Die Caritas Im Interview - Vor, während und nach der Corona Krise

Die Corona-Krise ist allgegenwärtig und bestimmt unser Leben. Wir von Carl wollten unbedingt wissen, wie die örtlichen Pflegeverbände mit der Krise umgehen. Unser Herausgeber Matthias Kirchhoff hat deshalb mit Matthias Timmermann, Vorstand des Caritasverbandes für den Kreis Gütersloh e.V., und Kerstin Pleus, Fachbereichsleitung Häusliche Pflege und Betreuung sowie Leben und Wohnen im Alter bei der Caritas, darüber gesprochen.

Wie geht die Caritas Gütersloh vor Ort mit der Corona-Krise um?

Das Coronavirus bestimmt unseren Alltag mittlerweile komplett! Soziale Kontakte sind auf ein Minimum reduziert und eingeschränkt, die meisten Geschäfte sind geschlossen. Wir, als Caritasverband Gütersloh, sind uns dabei der besonderen Verantwortung bewusst, die wir für die Gesundheit und die Sicherheit unserer kreisweit 800 Mitarbeiter und unserer etwa 3800 schutzbedürftigen Kunden haben. Wir verstehen die Unsicherheiten im pflegerischen Alltag, seitens der Kunden, Angehörigen und seitens unserer Mitarbeitenden und haben umgehend gehandelt. Alle Vorschriften und Schutzmaßnahmen werden penibel eingehalten. Damit gewährleisten wir die größtmögliche Sicherheit für unsere Mitarbeitenden und Kunden. Und nur so kann die Ausbreitung des Coronavirus Covid 19 weiter verlangsamt werden.

Was bedeutet das für die ambulante Pflege?

In der ambulanten Pflege haben wir eine besondere Stellung, denn wir kommen täglich in unterschiedliche Versorgungssettings. Für die teilstationäre Pflege liegt vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen ein Erlass vom 17.03.2020 vor, mit dem ein Betretungsverbot für die Tagespflegen ausgesprochen wurde.

Aber wer hat jetzt noch Zugang zu den Menschen, die gepflegt werden müssen?

In besonderen Ausnahmefällen ist die Tagespflege weiterhin möglich. Zum einen muss die Betreuungs- oder Pflegeperson eine unverzichtbare Schlüsselperson* sein. Hier muss die Unentbehrlichkeit der betreffenden Einrichtung durch eine schriftliche Bestätigung des jeweiligen Arbeitgebers bzw. Dienstvorgesetzten nachgewiesen werden oder es liegt eine glaubhafte Gefährdung der häuslichen Versorgung bei Wegfall der teilstationären Pflege und Betreuung vor. »Wie schaut es denn bei den Seniorenwohngemeinschaften aus?
Im Bereich der Caritas-Seniorenwohngemeinschaften und unserer vollstationären Einrichtung, dem Caritas-Haus St. Anna in Verl, gibt es ein Betretungsverbot, d.h. niemand außer dem Pflegepersonal kommt in die Häuser. So sind die pflegerischen und betrieblichen Abläufe gesichert. Und unsere Bewohner sind bestens versorgt.

Wie ist Ihre Geschäftsstelle für die unterschiedlichsten Anliegen erreichbar?

Wir sind nahezu rund um die Uhr erreichbar. Einige Mitarbeitende sind im Homeoffice tätig. Die anderen sind in zwei Teams aufgeteilt, die im Zweischicht-System arbeiten. Für die Geschäftsstelle gibt es natürlich ebenfalls Handlungsanweisungen. Flächendesinfektionen werden regelmäßig durchgeführt. Mit das Wichtigste ist aber das Einhalten der mittlerweile bekannten Regeln: regelmäßiges Händewaschen, ein Abstand von mindestens 1,5 Metern zwischen zwei Personen, Gruppen meiden, kein Handschlag, keine Umarmung. So wird persönlicher Kontakt vermieden und die Ansteckungsgefahr eingeschränkt. Zudem haben wir das Corona-Sorgentelefon und das Corona-Hilfetelefon eingerichtet. (s. Kasten)

Und wie läuft die Kommunikation innerhalb der Caritas
Gütersloh ab?

