Rassismus und Diskriminierung sind alltäglich und überall. Wie schnell Menschen in solch eine Falle tappen, zeigte ein Vortrag, zu dem das Kommunale Integrationszentrum Kreis Gütersloh zusammen mit den Integrationsagenturen im Kreis Gütersloh anlässlich der Internationalen Wochen gegen Rassismus eingeladen hatten. Jürgen Schlichers Thema an diesem Abend vor rund 70 Zuhörern im Kreishaus Gütersloh: ‚Zur Anatomie von Diskriminierungsstrukturen – Erfahrungen aus 20 Jahren Blue Eyed Trainings‘.
„Rassismus zeigt sich in vielen Formen, mal laut, mal mit Absicht.“ Agnieszka Salek, Leiterin des Kommunalen Integrationszentrums, leitete in das Thema ein, bevor Kreisdirektorin Susanne Koch die Gäste begrüßte. „Wir wollen heute ein Zeichen setzen“, so Salek, „ein Zeichen für ein tolerantes Miteinander.“ Schlichers Vortrag sollte dabei helfen, sich gegen Rassismus und Diskriminierung im Alltag besser zu wappnen, ihn frühzeitig zu erkennen und gegenzusteuern. Sehr aktuell, wie auch Kreisdirektorin Koch unterstrich: „Der Kampf gegen Rassismus ist noch längst nicht gewonnen.“
Schlicher, in Deutschland vor allem für das Projekt ‚Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage‘ bekannt, bietet seit vielen Jahren Schulungen nach dem so genannten Blue Eyed Training an. Erfunden hat das die Grundschullehrerin und Soziologin Jane Elliott in den USA. Sie zeigte in einem Experiment an Grundschülern, dass Rassismus erlernbar ist und demnach auch verlernbar. Schlicher spielte im Rahmen seines Vortrags Ausschnitte aus einer TV-Produktion über das Experiment vor. In dem gelang es Elliot, die Schülerinnen und Schüler binnen kurzer Zeit in zwei Gruppen zu unterteilen, in blau- und braunäugige, und jeweils eine Gruppe zu den Unterlegenen zu machen, zu jenen, die sich ausgegrenzt fühlten. „Blauäugige sind krimineller, riechen auch nicht so gut.“ Elliots Vorgehen war aus heutiger Sicht grenzwertig. Sie benutzt ein belangloses Merkmal wie die Augenfarbe, um zu zeigen, wie man Kinder dazu bringen kann, nur in eine bestimmte Richtung zu schauen. Und das Erstaunliche dabei: Auch die unterlegenen Kinder ‚glauben‘ an das, was die anderen sagen. Sie können plötzlich schlechter Aufgaben lösen. Gehören sie hingegen zu den privilegierten, sind sie damit schneller fertig. Ungeahnte Aktualität gewann die Vortragsterminierung durch die Schlagzeile der vorangegangenen Woche. Laut PISA-Studie fühlen sich in Deutschland Kinder mit ausländischen Wurzeln nicht zugehörig. Dass sie durchschnittlich schlechtere Leistungen erzielen, hat viele Gründe. Schlichers Vortrag lieferte einen weiteren: Allein schon das Gefühl, nicht zugehörig zu sein, reicht für Minderleistung.
Für Salek steht am Ende eines solchen Abends vor allem eine Botschaft im Raum: „Man muss sich solidarisch zeigen, um Ausgrenzung entgegenzuwirken. Wer das erkennt und sich sagt, ich mache da nicht mit, überwindet die Mechanismen. Dann funktioniert Ausgrenzung nicht.“