Gütersloh (seh). Noch vor drei Wochen litt die 13-jährige Zeynep aus Duisburg an einer ausgeprägten Skoliose: Ihre Wirbelsäule war stark verdreht, eine Schulter viel tiefer als die andere, der Kopf weit neben dem Becken, Hüfte und Rippen stachen auf einer Seite hervor, Organe wurden gequetscht. Jetzt geht die Schülerin wieder aufrecht durchs Leben – dank einer anspruchsvollen Operation im Gütersloher Sankt Elisabeth Hospital.
Es war nicht nur die erste Operation dieser Art im Sankt Elisabeth Hospital, sondern auch im gesamten Umkreis. Durchgeführt hat sie der Sektionsleiter für Wirbelsäulenchirurgie in der Klinik für Orthopädie, Hasan Salheen M.D., der sich fünf Jahre lang in einer großen Klinik in Deutschland auf diese Erkrankung spezialisiert hat. Gemeinsam mit einem Team aus Anästhesisten, Pflegekräften und Therapeuten ist es gelungen, Zeyneps Wirbelsäule aufzurichten und ihr so neuen Lebensmut zu geben.
Diagnose verändert das ganze Leben
Diesen Lebensmut hatte sie durch die Krankheit von jetzt auf gleich verloren. „Unser ganzes Leben hat sich verändert“, erzählen Zeynep und ihre Mutter Türkan Uzun. Es war Ostern 2016 als der Kinderarzt eine Krümmung in der Wirbelsäule bemerkte. „Dabei waren wir kurz vorher bei einer Vorsorgeuntersuchung und dort wurde nichts erkannt. Ich war völlig überrascht“, erinnert sich die Mutter. Ihre Freundin, ebenfalls Ärztin, habe sie dann an Hasan Salheen verwiesen, der damals noch in Kleve tätig war. Mittels einer Röntgenuntersuchung hat er die Diagnose gestellt. Da die Krümmung besonders atypisch war, wurde zudem eine MRT-Untersuchung zur Beurteilung des Rückenmarks durchgeführt. So plötzlich wie die Fehlstellung begann, so schnell verschlechterte sie sich auch: von 28 Grad über 40 Grad bis hin zu 62 Grad kurz vor der Operation. „Eine Skoliose verschlimmert sich bei Wachstum“, erklärt der Wirbelsäulenexperte, der im Jahr 2016 ans Sankt Elisabeth Hospital wechselte. Daher war auch zu erwarten, dass die Krümmung noch weiter voranschreitet. Und das ist nicht nur ein kosmetisches und psychologisches Problem, sondern durch die Quetschung der Organe auch ein funktionelles. Und ein ganz praktisches: „Bewegungen sind mir schwer gefallen. Bücken konnte ich mich gar nicht, selbst Schuhe anzuziehen war ein Problem für mich“, erinnert sich die Schülerin heute.
Auch bei Fehlstellungen der Wirbelsäule gilt: konservativ geht vor operativ. Daher hat Zeynep zunächst regelmäßig Korsetts getragen, Physiotherapie und Reha besucht. Doch es half nichts. Im April dieses Jahres haben sich die Eltern gemeinsam mit dem Leitenden Oberarzt Hasan Salheen dann für die Operation entschieden. „Es war eine sehr schwierige Entscheidung, aber wir wussten ja, dass Zeynep nicht auf Dauer so leben kann“, begründet die 50-jährige Türkan Uzun, die mit ihrer Geschichte anderen Betroffenen helfen möchte.
Aufwendige Operation richtet Wirbelsäule wieder auf
Die Operation war keine einfache: Der Operateur drehte in die freigelegten und gelockerten Wirbel je zwei Schrauben ein, die mit zwei Metallstangen entlang der Wirbelsäule verbunden wurden. „Schrittweise, Millimeter für Millimeter, haben wir dann die Wirbelsäule an die Stangen angepasst und so wieder begradigt“, erläutert Salheen. Zeynep ist damit auf einen Schlag fünf Zentimeter größer geworden. „Ober- und unterhalb der stabilisierten Stelle wird die Wirbelsäule weiter wachsen“, betont der erfahrene Operateur.
Die nächsten Tage hat die 13-Jährige auf der Intensivstation verbracht, danach ging es auf die Station 1. Bereits zwei Tage nach der OP ist sie aufgestanden, dank täglicher Physiotherapie war sie schnell mobilisiert und konnte elf Tage später wieder nach Hause fahren. „Wir sind froh, dass Herr Salheen uns die ganze Zeit über begleitet hat. Wir vertrauen ihm“, bedankt sich die Mutter. Und Zeyneps Fazit? „Es ist ein schönes Gefühl, jetzt endlich einen geraden Rücken zu haben und mich wieder besser bewegen zu können.“ Dann ist auch das Schuhebinden kein Problem mehr.
Info
Bei einer Skoliose ist die Wirbelsäule dreidimensional verbogen und verdreht. Die Fehlstellung tritt in der Regel im Wachstumsalter auf, die Ursache ist meistens unbekannt. Die Skoliose kann unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Demnach reicht auch das Behandlungsspektrum von Krankengymnastik über ein individuell angepasstes Korsett bis hin zu – in schwerwiegenden Fällen – einer Operation. Vor allem der Entschluss zu einer Operation muss gut überlegt sein, da es sich um einen großen Eingriff handelt.
Fotos: Hasan Salheen M.D., Leitender Oberarzt und Sektionsleiter für Wirbelsäulenchirurgie am Sankt Elisabeth Hospital, hat die 13-jährige Zeynep aus Duisburg während ihrer gesamten Skoliose-Erkrankung begleitet.
Foto und Copr. Sankt Elisabeth Hospital GmbH