Wohnungsangebote und Patenschaften: In Gütersloh setzen sich Menschen dafür ein, dass
Neuzugewanderte und Flüchtlinge neu starten können
Gütersloh (gpr). Plötzlich stand es leer, das Nachbarhaus. Die Bewohnerin war verstorben und das voll funktionstüchtige Fertighaus aus den 1970er-Jahren wartete auf eine neue Bestimmung. „Uns war klar, dass ein Umbau und eine Sanierung auf den heutigen Stand zu aufwendig sind. Da unser Sohn und unsere Schwiegertochter einen Neubau planen, soll das Haus später abgerissen werden“, erzählt der Nachbar. Zu diesem Zeitpunkt suchte die Stadt Gütersloh dringend Wohnraum für zugewiesene Flüchtlinge. „Wir sind davon überzeugt, dass man Kriegsflüchtlingen helfen muss, also haben wir uns an die Stadt gewandt. Das Haus ist einfach ideal für eine solche Unterbringung. Schließlich lief die Heizung bis zum letzten Tag“, ergänzt seine Ehefrau.
Das Gütersloher Ehepaar stellte im Herbst 2015 das Haus mit vier Schlafzimmern, Einbauküche und kompletter Einrichtung mietfrei zur Verfügung und schloss mit der Stadt einen Mietvertrag bis zum 30. Juni 2016 ab, mit Option auf Verlängerung. Kurz darauf zog eine syrische Familie mit drei Kindern aus Süd-Aleppo ein. „Unsere Nachbarschaft hat alle fünf sehr freundlich aufgenommen. Wir sind regelmäßig drüben und helfen bei Behördengängen oder erklären, wie das zum Beispiel mit der Müllsortierung geht“, erklärt die Gütersloherin und freut sich über den Kontakt, der anfangs nur über What’s App und auf Englisch stattfand. Hanadi Younes, die Mutter der drei Kinder, sei auch mit zum Weltgebetstag der Frauen gekommen und habe sich dort wunderbar in die Gruppe eingebracht. Der Familienvater, Fadel Younes, ist begeistert von der Gütersloher Nachbarschaftshilfe, die es ihm und seiner Familie ermöglicht, eine neue Zukunft in Deutschland aufzubauen. „Zwei Nachbarfamilien sind für uns da. Sie haben dabei geholfen, meine Söhne, Tarek und Nour, in der Schule anzumelden, und einen Kindergartenplatz für meine Tochter Jena zu bekommen“, betont er. Von seiner Sprachschule hat er sogar eine Tafel bekommen, die die ganze Familie zum Deutschlernen nutzt.
Auch in der Pflegefamilie bei Ute Bernau spielt das Erlernen der deutschen Sprache eine zentrale Rolle. Hier lebt Tahani seit Anfang Februar gemeinsam mit ihren neuen Schwestern Hannah und Laura. Sie selbst ist mit ihrem Onkel über die Balkanroute nach Deutschland gekommen und hat ihre leiblichen Schwestern und Eltern in Syrien zurücklassen müssen. Die Zwillinge Hannah und Laura sind seit 2011 bei Ute Bernau. „Als ich in der Zeitung gelesen habe, dass das Jugendamt Pflegeeltern für unbegleitete geflüchtete Jugendliche sucht, haben wir uns gemeinsam dafür entschieden, noch ein Zimmer im Haus herzurichten“, berichtet die ehemalige Leiterin des Studienkreises Gütersloh. Seit Februar dieses Jahres gehört jetzt die fünfzehnjährige Tahani zur Familie. Nach der Schule sitzt Ute Bernau regelmäßig mit ihr am Wohnzimmertisch und lernt mit Hilfe einer Sprachenlernsoftware Deutsch. „Am Anfang konnten wir uns nur auf Englisch unterhalten“, erinnert sich Hannah. Gemeinsam schauen sie regelmäßig ihre Lieblingsfernseh-Serien. Manchmal noch mit englischen Untertiteln, aber das würde immer seltener, so Zwillingsschwester Laura. „Das Lernen mit Tahani macht unheimlich viel Spaß, denn sie hat ein gutes Gefühl für Sprache und durch ihre Englischkenntnisse beherrschte sie die Lateinische Schrift. Das ist eine große Erleichterung“, sagt Ute Bernau, die sich zusammen mit den Zwillingen gerade darum kümmert, dass Tahani Schwimmen und Fahrradfahren lernt. „Ein bisschen von der syrischen Kultur kommt natürlich auch rüber“, erzählt Hannah. Einige neue Gerichte sind, seit Tahani mit im Haushalt lebt, auf dem Speisenplan. Vom 6. Juni bis 4. Juli 2016 ist der Fastenmonat Ramadan. Geplant ist, gemeinsam mit Tahani ab Morgendämmerung bis zum Sonnenuntergang zu fasten. „Mit einem Unterschied: Wir werden auf jeden Fall während des Fastens trinken“, betont Ute Bernau. Hannah und Laura sind gespannt.
Wohnungsangebote für Flüchtlinge: Kontakt über den städtischen Fachbereich Soziales wolfgang.sieveking(at)gt-net.de
Informationen zur Übernahme ehrenamtlicher Patenschaften: integrationsbeauftrager(at)guetersloh.de