Angst

Mitten im Sommer aus der Sommerpause zurück? Das ist Carls Poeten Ecke! In dieser Ausgabe stellen wir den Slammer, Texter und Workshop-Leiter Niko Sioulis vor, der ab Ende August im Rahmen des »Schreibtisch Gütersloh« junge Menschen zum Schreiben und vortragen animieren wird. Er selbst ist genau so auf die Bühne gekommen: Sein Kumpel Jonas Helmich hat ihn im Jahr 2011 »einfach mal zum Slam GT mitgeschleppt«, wie er sich erinnert. Seitdem ist Niko auf der Bühne aktiv, seit 2013 veranstalten und moderieren beide den Vogelfrei U20-Slam, seit September 2015 den Slam in der Alten Post Oelde und mit dem Start der neuen Saison den Slam GT auf der kleinen Bühne im Kesselhaus der Weberei.

Als Mitorganisator der OWL-Meisterschaft 2015 und der U20 NRW-Meisterschaft 2016, die beide in Gütersloh stattfanden, weiß der junge Poet, was man als »Schreibneuling« braucht. Das nun im Rahmen des Projektes »Schreibtisch« an schreibinteressierte Jugendliche und junge Erwachsene weiterzugeben, entspricht Nikos ehrgeiziger Natur. Und die eigenen Erfolge? Gibt es auch. Bei seiner dritten Slam-NRW-Meisterschaft schaf fte er es ins Finale vor rund 900 begeisterten Zuschauern im Theater Münster.

Hier ein Ausschnitt aus dem Text

» ... «

Dir ist schwindelig. Deine Beine fühlen sich an wie Watte. Es ist so hoch. Du guckst über die Kante und machst dann ganz schnell deine Augen zu und gehst einen Schritt zurück. Du hast Angst zu fallen. Angst vor der Höhe. Auf deinen Beinen fühlst du dich nicht mehr sicher. Sie zittern wie Espenlaub, geben dir keinen Halt. Es fühlt sich an als stündest du auf morschen Stelzen anstatt auf Muskeln und Knochen. Du verkrampfst. Deine Hände fangen an zu schwitzen. Dir läuft eine unangenehme Kälte den Rücken herunter. Du öffnest deine Augen nur ein kleines bisschen und hältst direkt wieder den Atem an. Du musst daran denken zu fallen. Du stellst dir vor, dass du das Gleichgewicht verlierst und fällst. Ein endloser Fall. Ein an dir vorbeiziehendes Leben. Ein Aufprall.Du zuckst zusammen. Zu atmen fällt dir immer schwerer. In deinem Kopf tauchen immer und immer wieder die Bilder davon auf, wie du fällst. Du stehst neben dir selbst und siehst wie du fällst. Du siehst, dass du fällst. Aber du stehst noch immer. An der Kante. Und hast unbeschreibliche Angst. Du willst nicht fallen.Du willst weg. Weg aus dieser Situation. Die dich so sehr quält. Aber du kannst nicht. Du hast eine Entscheidung getroffen. Du schließt deine Augen und atmest noch einmal tief ein und dann springst du in das Schwimmbecken…

 

Text: Ben Hensdiek
Foto: Sven Grochholski