Gütersloh (kgp). Nach dem plötzlichen Unfalltod ihres Mannes, litt die Patientin unter einem gebrochenen Herzen. Was sich wie ein Ausdruck aus der Kitschliteratur anhört, ist tatsächlich eine ernstzunehmende Erkrankung.
Gütersloh (kgp). Nach dem plötzlichen Unfalltod ihres Mannes, litt die Patientin unter einem gebrochenen Herzen. Was sich wie ein Ausdruck aus der Kitschliteratur anhört, ist tatsächlich eine ernstzunehmende Erkrankung. Schmerzen, Luftnot oder Übelkeit sind nicht immer Symptome eines Herzinfarkts, sie können ebenso auf das durch eine starke Stresssituation ausgelöste „Broken-Heart-Syndrom“, auch Takotsubo oder Stresskardiomyopathie genannt, hindeuten. Das Forschungs-Team der Klinik für Kardiologie am Klinikum Gütersloh widmet sich dieser Erkrankung und hat mit einer Systematik zur Früherkennung bei der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie in Mannheim für großes Interesse gesorgt.
Assistenzärztin Dr. Veena Mohan berichtete dort von neuen Diagnosemöglichkeiten, die am Klinikum Gütersloh entwickelt wurden. Die Forschungsergebnisse sollen helfen, Patienten mit einer Stresskardiomyopathie frühzeitig zu identifizieren. „Unser Forschungsergebnis wurde als eines der besten des diesjährigen Kongresses ausgewählt“, berichtet Chefarzt PD Dr. Fikret Er. Das Team um den leitenden Rhythmologen PD Dr. Natig Gassanov fand heraus, dass sich bei Patienten mit dieser Erkrankung ganz bestimmte Muster in den Bewegungslinien des EKGs erkennen lassen. Sie unterscheiden sich von denen bei einem Infarkt.
In seiner Studie verglich Gassanov die Kurvendiagramme der EKGs von Patienten mit Takotsubo aus über acht Jahren, und entdeckte bestimmte wiederkehrende Abfolgen. Daraus wurde ein Erkennungssystem für eine EKG-Untersuchung entwickelt. „Bislang konnte nur durch eine Herzkatheteruntersuchung sicher abgeklärt werden, ob ein Infarkt vorliegt oder ein Takotsubo“, sagt PD Dr. Gassanov.
Auch wenn sich die Symptome ähneln, sind die Heilungschancen dieser Herzerkrankungen verschieden gut. Bei einem Infarkt trete eine typische Durchblutungsstörung des Herzmuskels auf, die durch ein Blutgerinnsel ausgelöst wird, erläutert der Kardiologe. Bei einem Takotsubo hingegen sei der Herzmuskel völlig intakt. Dafür habe die linke Herzkammer die Form eines Tonkrugs. Stark aufgebläht, verhindert sie, dass ausreichend Blut in die Schlagadern gepumpt wird. Die japanischen Erstendecker verglichen die Verformung des Herzens mit einer dort gebräuchlichen Tintenfischfalle, „Tako-Tsubo“, und gaben der Erkrankung deshalb ihren Namen. Die Chance einer vollständigen Genesung sei viel besser, als bei einem Infarkt, berichtet Chefarzt PD Dr. Fikret Er. Die Veränderungen am Herzmuskel bilden sich in der Regel innerhalb von wenigen Wochen vollständig zurück, auch das EKG normalisiert sich schnell.
Das neue Früherkennungssystem der Kardiologen am Klinikum Gütersloh könnte den Patienten mit Takotsubo schon bald einen Eingriff im Herzkatheterlabor ersparen, stellt PD Dr. Er in Aussicht. Bevor diese neue Untersuchungsmethode flächendeckend Anwendung findet stehen weitere wissenschaftliche Publikationen an. Das Klinikum Gütersloh ist dafür in engem Kontakt mit dem Universitätsklinikum in Zürich, das sich ebenso der Takotsubo-Forschung widmet.