Einfach
Mensch
sein …

Carl zu Besuch bei Andreas Kimpel

Text: Ben Hensdiek
Fotos: Matthias Kirchhoff



Es war ein gewaltiges Echo, das uns nach der Veröffentlichung unserer »Nullnummer«, dem  Testmagazin von Carl im November, erreicht hat. Oft ging es ums Papier, um den Look, um Inhalte und konstruktive Ideen. In Erinnerung blieb vielen aber vor allem eine ganz besondere Geschichte: Carl war zu Besuch bei Matthias Trepper, dem stellvertretenden Bürgermeister der Stadt Gütersloh. Wir haben gekocht, Musik gemacht und viel gesprochen. Allein das Thema Politik blieb außen vor, denn wir haben uns vor allem für den Menschen hinter den vielfältigen Posten und Ämtern interessiert. Denn genau darum geht es im monatlichen Format »Carl zu Besuch«.


Auf der Suche nach Ideen, bei welcher Stadtpersönlichkeit wir uns als nächstes einladen könnten, fiel die Wahl schnell auf Andreas Kimpel. Bekannt in seiner Rolle als Kulturdezernent der Stadt Gütersloh und somit unter anderem Leiter der KulturRäume, wussten wir bis zu diesem Tag kaum etwas über die Privatperson Kimpel. Wie gibt sich der Mensch in der vertrauten Umgebung zu Hause, was hat er zu erzählen, was sind seine Hobbys? Vieles davon haben wir an einem ganz entspannten  Nachmittag bei Kaffee, selbstgebackenem Kuchen und einer kleinen Spritztour durch die Siedlung erfahren dürfen. Und auch hier müssen wir uns im Vorfeld für das große Vertrauen bedanken, ohne das dieser Besuch gar nicht möglich gewesen wäre.

Der Weg führt uns heute nach Senne. Ein Haus am Fuße des Teutoburger Waldes, unweit der Gütersloher Stadtgrenze. Hier wohnt Andreas Kimpel mit seiner Frau Andrea und Tochter Franzi. Im lichtdurchfluteten Wintergarten kommen wir ins Gespräch. Die erste Anspannung dieser besonderen Situation fällt schnell und schon sind wir im Thema: Die Liebe zur Vespa, dem italienischen Kultgefährt. Im Laufe des Nachmittages werden wir noch ein paar Runden drehen und einen kleinen Videoclip drehen. Doch dazu später mehr.

Den Weg zum Amt des Kulturdezernenten in Gütersloh hat zunächst ein ganz anderer Einfluss geprägt. Eine große Rolle dabei spielte die gewachsene Verbindung zur Bretagne und vor allem zur bretonischen Musik. Ausgelöst wurde sie durch den französischen Lehrer Pascal Plouvin, der am Wertheraner Progymnasium tätig war und Andreas Kimpel über viele Lebensstationen begleiten sollte. Damals in der achten Klasse lief es mit der französischen Sprache noch schleppend. Auf dem Zeugnis eine Vier, brachte Pascal, wie Kimpel den damaligen Lehrer heute beim Vornamen nennt, den jungen Schüler als Sänger in die französische Schülerband.

Später wurde mit Erlösen eines Crêpes-Verkaufes für die erste Reise, im Rahmen des städtepartnerschaftlichen Schüleraustausches, gespart. Der Beginn zahlreicher lang andauernder Freundschaften, unter anderem zu der damaligen  Gastfamilie, die ihn auf ihrem Bauernhof aufgenommen hatte. Seinen 15. Geburtstag feierte er in Paris, was die anhaltende Liebe zu Frankreich endgültig entfachte. Acht Jahre lang begleitete er aktiv den Jugendaustausch der Städte Concarneau und Senne, wo Kimpel heute lebt. In Folge hat er für den WDR Radiosendungen über die bretonische Musikkultur produziert und auch den Mauerfall vor einer Festival-Bühne in der Bretagne erlebt. Aus der Vier auf dem Zeugnis wurde ein fließender Sprachgebrauch. Ein kleiner Beleg für diese bewegte Zeit sind die zahlreichen Unterschriften von Künstlern im alten Personalausweis. Der ehemalige Lehrer-Assistent Pascal Plouvin ist heute Priester in der Gütersloher Partnerstadt Chateauroux und war noch im November in der Stadt, um einen engeren Austausch der örtlichen Kirchen anzustoßen.

Doch zurück zur Vespa, die sich in den letzten Jahren zu einem wichtigen Bestandteil des Familienlebens entwickelt hat.  Angestoßen durch einen italienischen Freund wurde ein erstes Fahrzeug mit 125 Kubik gekauft, das mit dem alten Führerschein  gefahren werden durfte. Mit wachsender Faszination folgte der Motorrad-Führerschein und die 300er-Maschine, auf der die  Exkursionen mit Freunden durch die Senne und ganz OWL noch mehr Spaß machten. Und wie es der Zufall möchte, kam ein weiteres Exemplar hinzu: Eine 150er Vespa Baujahr 1973, die bis dahin im Reifenlager eines Autohändlers weilte und in Andreas Kimpel pure Leidenschaft für die traditionsreichen Maschinen weckte. Das Wissen hierüber wuchs durch zahlreiche Bücher, die wir im Regal finden, und fast wöchentliche »Benzingespräche« beim heimischen Händler in Avenwedde.

Bisheriges Highlight der Vespa-Liebe waren die »Vespa World Days« 2014 in Mantova, Italien. Mit dem Bulli nach Südtirol und der Vespa durch die Alpen, waren Kimpel und seine Frau Teil des weltgrößten Vespatreffens. Maschinen und Fahrer aus aller Welt, gemeinsame Ausfahrten, um Land und Leute kennen zu lernen und das große Finale mit der Ausfahrt aller 10 000  Festivalteilnehmer, haben faszinierende Einblicke hinterlassen. Rollerfahren ist ein Lebensgefühl und inmitten all dieser begeisterten Vespa-Besitzer ist der Kulturdezernent einfach nur Mensch.

Und was bestimmt den Alltag im Familienleben sonst noch? Vor allem der Sport. War es für den aktiven Spieler Andreas Kimpel früher noch der Fußball, stehen an den Wochenenden nun die Handballspiele von Tochter Franzi auf der Tagesordnung. Sie studiert Sportwissenschaften mit den Schwerpunkten Wirtschaft und Gesellschaft und ist dem Sport seit Kindertagen treu. Und  auch das Fahrrad, auf dem Kimpel früher fast täglich nach Gütersloh kam, wird für gemeinsame Familienausfahrten aktiviert. Der Sport ist somit immer noch wichtiges Hobby.

Als erlebnisreichen Abschluss unseres Besuches durften wir, trotz des kühlen Herbstwetters, noch eine Runde mit der Vespa fahren und dabei einen kleinen Film drehen. Bei solchen Gastgebern laden wir  uns für das nächste Heft gerne wieder ein. Wohin es uns dann verschlägt, verraten wir hier noch nicht. Bis dahin sagen wir: Vielen Dank, Herr Kimpel!