Kommunikation und Austausch sind jetzt besonders wichtig. Wir stehen vor besonderen Herausforderungen, die wir mit Ruhe und Besonnenheit meistern. Daher sind wir mehrmals täglich im Austausch mit unseren Pflegedienstleitungen per Telefon oder Mail. Wir sorgen für absolute Transparenz.

Wie ist die Caritas Gütersloh denn grundsätzlich vorbereitet auf die Corona-Pandemie oder sich global verbreitende Krankheiten?

Wir haben einen betrieblichen Pandemieplan aufgestellt. Jeder Mitarbeitende weiß anhand dieses verlässlichen Planes, was er zu tun hat, um die Versorgung sowie die Sicherheit und Gesundheit der Kunden bzw. der Mitarbeitenden zu gewährleisten. Wir haben zwei Krisenstäbe eingerichtet, die mehrmals täglich bzw. wöchentlich tagen. Erforderliche Entscheidungen werden einheitlich abgestimmt. Auch die Wohlfahrtsverbände untereinander arbeiten eng zusammen. So ist eine Versorgung der Kunden auf jeden Fall gewährleistet. Zudem haben wir bereits frühzeitig eine Risikoeinschätzung aller ambulanten und teilstationären Kunden vorgenommen. Analog zu einem Ampelsystem wurden unsere Klienten in unterschiedliche Gefährdungsstufen eingeteilt. Im Falle eines Falles können wir so schnell reagieren. Letztendlich müssen wir immer beurteilen, bei welchen Kunden lebensnotwendige Leistungen, wie z.B. eine Insulingabe, erforderlich sind, sodass unser Einsatz unbedingt erforderlich ist. Oder – entsprechend des o.a. Erlasses formuliert: Bei welchen Kunden liegt eine Gefährdung der häuslichen Pflege und Betreuung vor?Wie reagiert die Caritas auf die ständig wechselnden Anforder-
ungen und Erlässe?

Der Erlass zur Schließung der Tagespflegen ereilte uns morgens um kurz nach sieben. Aufgrund unserer guten Vorbereitung zeigten alle beteiligten Akteure Ruhe und absolute Professionalität. Die erforderlichen Handlungsmaßnahmen wurden in Ruhe umgesetzt, sodass unsere Gäste und deren Angehörige die entsprechende Fürsorge und Beratung erhalten haben. Unser Ziel ist es, die bestmögliche Versorgung schutzbedürftiger Menschen zu gewährleisten. Entsprechende Anschreiben mit Informationen als auch mit niederschwelligen Hilfsangeboten wurden verteilt. Der Austausch mit den Caritas-Sozialstationen erfolgte reibungslos und schnell, sodass das ein oder andere Setting für Zuhause noch optimiert werden konnte. Ganz wichtig ist auch, dass sich gerade in Zeiten sozialer Vereinsamung unsere hilfesuchenden Kunden neben der Pflege über ein fürsorgliches Wort freuen.

GüterslohTV und Carl berichten ja schon eine ganze Weile über die vielfältigen Angebote der CARITAS Gütersloh. Einige davon bekommen doch nun sicher eine ganz andere Relevanz?

Das ist richtig. Jetzt wird noch einmal deutlich, wie groß und verlässlich wir aufgestellt sind. So können wir auch noch ganz andere Hilfen anbieten. Wir unterstützen beim Einkaufen, holen Rezepte und Medikamente bei Ärzten und Apotheken ab. Wir versorgen unsichere Menschen kurzfristig mit unserem Hausnotrufsystem. Und wir bieten für das gesamte Kreisgebiet Essen auf Rädern an.

Wie geht es denn eigentlich Ihren Mitarbeitenden vor Ort in den Einrichtungen?

