So manche Perle der Gütersloher Vergangenheit ist nicht auf den ersten Blick als solche zu erkennen. Während sich im Sommer Heerscharen von Familien auf den Weg in das Parkbad machen, um dort zu planschen und ein Eis zu essen, dient das Areal rund um die Mühle Avenstroth, auch als Sundernmühle bekannt, in erster Linie als beliebte Parkgelegenheit. Dabei ranken sich um das historische Gebäude interessante Geschichten und bedeutsame Meilensteine der Stadtgeschichte.
Ob die Sundernmühle mehr als 1 200 oder sogar 1 400 Jahre alt ist, darin sind sich Historiker nicht einig. In jedem Fall hätte die an ihr entlang fließende Dalke einiges zu berichten, würde man sie zu der Wassermühle befragen können. Sie gehört zu einer von acht Mühlen, die sich wie Perlen entlang des Gütersloher Flusses reihen und reihten, denn von einigen sind heute nur noch Fotos vorhanden. Die Geschichte der Anlage ist wechselhaft und nicht so idyllisch wie ihr heutiges Erscheinungsbild vermuten lässt. Es gab Zeiten, in denen sie zur »Zwangsmühle« wurde. Per Dekret wurde hoheitlich angeordnet, dass alles Getreide hier zu malen sei, um von dem zu bezahlenden Mahllohn einen Anteil einzuziehen. Während des Zweiten Weltkrieges und der Nachkriegsjahre war es bei hoher Strafe verboten, Brotgetreide, Roggen oder gar Weizen an Tiere zu verfüttern. Da viele Sunderaner nicht viel Hafer oder Gerste hatten, wurde immer Roggen untergemischt. Die Gebrüder August und Wilhelm Niemöller bauten Avenstroths Mühle in den Jahren Mitte des 19. Jahrhunderts zur Großmühle aus. Dafür konnte der Architekt Christian Heyden aus dem heutigen Wuppertal gewonnen werden, der mit diesem ersten Bauwerk sowie der wenig später errichteten Martin-Luther-Kirche, dem alten Rathaus und anderen Bauwerken in Gütersloh nachhaltige städtebauliche Akzente setzte.
Am linken Dalkeufer entstand ein neues Mühlengebäude und der traditionelle Wasserantrieb wurde mit einer Dampfmaschine und einer Turbine ergänzt. Mit der ersten Dampfmaschine auf Gütersloher Stadtgebiet zog die Industrialisierung ein, was einen ähnlich großen Schritt darstellte, wie heute die Digitalisierung. Auf historischen Bildern ist die wie ein Industriebau anmutende Mühle noch zu sehen, leider wurde ein Großteil bei einem Brand im Jahr 1902 zerstört. Anschließend wurde nur die linksseitige Getreidemühle neu aufgebaut. Seit dem Jahr 1984 ist das imposante rote Backsteingebäude in der Denkmalschutzliste der Stadt Gütersloh zu finden. Heute sind die Stadtwerke Gütersloh Eigentümerin der Mühle Avenstroth. Sie ist die einzige noch voll in Betrieb stehende Wassermühle an der Dalke in Gütersloh und liegt am Wassererlebnispfad der Gütsler Wasserader. Als Pächter betreibt Müllermeister Siegfried Friese die Mahlmühle, mit der auch heute noch der Energiebedarf von 25 Einfamilienhäusern gedeckt werden kann.
Wir können Stadtparkbesuchern einen Abstecher zu dieser sehenswerten historischen Mühle und seiner unmittelbaren Umgebung sehr empfehlen. Die Mühle klappert, wenn der Müller Mehl herstellt oder zu gewissen Anlässen mit dem Rauschen der Dalke im Hintergrund. Noch heute weht ein Hauch von Mühlenromantik sowie Nostalgie durch das Gemäuer, wenn man genau hinsieht und lauscht.