Selbsthilfegruppe

Auch oder gerade Slammerinnen und  Slammer finden in aller Poesie klare, deutliche oder klärende Worte. Für viele ist das Texten ein Ventil für all das, was sich in ihnen aufstaut, was gesagt werden will und was irgendwie raus muss. Beim Poetry-Slam bekommen diese Texte eine Bühne und ein Publikum, das Rückmeldungen gibt. Und so trägt diese Kultur an vielen Stellen dazu bei, den Gedanken »der Jugend« eine Öffentlichkeit zu geben. Zuhören und verstehen – das ist gesund für alle Beteiligten. Ebenso wie der Weg, dies alles in einen freundschaftlich ausgetragenen Wettkampf zu packen.

Das alles ist keine neue Erkenntnis. Beim Sehen des Videos zum Text der 19-jährigen Aylin Celik aus Düsseldorf erfährt sie dennoch eine erneute Bestätigung. In »Selbsthilfegruppe für anonyme Sexisten« geht es um Lebenswirklichkeiten und Menschenbilder. »Sexismus ist bei dir keine Haltung, sondern deine Muttersprache, deine persönliche Entfaltung in jeder Lebenslage«, beschreibt sie die in den »sechziger Jahren« stehen gebliebenen »Normen« ihres Gegenübers. »Glaub mir ich weiß auch, dass Männer mal Gefühle zeigen, aber manche, so wie du, können auch mal zum Sexismus neigen«.

Nicht verallgemeinernd, aber umfassend und ehrlich kommt hier vieles auf den Tisch oder besser noch, auf die Bühne. Dort steht Aylin Celik, die auch als Singer/Songwriterin unterwegs ist, seit rund zweieinhalb Jahren. Die Teilnahme an den deutschsprachigen U20-Meisterschaften 2014 in Berlin sowie 2015 in Regenburg, wo sie es bis ins Halbfinale geschafft hat, sind Erlebnisse, an die sie sich besonders gerne erinnert. Ebenso an einen Benefiz-Slam im Fritz-Henßler-Haus in Dortmund mit den Szenegrößen Marc Uwe Kling und Patrick Salmen, durch den 5000 Euro an Pro Asyl gespendet werden konnten. 

 

Die Szene bewegt was!

Hier ein Ausschnitt aus dem Text

» ... «

Hast du den Kopf verloren? Dann ruf uns doch an.
Den Peilsender für den ausweglosen Mann.
Wir zeigen dir die Richtung und den richtigen Weg,
wie du ohne Vorurteile mit einer Frau umgehst.

Denn alles was du sagtest, ja denn alles was du meintest
lehnt sich sehr weit an die Phrase des vermeintlichen Feindes.
Und deine Worte lassen Kräfte spüren, Meinungen oder Allüren,
lässt dich von der Propaganda anderer Hirnis weiter führen.
Hast den Kopf verloren und dein Gewissen hast du längst geschoren,
Neues Wissen, gutes Wissen, fühlst dich glatt wie neugeboren.
Doch das was du nicht weißt und was ich dir nun berichten werde,
dellt nicht dein Gewissen, nein es hinterlässt ne fette Kerbe.

Sexismus ist bei dir keine Haltung, sondern deine Muttersprache,
Deine persönliche Entfaltung in jeder Lebenslage.
Die Frau gehört nach Hause und die Frau gehört hintern Herd,
doch die Frau gehört gehört und hat denselben Stellwert
wie du als Mann …

 

Text: Ben Hensdiek
Foto: Daniel Krestovsky