Alle Leitungen fühlen sich sehr gut informiert und begleitet. Die Informationsketten innerhalb der Caritas Gütersloh funktionieren gut. So werden unsere Handlungsanweisungen vor Ort konsequent eingehalten und umgesetzt. Das bedeutet auch, dass wir uns vertrauen und innerhalb des Verbandes eine hohe Verlässlichkeit haben.Sind Ihre Mitarbeitenden ebenfalls gut geschützt? Kundenversorgung und der Mitarbeiterschutz sind gewährleistet. Wir sind mit notwendigen Hygieneartikeln und dem erforderlichen Schutzmaterial noch gut ausgestattet. Wichtig ist außerdem, dass jeder im beruflichen und auch privaten Kontext die hygienischen Spielregeln einhält.

Eine solche Krise bietet ja auch immer neue Möglichkeiten. Welche Chancen und Möglichkeiten tun sich Ihrer Meinung nach auf?

Mit Corona oder ohne – sowohl unsere Gesellschaft als auch unser Verband sind dieselbe Gesellschaft und derselbe Verband wie vorher. Nur jetzt werden unsere Solidarität, unsere Vernunft und unser Miteinander auf die Probe gestellt. Unser Verband wie auch andere Wohlfahrtsverbände zeichnen sich dadurch aus, gemeinsam anderen Menschen in Not zu helfen. Gerade Caritas und Diakonie arbeiten hier, ungeachtet ihrer unterschiedlichen religiösen Ausrichtung, sehr partnerschaftlich zusammen und stimmen ihre Dienste ab. »

Wie wichtig sind die Mitarbeitenden in dieser Konstellation und in dieser Zeit?

Unsere Mitarbeitenden und insbesondere unsere Pflegekräfte leisten Unglaubliches und bewältigen diese Krise maßgeblich mit. Wir sind stolz und dankbar für ihren unermüdlichen Einsatz rund um die Uhr und können die Leistungen unserer Mitarbeitenden gar nicht genug wertschätzen. Vielen Dank an alle dafür!

Das stimmt absolut, das können wir Ihren Mitarbeitenden gar nicht hoch genug anrechnen!!! Womit wir auch schon beim gesellschaftlichen Stellenwert der »Pflege« wären.

Vor der Krise stand der Pflegefachkräftemangel immer wieder
und endlos in der Diskussion. Die Politik tat sich schwer und erforderliche Maßnahmen blieben aus oder wurden verlangsamt umgesetzt.

Durch die Krise bekommt der Pflegeberuf endlich einen neuen Stellenwert. Pflegekräfte sind plötzlich systemrelevant. Täglich gibt es neue politische Ankündigungen zwecks Entlastung oder Unterstützung, damit wir – die Pflege – die Folgen der Corona-Krise bewältigen können. Unbürokratische Entscheidungen sind auf einmal möglich. Alle »hoffen und beten«, dass die Pflegekräfte durchhalten! Was glauben Sie, wie wird es nach der Corona-Krise aussehen?

Wir hoffen und wünschen uns, dass Politik und Gesellschaft aus der Krise lernen und Pflegeberufe die Anerkennung, Wertschätzung und die optimalen Rahmenbedingungen bekommen, die ihnen gebührt. Darüber hinaus wäre es großartig, wenn die Zusagen der Polititk kurzfristig und unbürokratisch realisiert werden. Und wir würden uns freuen, wenn sich noch mehr Menschen für diesen sinnvollen und erfüllenden Beruf begeistern.

Corona Sorgentelefon
Der Caritasverband für den Kreis Gütersloh e.V., die Stadt Rheda-Wiedenbrück und die Gemeinde Langenberg haben ein Corona-Sorgentelefon eingerichtet. Am Telefon findet Ihr kompetente Ansprechpartner für Eure Sorgen im Umgang mit der Corona-Pandemie. Der Schwerpunkt liegt auf der psycho-sozialen Beratung. Hier geht es nicht um medizinische oder juristische Fragestellungen rund um das Corona-Virus, sondern um das, was Euch dabei sorgenvoll

bewegt.