Der Appel fällt nicht weit vom Baum

Carl zu Besuch bei Andreas Kerkhoff

Text: Benedikt Hensdiek
Fotos: Matthias Kirchhoff


Als Mathilde und Joseph Appelbaum im Jahr 1946 die »Alte Heuwaage« übernahmen, stand die Geschichte ihres Enkels vermutlich noch nicht einmal in den Sternen geschrieben. Eines war aber eigentlich klar: Das Gastronomen-Gen werden sie ihm wohl vererben. Und auch, wenn er in seinem Leben einige Schleifen gedreht hat und mitunter ganz andere Zukunftsideen hatte, ist es irgendwann doch durchgekommen.

Heute leitet er gemeinsam mit seiner Frau Andrea das 4-Sterne-Ringhotel Appelbaum an der Neuenkirchener Straße und das Café Schlossmühle in Rheda. Auch darum ging es bei unserem Besuch. Aber vor allem hat uns interessiert, wer der Mensch hinter dem erfolgreichen Gastronom ist. Sportler, Briefmarkensammler, Pianist, Koch oder Fußball-Fan? Von allem erfahren wir ein bisschen. Carl war zu Besuch bei Andreas Kerkhoff.

Zu Hause ist Andreas Kerkhoff dort, wo er auch arbeitet. Wir sitzen im Restaurant des Hotel Appelbaum. Dort, wo seine Großeltern im Jahr 1950 ein Grundstück gekauft und 1958 eine Kneipe eröffnet haben. Als Anschluss an den Betrieb der Alten Heuwaage begann hier die Ära der »Gaststätte zum Appelbaum«. Erst später fiel das »zum« weg. Aus einem einfachen Grund: »Wir standen so im Telefonbuch nicht mehr ganz hinten, sondern ganz vorne«, erinnert sich Kerk-hoff schmunzelnd. Suchoptimierung aus vergangenen Tagen.

Nach der höheren Handelsschule arbei-tete er zunächst aushilfsweise bei Vossen, unweit des elterlichen Betriebes. Dort packte er für die großen Kunden des Unternehmens Handtücher in Kartons, bevor er den Zivildienst antrat. Eine Zeit, in der er gar nicht wusste, wo es in seinem Leben einmal hingehen sollte. Drei Wege konnte er sich vorstellen, über die er lange nachdachte und aus denen er letztlich doch den wohl vererbten Gang des Gastronomen wählte.

Als erste Möglichkeit stand das Priesteramt im Raum. Geprägt von der jahrelangen Arbeit in der Gemeinde, in der er Messdiener war, Jugendarbeit machte und Freizeiten begleitete, reizte ihn vor allem das vielfältige Gemeindeleben. Junge Menschen an die Kirche heran zu führen und ihnen eine Aufgabe zu geben, machte ihm Spaß. Am Ende zog er doch lieber eine Option, die auch eine Familie und eigene Kinder möglich machte.

Eine Alternative lag zu dieser Zeit auch im Schauspiel. Mit seiner Leidenschaft zu Moderationen und Theater schien auch dies Zukunftschancen zu haben. Abgeschreckt hat ihn dann aber der Lebensweg eines Freundes, der sich gleich an mehreren Schauspielschulen bewarb, sich hier aber nicht durchsetzen konnte. »Mir fehlte der Mumm dafür, das Interesse war durchaus da«. Heute arbeitet der Freund beim ZDF.

So blieb der dritte Weg, der jedoch einige Umwege mit sich brachte. »Ein befreundeter Priester hat mir mal gesagt, dass ich an der Theke genauso viel Mist hören kann, wie er. Wer an der Theke ein offenes Ohr hat, kann auch ein guter Seelsorger sein«, fasst Andreas Kerkhoff eine Überlegung aus dieser Zeit zusammen. Seine Oma habe zudem immer gewollt, dass er Koch wird. Ihr zuliebe hat er eine Ausbildung begonnen. Spaß hatte er zu der Zeit nicht daran, in der Küche zu stehen.

