Gütersloh. Seit Anfang Juni können ukrainische Geflüchtete Grundsicherungsleistungen erhalten. Jetzt, sechs Monate später, zieht das Jobcenter des Kreises Gütersloh eine Zwischenbilanz. Die beste Nachricht schickt Jobcenterleiter Fred Kupczyk gleich vorweg. „Von den rund 4.000 im Kreis Gütersloh registrierten und hier lebenden Geflüchteten aus der Ukraine kennen wir rund ein Drittel nicht. Diese Personen nehmen unsere Sozialleistungen nicht in Anspruch.“
Zur Erinnerung: Die Bundesregierung schuf im Frühjahr die rechtlichen Voraussetzungen, dass Geflüchtete aus der Ukraine Grundsicherungs-Leistungen für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch – jetzt ‚Hartz IV‘, ab 2023 ‚Bürgergeld‘ – anstelle von Asylbewerberleistungen erhalten können. „Zum Stichtag 1. Juni haben wir mit einem Kraftakt für etwa 1.300 Familien die Leistungsverpflichtungen von unseren 13 Städten und Gemeinden übernommen“, erinnert Kupczyk. Mit diesem Systemwechsel werde nicht nur eine Alimentierung, sondern auch eine Aktivierung und Arbeitsaufnahme angestrebt. Allerdings ist auch heute in vielen ukrainischen Familien, das sind meist Frauen mit Kindern, noch offen, ob oder wann sie in ihre Heimat zurückkehren können. Aktuell sind rund 2.700 geflüchtete Menschen aus der Ukraine beim Jobcenter im Leistungsbezug: etwa 1.700 sogenannte erwerbsfähige Leistungsberechtigte und zirka 1.000 nicht erwerbsfähige, vornehmlich Kinder unter 15 Jahren.
Bei den meisten beginne die Förderung damit, dass sie einen Integrations- und Sprachkurs besuchen, denn ohne Sprachkenntnisse ist die berufliche und gesellschaftliche Integration nicht möglich. „Da zudem die schulischen und beruflichen Bildungsabschlüsse der Ukrainer deutlich über dem Niveau anderer Flüchtlingsgruppen liegen, haben wir die Hoffnung, dass nach erfolgreichem Integrationskurs viele von ihnen in unserer heimischen Wirtschaft Fuß fassen“, erklärt Kupczyk. Viele verfügen beispielsweise über sehr gute IT-Kenntnisse. Aber auch Berufe im sozialen Bereich seien von Interesse: So hatten sich bereits mehr als zwanzig ukrainische Geflüchtete beim Informationstag des Jobcenters Ende September über Pflegeberufe informiert.
Wie schon in der Flüchtlingswelle 2015 agiert das Jobcenter nicht allein: Vielmehr sind Migrantenorganisationen sowie Ehrenamtliche aktiv, um einen geregelten Alltag in einer neuen Umgebung zu organisieren. Angefangen von der Wohnungssuche oder der Eröffnung eines Kontos und der Anmeldung in der Sozialversicherung sind über Kinderbetreuung, Schulbesuch und Handyvertrag bis hin zur medizinischen Versorgung etliche Begleitdienste erforderlich.
Kupczyk sieht eine positive Entwicklung: „Viele der ukrainischen Geflüchteten sind auf einem guten Weg zur Integration.“ Schulpflichtige Kinder und Jugendliche kommen in einen geregelten Alltag und viele Eltern, vornehmlich Mütter, haben dann Gelegenheit, einen Integrationskurs zu besuchen. Aktuell lernen bereits 668 Menschen Deutsch in diversen Sprachkursen, die im gesamten Kreisgebiet seit Frühjahr aus dem Boden gestampft wurden. Insoweit schaut das Jobcenter optimistisch ins Jahr 2023. Im Frühjahr beendet eine erste große Gruppe ihre Integrationskurse. „Dann wollen wir diese Menschen natürlich als Arbeitskräfte vermitteln und – aufbauend auf ihren in der Heimat erworbenen Kenntnisse – idealerweise auch zu Fachkräften ausbilden“, hat Kupczyk klare Vorstellungen von der weiteren Zusammenarbeit. Das Jobcenter erwartet, dass die Arbeitsaufnahmen im Frühjahr 2023 deutlich zunehmen.
Bild: Grafik Ukraine Lebenssituation (Foto: Kreis Gütersloh)