WER WAR SCHON MAL IN DUDELDORF?

Carl war mal wieder zu Besuch …

Im Wikipedia-Eintrag ihres Heimatortes hat sie einen Platz im Unterpunkt »Persönlichkeiten« gefunden. Im Eintrag über Gütersloh wird es dann wohl spätestens mit Ende ihrer Amtszeit am 20. Oktober diesen Jahres eine ausführliche Abhandlung über ihren Dienst für die Stadt Gütersloh geben. Die vergangenen 21 Jahre haben ihr Leben ebenso nachhaltig geprägt wie die Stadt. Kurz vor Übergabe an den neuen Bürgermeister haben wir Maria Unger zu Hause besucht und mit ihr und ihrem Mann über vergangenes, aktuelles und die Zukunft gesprochen. Das Ganze in Ostwestfälische Gastfreundlichkeit bei Pflaumen- und Apfelkuchen, Kaffee und Kerzenlicht im Wintergarten. Bleibt die Frage: Wo ist eigentlich Dudeldorf?

Stolze 1125 Einwohner hatte Dudeldorf im Jahr 1952 vor der Geburt von Maria Heinzkill, wie ihr Geburtsname lautet. Ein idyllischer Ort mit Burg in der Südeifel, rund 10 Kilometer von der Bierstadt Bitburg entfernt. Dort ging sie zur Schule, später ging es dann in ihre Geburtsstadt Trier, danach zu ihrem Mann Manfred nach Mannheim, wo sie als Bundesbahn-Angestellte arbeitete. Als es aus beruflichen Gründen im Jahr 1977 nach Gütersloh geht, wechselt sie zu Mohndruck.

Das allerdings erwies sich als kurzes Gastspiel. Denn schon Ende des Jahres kam Sohn Carsten zur Welt. »Das Wasser hier in Gütersloh schien gut zu sein«, schmunzelt sie. Drei Jahre später folgte Tochter Anke und eine Zeit, in der sie als Hausfrau ihrem selbständigen Mann den Rücken freihält. Dass sich dieser Umstand einige Jahre später umdrehen sollte, konnte zu der Zeit niemand ahnen. Im Jahr 1982 tritt Maria Unger in die SPD ein und wird als Bürgerin an vielen Stellen in der Stadt, vor allem aber am Wohnort in Spexard aktiv. Sie übernimmt für die Partei den Wahlbezirk und rückt 1991 in den Rat nach. »Mir hat es Spaß gemacht, in dieser Zeit so viele Neues kennen zu lernen«, erinnert sie sich. Was dann aber doch Kopfzerbrechen bereitet ist die Anfrage, ob sie nicht als Spitzenkandidatin in den Kampf ums Rathaus ziehen möchte.

»Das war eine schwere Entscheidung. Als sie gefallen ist, bin ich aber mit voller Kraft voraus gegangen«.

Der Rest der Geschichte ist den meisten bekannt: Mit 42 Jahren übernimmt Maria Unger im Jahr 1994 in ehrenamtlicher Funktion den Posten der Bürgermeisterin neben Stadtdirektor Dr. Gerd Wixforth. Sie bricht damit eine ebenfalls 42-jährige CDU-Vorherrschaft auf dem Bürgermeister-Posten.

Als sie fünf Jahre später bei der ersten Wahl zur hauptamtlichen Bürgermeisterin von Gütersloh am 12. September 1999 die Wahl mit 54,9 Prozent der abgegebenen Stimmen gewinnt, hat sie großen Respekt vor dem Amt als alleiniges Stadtoberhaupt. »Am gleichen Tag hat Ursula Bolte die Landratswahl gegen Sven Georg Adenauer verloren. Wenn ich in 
diesem Moment die Wahl gehabt hätte, ihr das Amt weiterzugeben, hätte ich das wahrscheinlich gemacht«. Doch letztlich blieb vieles, wie vorher:

»Das Zimmer im Rathaus war das selbe und auch die Sekretärin blieb die vertraute«.

Zu Hause, und das interessiert uns ja noch viel mehr als der politische Werdegang, ist sie bis heute die »Nachbarin Maria« geblieben, bei der man sich mal was leihen kann. Und Oma ist sie seit fünf Jahren. Ein Posten, für den sie gerne das Rathaus gegen das vierstöckige Playmobil-Puppenhaus im Wintergarten tauscht. Denn gerade Familie und Freunde mussten in den letzten 21 Jahren oftmals zurückstecken. »Ich war sehr, sehr viel unterwegs und hatte wenig Zeit für die Pflege von Freundschaften«, sagt sie. Auf der anderen Seite stand die positive Verpflichtung, die vielen Termine auch wahr zu nehmen. »Ich war immer der Ansicht, dass die Menschen – viele von ihnen ehrenamtlich aktive – das verdient haben«. Als anstrengend hat sie das nicht empfunden. Letztlich war es nur ein ganz anderes Leben, als andere es führen.

Und nach dem 20. Oktober? »Ich möchte in Ruhe zu Hause ankommen«, sagt Maria Unger. Mehr Zeit für die Familie und den Mann, vor allem aber an ein wieder ganz anderes Leben gewöhnen. Auch der Sport soll eine größere Rolle spielen, »nur zu moderateren Zeiten als jetzt«, lacht sie. Denn ihre 10-Kilometer-Runde durch den Stadtpark schafft sie oft nur in den frühen Morgenstunden, um gegen acht pünktlich im Rathaus zu sein. Das 27. Sportabzeichen hat sie in diesem Jahr bereits abgelegt. Und im nächsten Frühling geht es 
dann vielleicht auch mal mit der Harley um den Block. »Die fährt dann aber mein Mann«.

 

Ihre Abschiedstour führt sie vorher aber noch zu Ende. »Ich habe in diesem Jahr bewusst versucht, jeden Termin wahrzunehmen. Denn jeder war ein letzter für mich in diesem Amt«. So hat sie auch schon viele Danksagungen erfahren. Rückmeldungen aus einer wirklich langen Amtszeit. Das persönliche Highlight aus dieser Zeit? »Die Eröffnung des Theaters auf jeden Fall. Darauf haben wir lange hingearbeitet und letztendlich war es die Ernte der Stadtgesellschaft, dieses tolle Haus hier in Gütersloh einzuweihen«. Unvergessen auch, wie sie mit dem damaligen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers die Theater-Treppe hoch schreitet. Eine von vielen Erinnerungen an Gütersloher Stadtgeschichte. Das Kapitel wird nun geschlossen. Und Carl bedankt sich, noch ein letztes Mal zu Besuch bei Bürgermeisterin Maria Unger gewesen zu sein. Bei Kuchen, Kaffee und Kerzenschein.