Der Lebenslauf von Dr. Bernd Ruhnke liest sich wie ein Reisetagebuch: Studium und medizinische Ausbildung in mehreren deutschen Städten, berufliche Stationen in Liberia, Kenia und Südafrika, Expeditionsleiter in der Antarktis, weltweite Einsätze als Mitarbeiter bei der Deutschen Luftrettung – und am Ende: Chefarzt im Klinikum Gütersloh. „Ich hatte das Glück, in meinem Leben an vielen interessanten Orten arbeiten zu dürfen“, sagt Dr. Bernd Ruhnke. 20 Jahre lang war dieser Ort das Klinikum Gütersloh, wo er zunächst als leitender Oberarzt, später dann als Chefarzt der Klinik für Ästhetische, Plastische und Handchirurgie tätig war. Ende Februar verabschiedet er sich nun in den Ruhestand.
Der gebürtige Lübecker hat in Hannover, Düsseldorf, Göttingen und Bremen studiert und sich dann als Facharzt für Chirurgie und später in Ludwigshafen als Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie sowie für Handchirurgie weiterbilden lassen. Zwischendurch zog es ihn immer wieder in die weite Welt: Ende der 70er Jahre arbeitete Ruhnke für ein Jahr in Liberia und Kenia in verschiedenen Kliniken, einige Zeit später ging er für zwei Jahre als Arzt und Expeditionsleiter in die Georg-von-Neumayer-Station in der Antarktis: „Als einziger Mediziner war ich für die Sicherheit und Gesundheit der anderen acht Männer auf der Station verantwortlich. Das war eine körperlich sehr anstrengende, aber auch sehr lehrreiche Zeit“, blickt Ruhnke zurück. Darüber hinaus war er viele Jahre in der ganzen Welt für die Deutsche Luftrettung unterwegs.
Zurück in Deutschland wechselte er nach einer Station als leitender Oberarzt in Leipzig 1997 an das damalige Städtische Klinikum Gütersloh. Hier war er zunächst als leitender Oberarzt für den Schwerpunkt Handchirurgie in der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie tätig, bevor er 2008 Chefarzt der neuen Klinik für Plastische, Ästhetische und Handchirurgie am Klinikum Gütersloh und am Standort Rheda wurde. „Diese Aufbauarbeit hin zur neuen Klinik hat mir rückblickend am meisten Spaß gemacht“, so Ruhnke. „Ich hatte ein tolles Team, welches mich fast während meiner gesamten Zeit am Klinikum Gütersloh begleitet hat. Ohne diese Unterstützung wäre es nicht möglich gewesen, eine eigenständige Klinik zu etablieren und erfolgreich zu betreiben.“ Gemeinsam deckten sie das gesamte Spektrum der Handchirurgie (inklusive Replantationen), der Plastischen Chirurgie (inklusive mikrochirurgischen Gewebetransfers und der rekonstruktiven Adipositaschirurgie) sowie der Ästhetischen Chirurgie ab.
Neben seiner Tätigkeit als Chefarzt war Ruhnke vor allem den Fußballfans der Region als Anhänger und ehemaliger Präsident des FC Gütersloh bekannt. Auch an anderer Stelle zeigte sich seine Leidenschaft für den Fußball: „Durch meine Zeit in Bremen kannte ich den ehemaligen Präsidenten Dr. Franz Böhmert von Werder Bremen und kam so auch in Kontakt zu den Verantwortlichen des Hamburger Sportvereins. Ich hatte dann das Glück, fünf Jahre lang die Fußballprofis des HSV in den Trainingslagern als Handchirurg betreuen zu dürfen“, erzählt Dr. Ruhnke. „Für mich war es nicht nur fachlich, sondern auch als Fan toll, so eng an der Mannschaft dran zu sein. Das war eine spannende Zeit, die ich sehr genossen habe.“
Trotz all der Ausflüge in andere Bereiche habe er immer im Krankenhaus arbeiten wollen, sagt Dr. Ruhnke. Im Laufe der Jahre hätten sich die Bedingungen für sein Tätigkeitsfeld dort jedoch durch den Kostendruck stark gewandelt: „Anders als früher werden inzwischen 80% der handchirurgischen Eingriffe ambulant und nicht mehr stationär durchgeführt.“ Dies habe Auswirkungen auf die Betreuung der Patienten: „Wir müssen die Patienten heute möglichst schnell wieder aus dem Krankenhaus entlassen – auch solche, die schon hochbetagt sind und teils auch noch an weiteren Nebenerkrankungen leiden. Diese Entwicklung betrachte ich mit Sorge.“ Auch aus finanzieller Sicht sei dies kritisch zu sehen: „Wir bekommen für die gleiche Leistung inzwischen spürbar weniger Geld, was die Finanzierung einer eigenständigen Klinik schwierig macht.“ Dies habe außerdem potentiell auch Auswirkungen auf die Ausbildung von neuen Fachärzten: „Die Weiterbildungsberechtigung ist immer auch abhängig von der Anzahl der stationären Betten und stationären Fällen der jeweiligen Klinik. Am Klinikum Gütersloh haben wir als eine der wenigen Kliniken in Nordrhein-Westfalen noch immer die volle Weiterbildungsberechtigung für die Handchirurgie sowie für die plastische und ästhetische Chirurgie – viele andere Krankenhäuser in vergleichbarer Größe mussten ihre aufgrund von Bettenkürzungen in den vergangenen Jahren abgegeben.“
Angesichts der vielen wirtschaftlichen und politisch vorgegebenen Anforderungen an sein Fachgebiet stehe sein Nachfolger in der Zukunft vor einigen strukturellen Herausforderungen, so Ruhnke. „Dafür wünsche ich ihm und den Mitarbeitern viel Erfolg und eine glückliche Hand.“ Der neue Leiter der Plastischen, Ästhetischen und Handchirurgie wird voraussichtlich im Mai seine Tätigkeit im Klinikum Gütersloh aufnehmen. Bis dahin übernimmt Oberärztin Dr. Iris Held die kommissarische Leitung. Ab März wird die Klinik als Sektion in die neue Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, Orthopädie, Plastische, Ästhetische und Handchirurgie unter dem neuen Chefarzt Dr. Philipp Bula integriert.
So ganz zur Ruhe setzen wird sich Dr. Ruhnke jedoch noch nicht: „Ich möchte auch weiterhin bei der Behandlung von Patienten aus dem Friedensdorf in Oberhausen mitwirken. Diese Organisation hilft kranken und verletzten Kindern aus von Kriegen und Krisen geschwächten Heimatländern, indem sie diese zur medizinischen Versorgung nach Deutschland holt.“ In der Klinik für Plastische, Ästhetische und Handchirurgie wurden in den vergangenen Jahren bereits mehrere Kinder aus dem Friedensdorf erfolgreich behandelt. Abgesehen davon möchte Ruhnke jedoch seine Familie in den Vordergrund stellen. Auch das Reisen wird ihn weiterhin begleiten: „Es gibt noch viele sehenswerte Ziele, die ich besuchen möchte.“ Weitere Einträge im Reisetagebuch sind also fest eingeplant.