Am 1.9. wurde von der Stadt gemäß des Mindener Urteils die Fahrbahnfreigabe für Radfahrer auf dem Stadtring umgesetzt. Gleich am Samstag darauf radelten rund 10 unentwegte Fahrradfahrer die Strecke vom St.Elisabeth-Hospital bis zur Carl-Bertelsmann-Straße ab. Die bunt zusammengewürfelte und gut sichtbare Gruppe startete um 13 Uhr direkt in den Verkehr, der zu dieser Zeit übersichtlich war.
Bereits an der Neuenkirchener Straße kam es zu einer kleinen Diskussion mit einem Autofahrer, dem die Regelung wohl neu war und der die Radler spontan für verrückt erklärte. Nichtsdestotrotz passierte er die Gruppe vorbildlich und mit gutem Abstand. Kurz darauf zog ein Autofahrer mit extrem knappem Abstand und Vollgas quietschend an den Radlern vorbei. Es passierte jedoch auch hier nichts. Was diesem Autobesitzer über die Leber gelaufen war, entzog sich der Kenntnis der erfahrenen Radler.
Allergrößtenteils verlief dieser erste Test jedoch problemlos. Viele Autofahrer sind heutzutage selber auch begeisterte Radler und überholen mit Verständnis und Abstand. Der Sprecher der Gruppe, Felix Kupferschmidt betonte denn auch, es komme vor allem auf das Miteinander im Verkehr an. Ein Trennen nach "dein Radweg" und "meine Fahrbahn" mache angesichts der erheblichen Unfallhäufungen auf den Radwegen keinen Sinn. Alle Verkehrsteilnehmer sollten sich stets im Blick haben und aufeinander Rücksicht nehmen. Selbst das Mindener Gericht beachtete laut Kupferschmidt in seinem Urteil diese Unfallhäufung auf den vermeintlich sicheren Radwegen. Es wies die Stadt entsprechend an, wie in der bestehenden Gesetzesregelung vorgesehen nur in tatsächlich begründbaren Ausnahmesituationen eine Radwegebenutzungspflicht zu auszuschildern.
Am Stadtring gebe es diese Ausnahmesituation nicht.
Kupferschmidt, Mitglied der AG Verkehrswende der Gütersloher BI Energiewende betonte jedoch auch, dass es trotz Fahrbahnfreigabe weiterhin möglich sei, auf den Radwegen zu fahren. Die ebenfalls anwesenden Verkehrsexperten von VCD und ADFC wiesen ausdrücklich darauf hin, dass Radler auf den alten Radwegen gerade an Einmündungen besonders aufmerksam sein und dort sehr langsam fahren sollten. Die Unfallgefahr sei auf den Radwegen bis zu zehnfach höher als auf der Fahrbahn.
Die Gütersloher Polizei begleitete den Verlauf des Tests übrigens telefonisch und erkundigte sich regelmäßig nach dem Befinden der Radler. Der Ausklang mit Picknick im Stadtpark war fröhlich-zuversichtlich - darüber freute sich auch die Polizei.