Kunst als Lebensaufgabe

Dass sie einmal Künstlerin werden würde, war erst einmal nicht vorgesehen. Sie wuchs in Russland auf, umgeben von wilder Natur und den unterschiedlichsten Völkern – von Russen über Baschkiren
bis hin zu Tataren. Dieser besondere Hintergrund prägt sie bis heute.

An einem der letzten Wochenenden wurde es in der Wiedenbrücker Innenstadt einmal wieder bunt und kreativ. Bei der Aktion »Art is love« stellte die Malerin Larissa Spenst an und in einigen Geschäften ihre Kunstwerke aus. Das machte uns neugierig und so haben wir die Künstlerin in ihrem Atelier vor den Toren Wiedenbrücks besucht.

Larissa Spenst begrüßt uns herzlich in ihrem wunderschönen Zuhause. Ihr Atelier, das den gesamten Dachraum ihres Hauses einnimmt, zeigt die große Bandbreite ihrer Kunst. Da stehen Farbexplosionen neben Tuschezeichnungen und gegenständliche Porträts neben expressiven, abstrakten Kunstwerken. Am liebsten arbeitet sie mit Ölfarben, da diese geschmeidig und flexibel sind. Da sie nur langsam trocknen, fordern sie der temperamentvollen Frau einige Geduld ab. Gleichzeitig gibt ihr das aber auch Gelegenheit, ihren Gefühlen freien Lauf zu lassen und dem Malerlebnis nachzuspüren. Sie will mit ihren Kunstwerken ihr Innerstes auf die Leinwand bringen und Emotionen – auch im Betrachter – auslösen. Larissa testet aber nicht nur unterschiedlichste Motive, sondern auch ungewöhnliche Materialien wie Lack oder Ruß, die sie auf Untergründen wie LKW-Planen verarbeitet. Oder auf alten Landkarten, die eingerollt in ihrem Atelier stehen. 

Viele Mitglieder ihrer deutschstämmigen Familie waren künstlerisch begabt. Ihr Onkel zeichnete mit Kerzenruß an die Wände der
heimischen Hütten. Ihre Tanten fertigten kunstvolle Decken. Doch für ihre Eltern kam ein künstlerischer Weg für ihre Tochter nicht in Frage. So konnte Larissa ihre Kreativität als Kind und Jugendliche nur in Hobbys ausleben. 

Als sie 21 Jahre war, ging sie zusammen mit ihrer Familie zurück in das Land ihrer Vorfahren. In Deutschland machte sie eine Ausbildung zur Fremdsprachenkorrespondentin und gründete eine Familie. Erst mit 30 Jahren entdeckte sie Kunst und Kreativität wieder für sich. Intensive Jahre folgten, sie brachte sich vieles selber bei, hatte Privatunterricht beim Wiedenbrücker Künstler Dane Kapevski, zudem absolvierte sie berufsbegleitend die Freie Kunstakademie in Verl. Larissa begann, ihre Werke auszustellen, machte Kunstreisen und war – so ganz »nebenbei« - als Textil-Designerin bei Annette Görtz tätig. 2018 entschloss sie sich dann endgültig, als freischaffende Künstlerin zu arbeiten. Sie betrachtet Kunst als ihre Lebensaufgabe. Sie malt nicht nur, sondern macht Kunstprojekte mit Jugendlichen und unterrichtet. Ihren SchülerInnen will Larissa Spenst vermitteln, dass sie ihre Persönlichkeit und Emotionen in ihre Werke einfließen lassen. Denn nur dann sind sie stark und authentisch. Eben so wie Larissas eigene Werke. Wir verabschieden uns nach einem inspirierenden Vormittag und entdecken auf unserem Weg nach draußen in einer Scheune Larissas neues Projekt: große Bahnen mit expressiven Farbexperimenten, mit denen sie in Wiedenbrück Statuen verhüllen will, ein wenig auf den Spuren von Christo. Wir sind gespannt und freuen uns darauf.