Soziale Berufe sind nicht leicht: 365 Tage im Jahr, 24 Stunden rund um die Uhr – sind diese alten Vorstellungen überhaupt noch tauglich? Schon heute werden Fachkräfte in sozialen Berufen, der Pflege und den Gesundheitsberufen gesucht. Wer gesucht ist, hat auch Aufstiegschancen. Mit der engen Sicht und den unbeliebten Klischees räumte ein Workshop im Kreishaus Gütersloh jetzt gründlich auf. 80 Teilnehmer folgten der Einladung des Kreises, die sich an Lehrer, Berufseinstiegsbegleiter, Berater in der Berufs- und Studienorientierung und Vertreter der Arbeitsagentur und des Jobcenters richtete. Auch für Seiteneinsteiger und Quereinsteiger. Wo die demografische Entwicklung zum Jobmotor wird, wird die Gesundheitswirtschaft zu einem Berufsfeld.
„Motivierte Nachwuchskräfte werden dringend gesucht“, sagte Kreisdirektorin Susanne Koch bei der Eröffnung der Veranstaltung, am Rande derer sich Akteure aus dem Sozialen vorstellten. „Wir reduzieren die Berufe zu sehr auf das Pflegende, es gibt ein ganz breites Spektrum, insbesondere auch technischer Berufe: Der Patient benötigt auch ein Bett.“, stellte Uwe Borchers vom Zentrum für Innovation in der Gesundheitswirtschaft (ZIG) OWL fest. Ein sozialer Beruf ist demnach nicht nur der Pfleger oder die Schwester, Soziales umfasst auch den Schuhorthopädie-Techniker und den Rolli-Konstrukteur. Die Referenten gaben umfassende Informationen über Berufe, Möglichkeiten und Chancen in den genannten Berufsfeldern. Wer mochte, konnte sich mit Flyern versorgen und das direkte Gespräch suchen:
Infostände der Agentur für Arbeit, der Uni und der Fachhochschule Bielefeld, der FH der Diakonie, der Kolping-Akademie, der Berufskollegs, des DAA- Fachseminars für Altenpflege, der Akademie für Pflegeberufe und Management, des ZIG und der Zentralen Akademie für Berufe im Gesundheitswesen (ZAB) luden zum Austausch ein. Besonderes Interesse galt den Stellwänden und Praktikumsberichten aus der Ernst-Barlach-Realschule Rheda-Wiedenbrück: „Ich habe mein Praktikum als Physiotherapeutin gemacht. Ich möchte diesen Beruf unbedingt erlernen, denn die Kombination aus Sport und Gesundheit finde ich toll.“ So äußerte sich eine Schülerin der Realschule, die ihr Plakat und ihre Mappe ausstellte.
Auch der Einzug der Digitalisierung ins Gesundheitswesen war Thema: „Früher haben Kinder mit einer Augenfehlstellung über einen längeren Zeitraum ein Pflaster getragen, um diese Fehlstellung zu korrigieren. Heute haben Fachleute eine Anwendung entwickelt, die diese Fehlstellung durch Übungen am Bildschirm korrigieren kann“, wusste Borchers. Klaus-Peter Jansen, Moderator des Tages, wünschte sich, dass die Menschen bei der Entscheidung für soziale Berufe fragen: „Welche Vorteile gibt es?“ Das wiederum wusste Petra Jendrichowski vom Reckenberg-Berufskolleg auf den Punkt zu bringen: „Was wir Lehrkräfte häufig wahrnehmen sind die positiven Einflüsse auf die individuelle psychosoziale Entwicklung der Lernenden. Unsere Schülerinnen und Schüler entwickeln während der Ausbildung ganz neue Stärken in ihrer Persönlichkeit.“ Und sicher sind die sozialen Jobs ebenfalls. Heike Bentlage von der Kolping Akademie berichtet stolz von der Ausbildung: „100 Prozent Vermittlungsquote nach Abschluss der Schule.“
Sichtwechsel, neue Aspekte, Überraschendes und Überzeugendes konnten die Teilnehmer mitnehmen. Fort mit Klischees und Vorurteilen - der Workshop stellte Positives nach vorn. Des Moderators Wunsch möge in Erfüllung gehen: Er äußerte den Wunsch, dass alle, die nach Hause gehen, den Satz weiter geben: „Ich hätte nicht gedacht, dass…“.