Franz Konrad öffnet die Tür der Fabrikhalle, wir treten ein und augenblicklich beginnen die Augen unseres Fotografen Dominique zu strahlen: Wir befinden uns mitten in einem PS-Paradies. Wohin man in der riesigen, blitzsauberen Halle auch blickt: Porsches, Lamborghinis und andere Boliden. Wir sind bei Konrad Motorsport, einem der erfolgreichsten deutschen Rennställe. Der sympathische Franz Konrad, der seit über 50 Jahren im Motorsport im wahrsten Sinne des Wortes unterwegs ist, kann seine Leidenschaft für Autos wirklich nicht verleugnen. Begeistert zeigt er uns seine Autos und erzählt zu jedem einzelnen eine Geschichte:

Mit diesem gewann sein Team den Porsche-Cup, mit jenem ist es auf dem Nürburgring, in Monza oder auf einer anderen bekannten Rennstrecke weltweit gefahren. Der gebürtige Österreicher gründete die Konrad Motorsport GmbH im Jahr 1976. Wie er selbst sagt, sei er familiär ein wenig vorbelastet. Vom Vater, einem Motorradfreak, sei er schon als einjähriger Knirps im Seitenwagen mitgenommen worden. Ein Onkel war begeisterter Schrauber und baute sogar ein Flugzeug. Seine Kindheit und einen Teil seiner Jugend verbrachte Konrad auf einem Bauernhof in Österreich. Nach einer Ausbildung zum Automechaniker und -elektriker trieb ihn sein Fernweh nach Deutschland, wo er zunächst in Köln landete. Doch seine Tante, die in Harsewinkel lange das »Deutsche Haus« führte, sorgte sich um ihn und holte ihn zu sich. Er arbeitete bei Fiat in Harsewinkel und half ab und zu in der Kneipe der Tante aus. Fortan blieb er in Ostwestfalen und ging auf Reisen zu den Rennstrecken dieser Welt. Franz Konrad war nämlich selbst bis vor fünf Jahren Profi-Rennfahrer.

In seiner Fahrerlaufbahn gewann Konrad unter anderem die deutsche Formel-3-Meisterschaft, die 24 Stunden auf dem Nürburgring und die GT Europameisterschaft. Seit fünf Jahren tritt er ein wenig kürzer. So ganz kann er es aber doch nicht lassen und fuhr vor zwei Jahren bei den 24 Stunden in Portimao (Portugal) und Mugello (Italien) aufs Podium. Lachend erzählt er, dass es immer noch heißt, dass der »Konrad« mitfahren muss, um garantiert einen Platz auf dem Podium zu ergattern. Seine Lieblingsstrecke ist übrigens, neben Le Mans, die Nordschleife des Nürburgrings. Sein Team verzeichnet auf nationaler und internationaler Ebene große Erfolge. In den letzten Jahren konzentrierte sich Konrad Motorsport mit Erfolg auf die Porsche-Markenpokale. 2015 feierte das Team zudem eine erfolgreiche Premiere bei der Lamborghini Super Trofeo Europe. Diese Erfolgsserie setzte sich fort mit dem Gewinn der Pro AM in den Jahren 2017 und 2018 sowie sechs Klassengewinnen und den Gesamtsiegen in den Klassen Pro AM und AM bei der Lamborghini Super Trofeo Middle East 2019 in Abu Dhabi.

Auch bei Langstrecken-Events ist Konrad Motorsport regelmäßig am Start. In der Saison 2019 zum Beispiel beim 24-Stunden-Rennen auf der Nürburgring-Nordschleife. Sein Erfolgsgeheimnis erklärt der charismatische Konrad mit hervorragenden Fahrern und Top-Autos. Für gute Fahrer hat Konrad einen guten Instinkt. Er kann es nicht erklären, bezeichnet das als »Bauchgefühl«. Und das trügt ihn selten. So hat er z. B. Nick Tandy, Sven Müller oder Michael Christensen aufgebaut. Einige seiner ehemaligen Fahrer verdienen heute ihr Geld als Werksfahrer namhafter Automobilfirmen. Und seine exzellenten Techniker sorgen für die perfekte Ausstattung der Autos. Obwohl er im Moment recht zufrieden ist und der Vergangenheit keinesfalls nachtrauert, vermisst Konrad einiges aus der alten Zeit. Früher sei alles ehrlicher gewesen. Heute mache etwa die BOP den Rennställen und Fahrern das Leben schwer. Diese sog. »Balance of Performance« soll Chancengleichheit für alle Wagen bringen, indem man etwa das Gewicht von Autos, die in den ersten Runden erfolgreich waren, erhöht. Nach Meinung von Konrad und anderen Fachleuten sind das völlig unsinnige, von unwissenden Sportfunktionären auferlegte Vorschriften, die die Kosten für die Rennställe in die Höhe treiben.

Doch die Entwicklungen im Rennsport bringen auch einige Vorteile. Das Fahren sei heute sehr viel sicherer als früher. Während man noch vor zwanzig Jahren nach zwei Stunden Fahrt blutige Handinnenflächen vom ständigen Schalten hatte, sei das Fahren heute viel entspannter. Ein moderner Rennwagen stecke voller Technik und Sensoren, die z. B. die Reifentemperatur messen. Alles kann der Fahrer vom Lenkrad aus steuern und kontrollieren. Franz Konrad beugt sich in das Cockpit eines Wagens und holt das Lenkrad heraus, das tatsächlich wie eine Playstation-Steuerung aussieht. Mit den diversen Knöpfen kann der Fahrer zum Beispiel die Temperatur der Reifen kontrollieren. Und mit einer kurzen Betätigung der rechten Wippe startet das Auto – alles scheint ganz leicht.

Doch trotz der Technik und zahlreichen Fahrerleichterungen müssen die jungen Fahrer fit sein, denn sonst geht in einem langen Rennen schnell die Konzentration verloren. Konrads Fahrer laufen viel, haben individuell auf sie abgestimmte Trainingspläne und trainieren im hauseigenen Fitnessraum. Franz Konrad würde diesen Beruf immer wieder wählen, aber man müsse sich bewusst sein, dass man immer und vor allem am Wochenende unterwegs sei. Doch wenn der Rennzirkus wieder in die Saison startet, sind Franz Konrad, die Mitglieder seines Teams und alle jungen Fahrer begeistert dabei. Dann werden die Rennwagen in die riesigen Trucks mit Büro und Werkstattausrüstung verfrachtet und es geht zum nächsten Rennerfolg.