Preis der Bürgerstiftung Gütersloh 2014 ging an das Projekt „Hand in Hand – Familienpaten in Gütersloh“
Gütersloh. Familien können stark sein. Sie können Kindern Geborgenheit bieten und ein Ort sein für ein gutes, sicheres, unbelastetes Leben. Doch wenn Familien an den Rand ihrer Belastbarkeit geraten, leiden besonders oft die Kinder. Gut, wenn dann Hilfe von außen kommt. Seit fünf Jahren hat sich im Projekt „Hand in Hand – Familienpaten in Gütersloh“ ein Team von 13 Ehrenamtlichen zusammengeschlossen, um Familien in schwierigen Situationen eine Hilfe zu sein. Unbürokratisch und schnell, menschlich und zupackend. Für diesen Einsatz wurden die ehrenamtlichen Familienpaten mit dem Preis der Bürgerstiftung 2014 geehrt, der mit 5.000 Euro dotiert ist.
„Kinder brauchen Liebe und Zuwendung, um groß und stark zu werden“, sagt Margitte Wiedei, die als eine der Ehrenamtlichen bei „Hand in Hand“ im Einsatz ist. Die drei Kinder, um die sie sich kümmert, haben in ihr schon längst eine Ersatz-Oma gefunden. „Vor kurzem habe ich die Kinder in meinem Auto zum Schwimmen gefahren und am nächsten Tag habe ich kleine, wundervolle Liebesbriefe von ihnen im Auto gefunden“, erzählt sie.
Familienpaten gehen für einige Stunden pro Woche in Familien, um dort Partner für Kinder und Eltern in schwierigen Zeiten zu sein. Sie entlasten im Alltag, begleiten und unterstützen für eine Zeitlang. „Wir begegnen den Familien auf Augenhöhe und nehmen sie sehr ernst mit ihren Problemen“, erzählt die Ehrenamtliche Eva Sagemüller-Nickel. „Wir gehen nicht dorthin und zeigen mal kurz, wie man das Leben so zu „wuppen“ hat.“ Eva Sagemüller-Nickel ist schon von Beginn an bei „Hand in Hand“ dabei: „Viele Familien leben sehr isoliert. Sie stecken so tief in ihren Problemen fest und schaffen es nicht, Freundschaften oder Netzwerke aufzubauen.“
Dieses ehrenamtliche Engagement wurde nun geehrt und mit 5.000 Euro unterstützt. „Die Bürgerstiftung ist eine Einrichtung für alle Gütersloher Bürger“, sagte Dr. Ernst Wolf, Kuratoriumsvorsitzender der Bürgerstiftung bei der feierlichen Preisverleihung in der Stadthalle Gütersloh. „Die Kleinen wie die Grossen, die Lauten und die Leisen, die still im Hintergrund ein gutes Werk tun. Sie und ihre Leistung und Verdienste wollen wir an diesem Tag in den Vordergrund stellen.“
Ihr Einsatz ist für die Familienpaten eine Ehrensache. „Wenn jeder Mensch ein kleines Ehrenamt übernehmen würde, sei es mit zwei, drei Stunden in der Woche, dann sähe es hier in unserer Gesellschaft in vielen Dingen viel, viel besser aus“, sagte Klaus Richter, der als einer der wenigen Männer im Team der Paten dabei ist. Dr. Ernst Wolf sieht das Ehrenamt in Deutschland oftmals in den Hintergrund gedrängt. „Der Staat kann und soll sich aber auch nicht um alles kümmern“, sagte er. „Das Ehrenamt hat hierbei eine wichtige Aufgabe, um soziale Verknüpfungen von staatlichen Leistungen und wirklichen lokalen Bedürfnissen in unserem Umfeld wahrzunehmen - ohne jede Stunde in Euro und Cent abgerechnet zu bekommen.“
Familien- und klassische Nachbarschafts-Strukturen haben sich in Deutschland gewandelt. “Hier setzt das Projekt “Hand in Hand” an einer sehr wichtigen Stelle an”, sagte Prof. Dr. Ulrike Weyland von der Fachhochschule Bielefeld, die bei der Preisverleihung die Laudatio hielt. „Die Familie als kleinste Zelle der Gesellschaft prägt über die Erziehung den weiteren Lebensweg der Kinder und damit die Gesellschaft der Zukunft”, sagt die Laudatorin Ulrike Weyland. Hier würden die ersten Grundlagen gelegt in Bezug auf gegenseitiges Vertrauen, Entwicklung von Zuversicht in die eigenen Fähigkeiten, Liebe, Toleranz sowie Respekt gegenüber Anderen. “Familie ist der Ort, an dem ebenso Grundlagen für sinnstiftendes Lernen und für Bildung geschaffen werden.”
Doch gerade wenn Familien in Belastungssituationen geraten, können sie nicht mehr der verlässliche Rahmen sein, um Kinder gut zu fördern. Die Situationen sind unterschiedlich: Mütter oder Väter sind alleinerziehend, Mehrlinge werden geboren, Kinder und Eltern sind krank oder erschöpft. Um dieser Überforderung zu begegnen, entlasten Paten die Familien bei der Betreuung und Pflege der Kinder. Sie begleiten zu Ärzten oder Ämtern und wollen helfen, Kontakte und weitere Unterstützungsmöglichkeiten zu finden. „Die Familien brauchen einfach nur für eine Zeit lang Begleitung, um danach wieder allein zurecht zu kommen“, sagte Brigitte Büscher, Sprecherin der Bürgerstiftung. „Das ist ein gutes Prinzip: „Hilfe zur Selbsthilfe“. Das hat uns so von diesem Projekt überzeugt.“
„Das Projekt wird vom Deutschen Kinderschutzbund Gütersloh fachlich begleitet, der sich zum Ziel gesetzt hat, die Entwicklung von Kindern und jungen Menschen zu fördern und deren Entfaltung zu eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten zu unterstützen“, sagte Ulrike Weyland. Kinder brauchen eine Lobby - hier zu helfen ist für die Paten eine befriedigende, sinnvolle Aufgabe: „Ich sehe, dass mein Einsatz hilft und etwas bringt“, sagte die Ehrenamtliche Eva Sagemüller-Nickel. „Diese Arbeit ist sehr, sehr sinnvoll und sie bereichert mein Leben.“