Wenig später wechselte er ins Hotelfach und machte seine Ausbildung im Ratskeller in Wiedenbrück. Hier fand er den Spaß an der Gastronomie, hängte über ein Jahr in der Küche an, bevor er nach Freising ins dortige Hotel Dorint wechselte. Von dort aus ging es dann nach einem Jahr nach Baden Baden, wo auch seine Frau in der Ausbildung war. »Wir sind zeitgleich aus Gütersloh weggezogen, wollten dann aber die Distanz etwas verkürzen«, sagt Kerkhoff heute. Beide sind wie ein Herz und eine Seele – seit stolzen 24 Jahren.

An sein nachhaltigstes Erlebnis während seiner Ausbildung erinnert er sich heute noch gut. Im Jahr 1991 kehrte Heinz Rühmann im Ratskeller in Wiedenbrück ein. »Es haben alle gestritten, wer ihn bedienen darf. Und natürlich habe ich den Kürzeren gezogen«, weiß er noch. Was dann allerdings passierte, hat sich in sein Gedächtnis gebrannt. »Wir hatten einen Stromausfall und ich habe geistesgegenwärtig sofort Kerzen geschnappt und bin zu ihm hin, um mich für die Unannehmlichkeiten zu entschuldigen. Auf dem Weg habe ich dann auch direkt nach einem Autogramm gefragt«. Ein Fehler, wie sich schnell rausstellte. Rühmann ließ ihn stramm stehen, da er in Ruhe essen wollte. Später fand Kerkhoff dann einen Zettel auf dem Tisch: »Viele Grüße, Heinz Rühmann«. Gezeichnet am 12.12.1991. Heute weiß niemand mehr, ob die Aufregung des Schauspielers ernst gemeint oder gespielt war. Im Ringhotel Appelbaum wird heute mit Sicherheit kein Mitarbeiter nach einem Autogramm fragen. Dafür hat Andreas Kerkhoff gesorgt.

Was heute sehr kurz kommt, ist der Sport, der in früheren Jugendjahren eine große Rolle gespielt hat. »Mit etwa neun Jahren hat mich mein Bruder mit zum Gütersloher Basketball Club (GBC) genommen«, erinnert er sich. Er war immer einer der größten, das kam ihm hier zugute. Sieben Jahre ist er dem nachgegangen. Doch es gab noch ein anderes Hobby: Den Kegelsport. Hier kam er immer etwas weiter, als beim Basketball. Mit 14 Jahren schickten ihn seine Eltern alleine mit dem Zug zu den westdeutschen Meisterschaften. Für diese hatte er sich als Bezirksmeister mehrfach qualifiziert, gewinnen konnte er nie.

Seine Frau Andrea hat Kerkhoff im Jahr 1998 geheiratet, im Jahr 2001 wurde der elterliche Betrieb übernommen. Es folgte der erste Hotel-Anbau, 2004 kam das Palmenhaus Café hinzu. Ein bewegtes Jahr war dann 2007: Der zweite Hotel-Anbau, die Eröffnung des Café Seerose im Gartenschaupark Rietberg und das erste Kind waren gleich drei Großprojekte, die ihn herausforderten. Zwei Jahre später war das zweite Kind unterwegs, 2010 wurde dann das Café Schlossmühle in Rheda übernommen, das auch heute noch zum Unternehmen gehört. Seit zehn Jahren und mit wachsendem Erfolg veranstaltet er zudem das Gütersloher Oktoberfest auf dem Marktplatz.

Die wenige Freizeit, die bleibt, verbringen Andreas Kerkhoff und seine Frau mit den Kindern. Vater und Sohn sind begeisterte Fans des FC Bayern München. Gemeinsam haben sie bereits ein DFB-Pokal-Halbfinale ihres Vereins live in der Arena in München gesehen. »Da hat mein Sohn super durchgehalten und das Spiel genau mit seinem kleinen Fernglas beobachtet«. Heute ist er Mitglied des Vereins.Keine Freizeit, aber ein großer Spaß ist es für Kerkhoff, in seinem Haus Knigge-Kurse zu geben. »Das Interesse daran ist stark gestiegen, die Menschen sind wissbegierig und stellen spannende Fragen«. Antworten darauf gibt er Erwachsenen wie Kindern sehr gerne. Hier kommt dann wieder der Andreas Kerkhoff heraus, der so gerne mit Menschen arbeitet und etwas aus der Zeit vermittelt, als alles mit seinen Großeltern anfing. Im Jahr 1946 in der Alten Heuwaage.