Es ist ein kühler und windiger Freitag. Vor dem Verler Schulzentrum treffen wir Philipp Giljohann, der als Künstler weit über die Grenzen seiner Heimatstadt hinaus von sich reden macht. Zwischen den Scharen von Schülern fällt der junge Mann kaum auf. Unter seinem Arm eine Mappe mit künstlerischen Arbeiten, auf dem Rücken ein Rucksack und in der Hand ein Hocker für kreatives Arbeiten an der frischen Luft. Mehr an Equipment braucht es nicht, um uns auf eine beeindruckende Malreise in Giljohanns Heimatstadt mitzunehmen.
Schon hat der 27-jährige mitten auf dem Schulhof seinen Arbeitsplatz eingerichtet und skizziert mit Tusche den vor ihm liegenden Platz mit der Grundschule als prägnanter Hauptdarstellerin. Beim sogenannten »Urban Sketching« werden Momente, die man vor Ort und beim Zeichnen erlebt hat, festgehalten. Auf diese Weise entstanden auf Malreisen mit Studenten der Hochschule OWL in Detmold, an der Giljohann als unterstützende Lehrkraft arbeitet, Collagen mit ganz individuellen Erinnerungen an die besuchten Städte. Während wir über die Detailtreue und Schnelligkeit in der Ausführung staunen, wollen in der Nähe sitzende Schüler wissen, was wir hier machen. Philipp Giljohann schmunzelt. Er werde häufig von Menschen angesprochen, wenn er an der frischen Luft Kunstwerke erschaffe. Dabei ist es nicht seine Art, im Mittelpunkt zu stehen. Im Internet präsentiert er sich häufig von hinten oder von der Seite, selten ist sein Gesicht zu sehen. Der Künstler lässt viel lieber seine Werke für sich sprechen. Er verschmilzt gerne mit der Umgebung, saugt die Atmosphäre des Ortes in sich auf und transportiert seine Eindrücke auf Papier oder Leinwand. Gebäude, witzige Details, Kunstwerke, Verfallenes und Glänzendes entstehen nebeneinander auf einem Blatt Papier.
In unserem Rücken liegt die Realschule, die Philipp Giljohann besuchte, bevor er sich zunächst für eine Tischlerlehre und anschließend für ein Studium der Innenarchitektur in Detmold entschied.
Während er schon immer gerne Skizzen anfertigte, kam er zu der Bandbreite seiner heutigen Kunst erst durch seinen Dozenten und heutigen Mentor Philipp Hiller. Dieser habe seine Begabung erkannt, mit Farben und Perspektiven umzugehen und forderte ihn heraus, sich künstlerisch auszuprobieren. Rückblickend betrachtet der Verler diesen Moment als Initialzündung für sein künstlerisches Schaffen. Giljohann experimentiert seither voller Neugierde mit verschiedenen Farben, Techniken und Stilen. Er malt mit Öl-, Acryl- und Aquarellfarben in einem Moment abstrakte Bilder und im nächsten Moment detailgetreue Skizzen und Zeichnungen mit Bleistift, Kohle oder Tusche. Bei seinen Prozessen und Studien zeichnet sich eine eigene expressionistische Handschrift ab. Erste Ausflüge hat Giljohann auch schon in die Welt der Bildhauerei unternommen. Beim Volksfest Verler Leben im vergangenen Jahr trat der Künstler und Sohn der Stadt als Organisator und Aussteller in Erscheinung. Regelmäßig konnte er seine Werke in den vergangenen Jahren einem breiten Publikum vorstellen.
Inzwischen haben wir am Ölbach einen ruhigen Platz gefunden, um dem Kunstschaffenden beim Aquarellieren über die Schulter zu schauen. Ganz wie es seine Art ist, hat sich Philipp Giljohann einen winzigen Malkasten für unterwegs selbst gebaut. Er zeichne oder male eigentlich immer und überall, schmunzelt der umtriebige Student. Während andere beispielsweise bei Zugfahrten auf ihr Smartphone schauen, arbeite er an einer Skizze weiter. Die Kunst als Lebenselixier, als Ausdrucksweise, die keine Grenzen kennt. Philipp Giljohann hat schon konkrete Pläne für seine Zukunft. Obwohl das Kunstschaffen neben dem Studium viel Raum eingenommen hat, wird er seinen Master machen und möchte anschließend an der Hochschule unterrichten. Wir sind sicher, dieser begabte junge Mann wird noch viel von sich hören lassen.