pferdestärken begann für die Mopedtruppe hinter dem Verler Ortsschild die ganz große weite Welt. 

Alles war einfach möglich auf der Suche nach Spaß, Vergnügen und tollen Erlebnissen. Irgendwo hinfahren und im Sommer am Strand liegen, die erste Zigarette rauchen, die erste Freundin und vor allem der damit verbundene erste Kuss. Damit das auch richtig klappt, wurde die Zeitschrift BRAVO vorher gelesen. 

Einfach Mal weg, von Mama und Papa, weg von zuhause, um das zu tun was die damals noch jungen Männer wollten. Klamotten packen, Zelt auf den Gepäckträger und los die Sucht nach Freiheit stillen. Und das brachte die Gründer der Moped-Freunde, um die Kumpels Jens Niederschulte, Johannes Gerlach, Sascha Dickhut, Hermann Walter, Ludger Niehüser, Peter Weiß, Gerd Beyer, Klaus Thiesbrummel, Andre Fuchs, Peter Koch, Dirk Müller, Wolfgang „Wolle“ Hoffknecht, Bruno Korte und noch einige andere, im Sommer 1977 ins Sauerland nach Heringhausen zur Diemel-Talsperre. 

Dort hat die Truppe die damals noch junge Campingwirtin Giesela kennengelernt die natürlich genau wusste was so junge Kerls an Unterkunft, lecker Essen, Getränke und Freiheit so brauchten. Klar, dass es der perfekte Moped-Tripp wurde.

Auch heute fahren die Wilden noch jedes Jahr im Sommer dort hin, um ihre Erlebnisse und Erinnerungen zu spüren und wachzuhalten. Selbst mit mittlerweile 80 Jahren ist Wirtin Giesela immer noch für die Truppe da und zaubert ein tolles Buffet, das keine Bikerwünsche offenlässt. In bereits 45 Jahren ist dies alles zur einer großen Familie geworden und hat Kultstatus erlangt. Jedes Jahr aufs Neue fragen die Menschen rund um Gieselas Campingplatz wann kommen die Verler Mopedfreunde? Denn dann bebt der kleine hessische Ort Heringhausen. Das nicht ohne Grund - die Verler Clique kommt mit über 40 Mofas und Mopeds angebraust, einschließlich Besenwagen und gesamten Equipment, bestehend aus Theke, Zapf- und Musikanlage und allem was das Männerherz begehrt. Ist die Truppe frisch angekommen, nimmt sie den Campingplatz für 24 Stunden in Beschlag. Viele Einheimische kommen und gesellen sich gerne dazu.

Es wird gefachsimpelt, Erfahrungen ausgetauscht und Anekdoten erzählt. Wie zum Beispiel ein Heringhausener, der in den 70iger Jahren, mit einem Heinkel-Roller zum Gardasee gefahren ist und den schöntes Urlaub seines Lebens erlebte. Oder die Story über das so genannte Findelkind Marvin Friedrich aus Fürstenberg erzählt wird, der alljährlich am Straßenrand steht, um mit der wilden Meute mitfahren zu können. Seit 1977 gibt es die Verler-Moped-Freunde bereits. Die große Lust auf Tour zu gehen, wurde nur von der anstehenden Bundeswehrzeit und der anfänglichen Begeisterung für 4 Räder mit Dach über dem Kopf unterbrochen – dem Auto. Da saß die Mietze rechts neben einem und das Radio spielte Rockmusik. Das war dann schon echte Konkurrenz. Aber wie das so ist, bei dem einen ist Mietze mittlerweile weg und beim anderen das ist Auto zu einem langweiligen Gebrauchsgegenstand geworden. Irgendwie hat danach doch Jeder gemerkt, dass das Feeling von Früher nie wirklich Weg war. 

Der Lärm, der Qualm, der Geruch von Zweitakt-Motoren und der Duft der Pubertät hat die Mopedfreunde nie losgelassen. Also war dann jedem klar, dass der Spaß, die Freude, die tollen Erlebnisse und der Drang nach Freiheit niemals enden wird und die Tour zur Diemel-Talsperre für immer ein Muss bleibt.

Und das es so weitergeht, dafür sorgen bereits sieben Nachwuchsbegeisterte und es rücken immer wieder junge Familienmitglieder nach. Für die Neulinge gilt natürlich auch das Motto - Egal ob Regen, Sturm und Schnee, mit Moped und Zelt zum Diemelsee – ein knallharter Kerl ist immer aus Verl.
Die jungen Leute sind eindeutig von dem Fiber der Routiniers infiziert worden. Die meist Ü50 Jährigen strahlen eine Begeisterung aus, die einfach anstecken muss und da ist es egal, das sie mittlerweile Bauch tragen, Arbeitgeber geworden sind, eine Jacht, oder sogar Besitzer eines Privatflugzeuges sind.

Der alte weitergelebte Jungendtraum, es mit 2,5 PS und 50 CCM mal richtig knallen zu lassen, fixt den Nachwuchs einfach an und dann heißt es: „Papa ich will auch mitfahren“. Da versteht es sich von selbst das die Mofaverrückten in ganz NRW unterwegs sind alte Mofas, Mopeds und Ersatzteile aufzutreiben, um den Wunsch ihrer Kinder erfüllen zu können. Und wenn die Youngster erst einmal ein eigenes Moped haben, sind sie sowieso für immer infiziert.

Wohl dem der eine Schrauberlegende wie Gerd Beyer in seinen Reihen hat, der alles schrauben kann. Er kennt jede europaweite Marke, jede Schaltung, jedes Getriebe und er bringt alles wieder zum Laufen. Kleine Reparaturen und Schönheitsarbeiten, übernimmt der Mopedfreund aus Verl in seiner Garage, oder Kuhstall natürlich selbst. Wenn die ganze Truppe auf Tour ist, fährt am Ende des Konvois standesgemäß ein Besenwagen mit, der für größere Pannen drei Ersatzmopeds auf dem Hänger hat.

Um die Tradition über das ganze Jahr wachzuhalten, trifft sich die Clique jeden Mittwoch um 18 Uhr in Bornholte im so genannten Museum, dem “Männerwohnzimmer“ für Alle. Hier kommt wirklich jeder der inzwischen handfeste Typen zum Abhängen vorbei. Dabei sind wirklich alle Berufsgruppen vertreten, wie z. B. Tiefbauer, Autoprofis, Landschaftsgärtner, Tischler, Bauprofis, Versicherungsspezies, Drucker, Zweiradmechaniker, Optiker, Architekten, Spediteure, Ingenieure, Lebensmittel- und Landmilchhändler und Museumsbetreiber. 

Gleichzeitig ist „das Museum“ Jahresunterstellplatz für die meisten Mofas und Mopeds oder andere Zweiradraritäten. Geschaffen haben dieses einzigartige Ambiente, die beiden Moped-Fiber befallenden Sascha Dickhut und sein Sohn Laurenz der selbst eine Honecker-Schwalbe sein Eigen nennt.

Die meisten Zweiräder, die wir hier finden, sind Scheunenfunde von Höfen aus der Umgebung, reine Zufallsfunde oder Tipps von Moped-Freunden. So fand man auch den seltenen Kreidler-Roller R50 Baujahr 1954, die Kombinette 1956, die Heinkel-Perle von 1958 und viele andere Zündapp und Miele Mopeds. Das älteste Modell ist eine Thomann aus dem Jahr 1928 und die ist sogar mit Beiwagen ausgestellt.

Wir vom CARL sind einfach begeistert!