Die ehemalige Gaststätte Upmann, gelegen an der Bielefelder Straße und vergangenes Jahr im neuen Look und unter neuem Namen wiedereröffnet, hat schon so einige Feiern miterlebt und schon so einiges gesehen. Das alte Wohn- und Wirtschaftsgebäude aus Fachwerk stammt bereits aus dem Jahre 1782 und die alten hölzernen Säulen, der denkmalgeschützte Kern des Gebäudes, sind auch heute noch erhalten. 1835 eröffnete Franz Heinrich Upmann in diesem Fachwerk eine Gaststätte unter seinem Namen. Es stellte sich heraus, dass der Standort entlang der heutigen B61 ideal war. Schon vor fast 200 Jahren verlief dort eine wichtige Verkehrsader – die Chaussee zwischen Bielefeld und Gütersloh. Nur stauten sich damals vor der Gaststätte noch keine Autos und LKWs, sondern Reiter und Fuhrleute, die versorgt werden wollten. Die Gaststätte Upmann war die einzige Möglichkeit zur Rast auf der Route zwischen Gütersloh und Bielefeld.
1873 erweiterte die Familie Upmann die Gaststätte um ein zusätzliches Gebäude, um dort weitere Gäste unterzubringen. Damals war Upmann bereits mehr als »nur« ein Gasthaus. August Upmann etablierte außerdem einen Kolonialwarenhandel und verkaufte Kohlen oder Düngemittel, später sogar Salz. Spätestens in den goldenen Zwanzigern änderte sich aber Upmanns Geschäftsfeld: Weniger Handelswaren, dafür mehr Gastronomie. 1924 eröffnete der große Biergarten. Wobei die historischen Fotos eher an einen sattgrünen Garten, ja fast an einen Park erinnern, als an einen klassischen Biergarten – genug Platz um nach einer ausgiebigen Mahlzeit den Körper mit einem Spaziergang durch den wunderschönen Garten wieder in Schwung zu bringen. Unter den schattenspendenden Baumkronen entdeckt man neben Arrangements aus Tischen und Stühlen auch gemütliche Liegestühle – reichlich Platz für viele Gäste, die in der Sonne ihr Bier genießen konnten.
Und 1936 – das zeigt die Karte aus diesem Jahr – bekam man noch reichlich Bier für seine Mark. 25 Pfennig kostete ein »Helles«. Ein Korn zum Anstoßen bekam man schon für 10 Pfennig. Man könnte meinen, dass diese Preise auch für das Jahr 1936 noch zu günstig waren. Schließlich erkennt man auf der Karte aus diesem Jahr nur zu gut, dass bei einigen Getränken handschriftlich eine Preissteigerung durchgeführt wurde.
Der Preis für Cognac und Liköre wurde von 30 auf 35 Pfennig nach oben korrigiert. Doch auch trotz der steigenden Preise kehrten reichlich Gäste in den Biergarten und die Kneipe ein. Besonders in der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg war Upmann eine der ersten Adressen in Gütersloh, wenn es ums Feiern ging. Viele Paare feierten ihre Hochzeit unter den hohen Bäumen des Biergartens. Unzählige Polterabende, Vereins- und Betriebsfeiern sorgten dafür, dass bei Upmann so einige Tropfen vergossen wurden. Mit Sicherheit können sich zahlreiche Gütersloher und sicher auch der ein oder andere Carl-Leser an eine Feier im Tanzlokal an der B61 erinnern – schließlich war die Gaststätte im Prinzip Güterslohs erste Diskothek. Auch zu ganz besonderen Ereignissen wurde bei Upmann gemeinsam gefeiert. So zum Beispiel am 04. Juli 1954. Im rappelvollen Biergarten drängten sich die Gäste und starrten gebannt auf einen kleinen Fernseher, der extra für die Weltmeisterschaft angeschafft wurde, während in Bern die deutsche Fußballnationalmannschaft um den WM-Pokal spielte und die Ungarn schließlich mit 3:2 bezwang – Jubel im Garten hinter der Kneipe.
1951 stieg Richard Upmann in das Geschäft ein und setzte die Familientradition fort. Auch unter seiner Leitung gab es nicht nur kühle Getränke und Schnittchen. Der gelernte Konditormeister servierte auch köstliches Eis, lange bevor italienische Eisdielen in Gütersloh Fuß fassten. 59 Jahre stand Richard Upmann am Zapfhahn – und war damit wohl einer der ältesten Gastronomen Ostwestfalens. 2010 schloss das traditionsreiche Gasthaus. Mehrere Jahre waren die Gebäude und der Garten, der seit seiner prächtigen Zeit in den 1920ern einiges an Glanz verloren hat, dem Verfall ausgesetzt. Doch dann kam neues Leben in die alte Gaststätte. Im vergangenen Jahr eröffnete der Schenkenhof dort, wo früher Upmann war. Das alte Fachwerkhaus wurde denkmalgerecht renoviert und rundherum neuaufgebaut. So verbindet der Schenkenhof die Tradition der Gaststätte Upmann mit moderner Gastronomie. Und auch der historische Biergarten soll wiederaufleben. Hinter dem Gebäude soll nach dem Vorbild des alten Gartens ein neuer Platz draußen im Freien für die Gäste entstehen. Ein Blick in den nächsten Carl könnte euch schon verraten, wie es im traditionsreichen Garten jetzt aussieht.