Bertelsmann trauert um Udo Jürgens
22.12.2014 Autor: Bertelsmann // LoCarl
Bertelsmann trauert um Udo Jürgens, der gestern im Alter von 80 Jahren gestorben ist – aber dennoch, um es mit dem Titel seines letzten Albums zu sagen, „Mitten im Leben“ zu stehen schien. Dass er wie kaum ein Zweiter über Jahrzehnte hinweg in und für den deutschsprachigen Raum Musikgeschichte geschrieben hat, steht außer Frage. Es lässt sich heute in zahllosen Nachrufen und Würdigungen noch einmal eindrucksvoll nachlesen.
Doch Udo Jürgens hat ganz besonders bei und für Bertelsmann Musikgeschichte geschrieben. Fast seine gesamte Karriere haben Ariola und die frühere BMG begleitet. Heute hält die BMG die Verlagsrechte an zahlreichen Jürgens-Klassikern. Er war ein enger Freund des Hauses und immer wieder ein gern gesehener Gast, wie zuletzt beim Berliner Festakt zum 175-jährigen Bestehen von Bertelsmann im Jahr 2010. Aus diesem Anlass hatte er in einem Filmbeitrag nicht mehr und nicht weniger bekannt als: „Ich habe eine unglaubliche Zeit erleben dürfen mit Bertelsmann. Bertelsmann, das ist für mich mein Lebenslauf.“
Der Sänger und Komponist ist gestern Nachmittag nach Angaben seines Managements auf einem Spaziergang in seiner schweizerischen Heimat zusammengebrochen und wenig später im Krankenhaus von Münsterlingen an Herzversagen gestorben. Erst vor wenigen Monaten hatte die Musikwelt den 80. Geburtstag von Udo Jürgens gefeiert, der am 30. September 1934 im österreichischen Klagenfurt zur Welt gekommen war. In Interviews und Reportagen wirkte er präsent und stark wie eh und je, auf der Bühne gab er bis zuletzt alles – auch während seiner letzten Tournee, die gestern ein jähes Ende fand.
1947 hatte Udo Jürgens seine musikalische Ausbildung am Kärntner Landeskonservatorium in Klagenfurt in den Fächern Harmonielehre, Komposition, Gesang und Klavier begonnen. Einem größeren Publikum wurde er ab den 1960er-Jahren bekannt. 1964 startete er beim Grand Prix Eurovision de la Chanson für Österreich in Kopenhagen. Zwei Jahre später folgte die dritte Teilnahme, und er erreichte am 5. März 1966 in Luxemburg mit „Merci Chérie“ den ersten Platz. Dies verschaffte ihm den internationalen Durchbruch.
Mit Bertelsmann verband Udo Jürgens eine langjährige und enge Partnerschaft. Als die damalige BMG-Tochter Ariola 2008 auf 40 Jahre der Zusammenarbeit mit ihm zurückblickte, hatte der Künstler selbst in einem persönlichen Grußwort erklärt: „In unserem kurzlebigen Beruf ist eine Zusammenarbeit, die sich über so viele Jahrzehnte erstreckt, etwas völlig Ungewöhnliches. Durch diese lange Partnerschaft habe ich in meinem künstlerischen Schaffen Freiheiten erhalten, die sonst undenkbar sind. Wahrscheinlich habe ich sie richtig genutzt, und deshalb haben vielleicht gerade diese Freiheiten dazu geführt, dass meine späte Karriere zu einem ganz besonderen Erfolg geworden ist. Ich bin dem Hause Bertelsmann schon in der ganzen Zeitepoche seit den Anfängen des Musikgeschäftes bis zur Entwicklung zum Weltkonzern verbunden.“
Die Partnerschaft fand Ausdruck in der Freundschaft, die Jürgens mit der Familie Mohn pflegte, aber auch in unvergesslichen Ereignissen wie einem Konzert, das er 1968 exklusiv in Bielefeld vor 1.500 Bertelsmann-Mitarbeitern gab – vor allem aber in der schier unerschöpflichen künstlerisch-kreativen Leistung Jürgens: Er veröffentlichte mehr als 1.000 Lieder, produzierte über 50 Alben und verkaufte mehr als 100 Millionen Alben. Für die Ariola gehörte er damit zu den wichtigsten und erfolgreichsten Künstlern überhaupt. Und bei einer so langen Zusammenarbeit wundert es kaum, dass auch seine Autobiografie „Der Mann mit dem Fagott“ 2004 im Random-House-Verlag Limes erschien.
Preise wie ein Silberner Löwe, vier Bambis, fünf Goldene Europas oder der Echo begleiteten sein Schaffen. Europäische Rekorde brach laut „Spiegel Online“ seine Tournee „Udo 70“ in den 1970er Jahren durch die Bundesrepublik, Österreich, die Schweiz und durch damalige Ostblockländer. Er gab dabei 222 Konzerte vor einer halben Million Menschen. Zu den über Generationen hinweg bekanntesten Liedern von Udo Jürgens gehören „Was ich dir sagen will“, „Griechischer Wein“, „Ein ehrenwertes Haus“ und „Aber bitte mit Sahne“ – aber vor allem natürlich „Merci Cherie“. Jetzt ist es an Bertelsmann, danke zu sagen und Abschied zu nehmen.