Ein Spexarder in Tasmanien
Als Carl im letzten Monat Bilder aus Tasmanien mitbrachte, war das Erstaunen groß. Doch wie kam das eigentlich? Zu Besuch war er beim gebürtigen Spexarder Auswanderer Ludger Kreutzheide, der seit gut 15 Jahren auf Tasmanien, ca. 240 Kilometer südlich des australischen Festlandes, lebt. Nachdem sein Leben bodenständig ostwestfälisch verlief – von der Realschule Verl, über eine Ausbildung zum Industriekaufmann und die Fachoberschulreife bis hin zum begonnenen Volkswirtschafts-Studium in Paderborn – folgte im Jahr 1985 eine zweijährige Auszeit vom Studium mit einem Walkabout. Ähnlich, wie es auch die australischen Aborigines machen, die für eine unbestimmte Zeit umher gehen.
In Deutschland folgte eine bewegte Zeit als Cutter für den HR, WDR, NDR und verschiedene private Videostudios, danach die aufwändige Musikproduktion »True Vision – Man of a thousand dreams« im Stile des 70er Jahre Rocks, bei der 27 Musiker beteiligt waren. 1995 folgten dann zwei Monate als Rucksack-Reisender entlang der australischen Ostküste von Sydney nach Cairns.
»Ich habe mich schon am Flughafen von Sydney in das Land verliebt. Was mich begeistert hat ist der Klang von Australien mit seinen exotischen Vögeln und die Freundlichkeit und Coolness der Menschen, die sehr gelassen sind«, erinnert sich Ludger Kreutzheide. Er besuchte dort Ernst Schlangenotto, einen alten Freund seines Bruders, der spannende Geschichten über Opale zu erzählen hatte, die in den Regionen abgebaut wurden. Hieraus entstand 1996 eine halbstündige Dokumentation, die im HR Fernsehen gezeigt wurde. Rund 15 000 Kilometer legte Kreutzheide hierfür mit einem alten Ford Falcon aus dem Baujahr 1967 zurück.
Insgesamt sieben Mal war er in Australien, bevor er 1999 nach Tasmanien auswanderte. Drei Male davon begleitete ihn seine Frau Vera, auf einem Trip suchte er im Outback mit einem Metalldetektor nach Gold. Bereits 1998 entstand ein weiterer Film für den Hessischen Rundfunk: »Im Wendekreis des Wombats – Hessen in Tasmanien«. Für den WDR folgten Poträts über Ernst Schlangenotto, sowie Herbert und Heidi Bauer, die als Selbstversorger auf einer Farm in Tasmanien leben. Auch Heidi Bauer kommt ursprünglich aus Spexard.
Für die Tasmanian Honey Company (THC) besorgte er einen Importeur für den berühmten Leatherwood Honey, der als einer der reinsten Honige der Welt gilt. Begonnen mit einer halben Palette, wird heute jedes Jahr ein Container der in Dosen verpackten Spezialität nach Deutschland geliefert. Mit den »Cygnet Springs Tasmanian Mineral Water« wurde später ein Grundstück mit einer Mineralwasser-Abfüllanlage für 500 Milliliter, 1,5 Liter, sowie 15 Liter Flaschen für Cooler gekauft.
Die Kinder besuchen die Waldorfschule auf der Insel, Frau Vera arbeitet von Beginn an freiberuflich als Buchhalterin. Im Videobereich entstand vor allem Werbung für’s Fernsehen und ein halbes Dutzend Familienporträts. Kreutzheide liebt die Abwechslung und die Herausforderung.
Nach dem Zusammenbruch des Videomarktes vor Ort machte er sich auf den Weg auf das Festland, um vom Bergbau-Boom zu profitieren. Für vier Monate fand er im Outback von Südaustralien Arbeit in der Uranium-, Gold-, Silber- und Kupfermine »Olympic Dam«. Auf Tasmanien selbst ist es schwierig, Arbeit zu finden. Die größten Arbeitgeber kommen aus dem Fremdenverkehr, der Forstwirtschaft, Landwirtschaft und mit den weltgrößten Lachsfarmen auch aus der Fischerei.
»Hier heißt es: Man darf keine Arbeit suchen, sondern muss welche schaffen. Es kommt nicht darauf an, was man weiß, sondern nur, wen man kennt«, sagt Kreutzheide. Für einen Spexarder mitLiebe zur Herausforderung genau der richtige Ort zum Leben.
Tasmanien:
Tasmanien ist mit 65 000 Quadratkilo-metern ungefähr so groß wie Bayern, allerdings leben hier nur etwa 500 000 Einwohner. Ein Drittel der Insel ist Natur-schutzgebiet. Die Hauptstadt Hobart hat 160.000 Einwohner. Nach Sydney wurde Tasmanien als zweites Gebiet in Australien besiedelt und wurde von den
Briten als Sträflings-Kolonie genutzt. Das Wetter ist ähnlich wie in Deutschland: Etwas wärmer, aber sehr wechselhaft. »Man kann hier vier Jahreszeiten an einem Tag erleben«, berichtet Ludger Kreutzheide. »Hier sagt man: Wenn du das Wetter in Tasmanien nicht magst, komm in zehn Minuten wieder«.