Der alte Kirchplatz

Es wird ja gerne gesagt, dass der Kirchplatz das romantische Herz Güterslohs ist. Und wenn man ihn so sieht mit seinen gemütlichen Fachwerkhäuschen, die rund um die Apostelkirche stehen, dann kann man dem nur zustimmen. Aber er ist nicht nur das: Am Kirchplatz schlüpfte Gütersloh sozusagen aus dem Ei.

1201 wurde Gütersloh erstmals als eigenes Kirchspiel erwähnt. Auf dem Platz rund um die Kirche wurde im 14./15. Jahrhundert den Bauern die Errichtung von Spiekern (Speichern) erlaubt, aus denen ab 1600 allmählich Wohn- und Geschäftsbauten wurden. Die Ackerbürgerhäuser, ein- und zweigeschossige Fachwerkhäuser, dienten nicht nur zur Getreideablage, sondern wurden auch als Wochenendhäuschen genutzt. Hier traf man sich z.B. zum Sonntagskaffee nach dem Kirchgang. Kirche und Kirchplatz lagen oberhalb der Kreuzung der Wege nach Herzebrock, Wiedenbrück, Paderborn, Osnabrück und Bielefeld (heutige Stadtbibliothek). Der Weg führte zunächst hinter dem Ring entlang. Nach dem Bau der Köln-Mindener Eisenbahn im Jahr 1847 mussten die Gebäude zwischen Kirchstraße und Kirchhof den Verkehrsbedürfnissen zwischen Stadtmitte und Bahnhof weichen.

Die Apostelkirche war immer der Mittelpunkt des einstigen Kirchdorfes. An ihrer Stelle könnte bereits um 800 eine Holzkapelle gestanden haben. 1201 wurde die erste Steinkirche errichtet. Nach der Reformation kam es zum Streit zwischen den Konfessionen um die einzige Kirche Güterslohs. So wurde sie seit 1655 von Katholiken und Protestanten gemeinsam genutzt. 1890 endete dieses sog. Simultaneum mit dem Bau der St. Pankratius-Kirche Unter den Ulmen. Die Apostelkirche wurde am 26.11.1944 durch einen Bombenangriff zerstört. Dabei wurden 19 Menschen getötet. 1952 wurde die Kirche wieder aufgebaut.

Und immer wieder gibt es Überraschungen. So wurden bei Renovierungsarbeiten im Haus Nr. 11 zahlreiche Fragmente gefunden, die das Haus als bisher ältestes am Kirchplatz ausweisen. Offiziell steht der gesamte Kirchenring seit 1984 unter Denkmalschutz und ist inmitten des Stadtlärms eine kleine romantische Oase, die im Dezember zur zauberhaften Kulisse für den einmaligen Weihnachtsmarkt an der Apostelkirche wird.

Das Veerhoffhaus (Nr. 2) fungierte in seiner langen Geschichte u.a. als Apotheke, Kolonial- und Manufakturwaren-Laden oder als Musikalienhandlung. Nach Umbau und Renovierung wurde es 1973 dem Kunstverein des Kreises zur Verfügung gestellt, der noch heute dort zu Hause ist. Eine Zeitlang sah das Veerhoffhaus mit Verputz ganz anders aus als heute (Foto von 1939). Heute ist es wieder in alter Fachwerkpracht zu sehen.

Der Spieker am Alten Kirchplatz 12, welcher Mitte des 18 Jahrhunderts erbaut wurde, diente einst sowohl als Getreide-Speicher als auch als Ladenlokal. Heute findet dort die Verwaltung der Stadtstiftung ihren Platz. Neben dem typischen Fachwerkgebäude befindet sich das Geburtshaus des Mitbegründers der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger, Adolph Bermpohl.